POLTERGEIST - Back To Haunt
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2016
Mehr über Poltergeist
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Pure Steel Records / H'Art
- Release:
- 21.10.2016
- Back To Haunt
- Gone And Forgotten
- Patterns In The Sky
- And So It Has Begun
- When The Ships Arrive
- The Pillars Of Creation
- Faith Is Gone
- Flee From Today
- Shell Beach
- Beyond The Realms Of Time
- A Distant Knowledge
Bärenstarkes Swiss-Thrash-Comeback nach über 20 Jahren.
Als im Jahre 1994 bei den schweizerischen Thrashern von POLTERGEIST erst einmal Schicht im Schacht war, machte mich das ziemlich traurig, denn mit GURD, der neuen Band von Gitarrist V.O.Pulver, wurde ich nie zu hundert Prozent warm, stand mir der Sinn doch eher nicht nach groovendem, modernem Thrash Metal, sondern nach der klassischen, verspielten, alten Schule, die auch mal ein paar feine Melodien und Hooks beim Gesang in petto hat. Dann verlor ich die Band aber tatsächlich für längere Zeit selbst aus dem Hinterkopf, bis Anfang 2014 verkündet wurde, dass der POLTERGEIST zurück sei und fürs "Metal Assault" und wenig später dann auch fürs "Headbangers Open Air" bestätigt war. Die beiden Gigs hatten es dann in sich und boten wirklich großartige, energiegeladene und rundum sympathische Gigs, bei denen nicht nur die alten Recken V.O. an der Gitarre und André Grieder am Mikro überzeugen konnten, sondern auch deren neue Mitstreiter.
Die Hoffnung auf eine echte Rückkehr mit neuem Album keimte schnell in mir auf, doch seither sind wieder fast zwei Jahre ins Land gezogen, und die Zeit ist schnelllebig, so dass es nun, im Herbst 2016 doch fast schon wieder überraschend ist, dass über Pure Steel endlich das Comeback der helvetischen Poltergeister hier aufschlägt. Doch es ist nicht nur überraschend, sondern eben auch begeisternd und - schaut man sich das Resultat an - auch die Wartezeit wert gewesen. Die Scheibe klingt nämlich so frisch, zupackend und hungrig, als wäre die Band nie weg gewesen. Mit technisch anspruchsvollem, aber nicht überzogen verfrickeltem Riffing, einem knackigen Sound, Andrés bissigen und bisweilen schrillen, aber meist doch sehr melodischen und packenden Vocals und einer drückenden, ins Genick gehenden Produktion und einer blitzsauber hackenden Rhythmusgruppe, schaffen es die Thrasher spielend ins erste Drittel unseres stark besetzten Oktober-Soundchecks, und das absolut zu Recht.
Warum? Weil die Scheibe nicht nur auf der spiel- und produktionstechnischen Ebene, also handwerklich überzeugt, sondern eben auch in Sachen Songwriting ein paar echte Asse im Ärmel hat. Klar, die Band hat ihren Stil und wagt sich nicht unbedingt weit über dessen Tellerrand hinaus, doch das muss sie auch nicht, denn im Gegensatz zu vielen Konkurrenten im Thrash-Karpfenteich, gleich ob alte Hasen oder junge Hüpfer, gelingt es den Schweizern spielend, ihre Songs so prägnant zu gestalten, dass eben nicht nur Spiel und Stil beeindrucken, sondern auch die Songs an sich. So ist etwa schon der heftig im Gebälk krachende Opener als Titelstück eine großartige Abrissbirne vor dem Herrn, die gleich auf mehreren Ebenen brilliert. Die Hooks und der Refrain sind spitze, ebenso das melodische Solo im Mittelstück und die stilistische Ausrichtung, die POLTERGEIST sicherlich näher an Bay-Area-Veteranen wie DEATH ANGEL oder FORBIDDEN, aber auch an Power-Thrasher wie POWERMAD rückt als an geographisch näher gelegene Raubeine wie DESTRUCTION oder NECRONOMICON.
Das sei jedoch nur zur Grobverortung für jene Leser gesagt, die POLTERGEIST noch nicht kennen. Wer der Band seit Jahren verbunden ist, der darf sich auf den puren POLTERGEIST-Sound freuen, der dieses Mal vielleicht sogar noch einen Tick eingänger ist, als bei manchen älteren Tracks. So ist 'Gone And Forgotten' mit seinen Gangshouts im Refrain schon der nächste Ohrenöffner, der live fraglos das Zeug dazu haben sollte, die Meute zum ausgiebigen Austicken und Mitbrüllen zu bringen. In der Tour geht's dann tatsächlich weiter etwa mit dem walzenden 'Patterns In The Sky', dem leicht gen OVERKILL tendierenden 'And So It Has Begun' oder dem grandiosen ARTILLERY-mäßigen Speedster 'When The Ships Arrive', der die Rübe so dermaßen zum Rotieren bringt, dass die Wirbel hernach derbe knacken. Aber auch, wenn es die Band mal etwas gemächlicher angehen lässt, wie zum Beispiel beim getrageneren 'The Pillars Of Creation', dem gar episch eingeleiteten 'Beyond The Realms Of Time', oder auch mal groovender wie bei der Dampfwalze 'The Beach', weiß das Gebotene voll und ganz zu überzeugen, denn hier kann André seine Stimme auch mal etwas sonorer und beschwörender einsetzen.
Da die Scheibe auch im hinteren Drittel nicht nachlassen will und immer wieder Songs mit starken Gesangshooks oder packenden Leads ausspuckt, möchte ich dieses auch mit schmuckem Cover versehene Comeback wirklich all jenen Thrashern wärmstens ans Herz legen, die ihren Thrash Metal stilsicher und doch kompositorisch abwechslungsreich mögen, und die es lieber etwas verspielter und melodischer haben, als nur schwarz, räudig und mit der groben Kelle geschöpft. Für altgediente POLTERGEISTer und solche, die es werden wollen, ist "Back To Haunt" aus meiner Sicht auf jeden Fall ein Pflichtkauf.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle