PORCUPINE TREE - Octane Twisted
Mehr über Porcupine Tree
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Ksope/Edel
- Release:
- 23.11.2012
- Occam's Razor
- The Blind House
- Great Expectations
- Kneel and Disconnect
- Drawning The Line
- The Incident
- Your Unpleasant Family
- The Yellow Windows of the Evening Train
- Time Flies
- Degree Zero of Liberty
- Octane Twisted
- The Seance
- Circle of Manias
- I Drive The Hearse
- Hatesong
- Russia on Ice / The Pills I'm Taking
- Stars Die
- Bonnie The Cat
- Even Less
- Dislocated Day
- Arriving Somewhere But Not Here
Steven Wilson live ist wie ein wundervoller Herbstspaziergang
Steven Wilson kann man als extrem vielseitigen Work-a-Holic bezeichnen. Wenn er nicht grad mit PORCUPINE TREE unterwegs ist, kümmert er sich um seine diversen Projekte oder schneit mal kurz bei seinem Kumpel Mikael Åkerfeldt vorbei. In letzter Zeit hat sich der gute Mr. Wilson allerdings einen Tick zu ausgiebig um die Nebenprojekte gekümmert. PORCUPINE TREE-Fans verlangten nach einem Lebenszeichen, denn das letzte Material der Band war das großartige "The Incident", das aber auch schon gute drei Jahre alt ist. Und zu eben jenem Album haben sich die Mannen um Steven Wilson entschieden, die Tour in Chicago und London mitzuschneiden und später auf DVD/Blu-Ray und CD zu veröffentlichen. Das Ergebnis ist das vorliegende "Octane Twisted".
Das Besondere an "Octane Twisted" ist die vollständige Präsentation des in 14 Parts unterteilten Übersongs "The Incident" live. Die Setlist wurde im Anschluss noch mit sieben/acht älteren Songs erweitert. Mit der Auswahl haben sie offensichtlich den Geschmack des Publikums getroffen, man liest und hört von restlos begeisterten Fans und auch das Konzert selbst wurde großartig unterstützt.
Je länger der Abend und damit das Konzert dauert, desto mehr kommt man zu der Überzeugung, das sich "The Incident" perfekt für eine Livedarbietung eignet. Alles klingt wie aus einem Guss, erschafft demnach eine fantastische Atmosphäre, bei der man sich wirklich verlieren kann. Die Interaktion mit dem Publikum zwischen den einzelnen Parts beschränkt sich auf ein Minimum, der Song wird in einem Stück, ohne Pausen, gespielt. Du gibst deinen Körper an der Garderobe ab und begibst dich auf eine wundervolle, traurige, bezaubernd-faszinierende Reise durch eine spannende Geschichte.
"Octane Twisted" ist schon die zweite Live-Veröffentlichung von Steven Wilson in diesem Jahr, allerdings kann man "Get What You Deserve" (Soloprojekt) und "Octane Twisted" schlecht miteinander vergleichen. PORCUPINE TREE waren immer straighter, rockiger. Natürlich gibt es auch bei der Hauptband Ausflüge in andere Gefilde. Steven Wilson hat immer mehrere Einflüsse zu einem eigenen Sound verbunden. Aber sein Soloprojekt geht eher in die Richtung Art Rock, ist wesentlich experimenteller, sphärischer, fast psychedelischer. Die Leistung von Wilson ist jedoch bei beiden Veröffentlichungen beeindruckend. Er IST diese Musik, durch und durch. Er lebt sie. "Octane Twisted" bedient sich seiner experimentellen Einflüsse in einzelnen Parts von "The Incident" allerdings auch, insgesamt hören aber auch Laien, das PORCUPINE TREE wesentlich härter und direkter ist, zum Beispiel auf 'Circle of Manias'.
'Time Flies' hingegen könnte fast auf "Lightbulb Sun" stehen und ist größtenteils deutlich heller als das Material der anderen Abschnitte. Der relativ kurze, ruhige Moment innerhalb des Parts klingt wunderschön und sehr gefühlvoll und das Solo ist perfekt in die zwölf Minuten eingebettet.
Man kann "Octane Twisted" fast als einen Zweiteiler sehen. Wo die zweite CD der Studioversion von "The Incident" eine Art zweiten Teil mit neuen Songs darstellt, bietet CD 2 auf "Octane Twisted" Songs, die PORCUPINE TREE schon länger nicht mehr aufgeführt oder nur ganz selten gespielt haben, wie der Doppelpack von "The Sky Moves Sideways", 'Dislocated Day' und 'Stars Die'. Besonders stark sind hier 'Hatesong' (live eine Wucht!) und das abschließende 'Arriving Somewhere But Not Here', das den Hörer bzw. Konzertbesucher aus dem Abend begleitet, so, als würde der Abend ausfaden. Ohnehin einer der besten Songs, die PORCUPINE TREE je aufgenommen hat.
Der Live-Sound steht dem langen, zentralen "The Incident" sehr gut zu Gesicht. Es klingt lebendiger und flexibler als die Studioversion. Dieser kleine Unterschied lässt den Song, die einzelnen Parts noch besser wirken, noch direkter werden. An den entsprechenden Stellen macht der Sound den Hörer trauriger oder heiterer. Man sollte sich dem Erlebnis also hingeben und aufmerksam zuhören.
Die Produktion ist wirklich überzeugend geworden, Steven Wilson weiß genau, wie seine Musik zu klingen hat. Er beherrscht sein musikalisches Universum perfekt. Das Schlagzeug klingt lebendig und echt (in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr), Wilson ist immer ausgezeichnet zu verstehen und das Publikum ist auch zu hören. Nicht durchgehend, PORCUPINE TREE spielen eben keine Musik zum Mitgrölen.
Technisch und von der Leistung der Band her ein tolles Erlebnis. Die Setlist, die Präsentation des großen Songs, der Klang und die professionelle, aber sehr sympathische Performance der Band machen aus "Octane Twisted" einen Pflichtkauf für Fans. Aufgeschlossene Neueinsteiger müssen sich im klaren sein, das hier hauptsächlich der Titelsong des Albums "The Incident" performed wird und sich Ausflüge in frühere Zeiten und damit eine größere Bandbreite des PORCUPINE TREE-Spektrums in Grenzen halten. Fazit: Steven Wilson live, egal ob auf Konserve oder persönlich anwesend, egal ob mit PORCUPINE TREE oder mit einem seiner vielen großartigen Projekte, ist ein wundervolles Erlebnis. Ganz stark!
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe