PORT NOIR - Cuts
Mehr über Port Noir
- Genre:
- Alternative / Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Despotz Records
- Release:
- 25.03.2022
- All Class
- Wild
- Sweet & Salt
- Emerald Green
- Deep Waters
- Preach
- Unclean
- Monument
- Entertain Us
Mit kleinen Schritten auf die große Bühne
Seit dem sehr guten 2016er Werk "Any Way the Wind The Wind Carries" und der überragenden Single-Auskopplung 'Onyx' hatten sich die Schweden von PORT NOIR direkt im mein dunkles Herz gerockt. Zu frisch und vital war die Mischung aus Alternative Rock und leicht angeproggten Post Metal. Wer auf die Spätwerke von KATATONIA steht, die Atmosphäre von SOEN liebt und insbesondere die norwegischen Prog-Metaller von LEPROUS abfeiert, dürfte mit dem bisherigen Schaffen der Band aus Södertälje möglicherweise auch glücklich werden.
Gerade die Band um Einar Solberg ist eine gute Referenz, da auch LEPROUS sich kontinuierlich weiterentwickelt und mittlerweile mehr elektronische Anteile zulässt und sich auch im Dark Pop nicht unwohl zu fühlen scheint. Und das trifft definitiv auch auf PORT NOIR und "Cuts" zu. Die Band stellt sich nochmal deutlich breiter (und auch breitbeiniger) auf und lässt alles zu, was die Songs aus ihrer Sicht stärker werden lässt und weiterhin groovt.
Den ENTER SHIKARI-lastigen Opener 'All Class' muss man erstmal verdauen. Auch ich brauchte einige Hördurchgänge bis dieser Einstieg Klick gemacht hat. Mittlerweile möchte ich diesen Bastard aus schwarzmetallischen Harmonien, R'n'B und modernem Groove nicht mehr missen. Hilfreich ist dabei vor allem Love Andersson und seine erneut ohrenfreundliche Gesangsperformance mit reichlich HipHop-Appeal und den richtigen Riecher für eingängige Gesangslinien.
Da nach diesem stürmischen Einstieg die Gewässer sukzessive ruhiger werden, navigiert uns der Sänger auch ohne weitere Probleme durch das Album. Die größte Stärke von "Cuts" ist neben der Vokalarbeit nämlich der Flow, welcher die knapp 30 Minuten zu einem wunderbaren Hörerlebnis machen. Diese Melange aus der eigenen Vergangenheit und dem kompromisslosen Öffnen für neue Einflüsse, sorgt für reihenweise kleine Hits, welche auf den großen Festivalbühnen, den kleinen Clubs aber auch in der nächsten Szene-Disko fantastisch funktionieren müssten. Und mit reihenweisen Hits meine ich ausnahmslos alle Tracks auf "Cuts'. Ob nun das moderne Riffmonster 'Preach', das fast erotische 'Emerald Green' und der Referenz-Song 'Deep Waters', welcher perfekt die R'n'B und HipHop-Part auf der Ideologie eines Black Metal Songs stattfinden lässt, um nur mal die drei Songs in der Albummitte zu nennen.
Gibt es nun überhaupt nix zu motzen? Doch sicherlich. Hat man 'All Class' erstmal verdaut und sich mit 'Wild' eingegroovt, dann passiert bis 'Entertain Us' nicht mehr viel. Überraschungen, Experimente oder neue Ideen sucht man dann vergebens. Vielmehr sind es Variationen des am Anfang implementierten Songwritings. Hier wäre etwas mehr Mut und Esprit wünschenswert gewesen. Somit macht sich der zweite negative Punkt, der arg kurzen Spieldauer, nicht so sehr bemerkbar, denn ich glaube, dass der Flow des Albums mit diesem Ansatz über eine Laufzeit von 45 Minuten oder sogar 60 Minuten nicht funktioniert hätte.
Ein weiterer kleiner Schwachpunkt ist das Fehlen des einen großen Überhit. Ein Album mit einem solch großen kommerziellen Potential würde merklich von einem Zugpferd profitieren. Somit sind es neun bockstarke Mitspieler aber der Stoß-Stürmer mit der Torgarantie fehlt der Mannschaft um sich noch weiter in den Vordergrund zu spielen. Somit geht es weiter mit kleinen Schritten in Richtung größerer Präsenz.
Unter dem Strick ist "Cuts" aber ein wunderbares Album, welches seinen Sog insbesondere am Stück entfaltet und durch seinen starken HipHop und R'n'B- Einschlag mehr mit Künstlern wie ZAND und NIGHTLIFE gemein hat, als mit den letzten Werken von KATATONIA und LEPROUS.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal