PROTEST THE HERO - Palimpsest
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2020
Mehr über Protest The Hero
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Spinefarm Records
- Release:
- 18.06.2020
- The Migrant Mother
- The Canary
- From The Sky
- All Hands
- The Fireside
- Soliloquy
- Reverie
- Little Snakes
- Gardenias
- Rivet
Tolle Rückkehr mit variiertem Sound.
PROTEST THE HERO ist nach dem letzten starkem Studioalbum "Volition" (2013) leider etwas von meiner Bildfläche verschwunden, die in Eigenregie veröffentlichte EP-Reihe "Pacific Myth" (2015-2016) habe ich zwar am Rande mitbekommen und auch mal gehört, dann aber nicht wirklich weiterverfolgt. Nun sind also sieben Jahre seit "Volition" ins Land gestrichen und "Palimpsest" sticht mit seinem bunten und verheißungsvollem Artwork ins Auge und ich freue mich wirklich, dass die Frickel-Helden um Goldkehlchen Rody Walker wieder zurück sind.
Es ist mit den ersten Takten von 'The Migrant Mother' unverkennbar, wer musiziert, die Mischung aus ADS-Gefrickel, Prog-Metal, etwas Punk-Feeling und dem charakterstarken Gesang Walkers ist einfach einzigartig. Und dennoch klingt "Palimpsest" etwas anders als seine Vorgänger.
Erstmal fällt auf, dass das Tempo gedrosselt wurde, zumindest für PROTEST THE HERO-Verhältnisse. Das fällt vor allem daran auf, dass die etlichen Gitarren-Soli und -Läufe etwas zusammengekürzt und reduziert wurden, wodurch Gesang und Rhythmusgitarre mehr Betonung bekommen. Nicht falsch verstehen, es wird immer noch gefriemelt, dass die Finger bluten, aber etwas dosierter. Dafür wurde die melodiöse Seite erhöht, ich übertreibe sicherlich nicht, wenn ich sage, dass Rody Walker auf Album Nummer fünf die ambitioniertesten Gesangslinien bis dato hinlegt, jeder Track geht in einem wunderschönem großen Refrain auf. Am eindrucksvollsten sind Songs wie 'The Canary' (vermutlich über Flugpionierin Amelia Earhart), die Wundertüte 'From The Sky' (hier ist der Hindenburg-Absturz Thema) und mein Album-Highlight, das absolut verrückte 'Soliloquy', die man allesamt sofort mitsingen möchte. Das Walkers Stimme manchmal zu brechen scheint, fand ich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, mittlerweile klingt es für mich nach einem gewollten Stilelement, das mir gut gefällt, wohl aber auch mit der Genesung seiner Stimmbänder zusammenhängt, die er vor zwei Jahren auf Tour fast kaputt sang.
Es gibt aber noch mehr neue Stilelemente zu entdecken, sehr offensichtlich ist der regelmäßige Einsatz von Streichern, die die großen Refrains mit viel Dramatik unterstützen. Keine Sorge, "Palimpsest" ist bei weitem kein symphonisches Album, dafür ist es immer noch zu typisch PROTEST THE HERO, zudem klingt es wirklich gut, so unaufdringlich wie es arrangiert ist.
Die musikalische Vielfalt wird also weiterhin groß geschrieben und das Gute ist, dass man sie diesmal auch wirklich erleben kann und das Gehirn nicht alles in Sekundenbruchteilen erfassen muss. Was hier quasi im Hintergrund passiert, ist fabelhaft und lässt die Genialität der Kanadier immer wieder aufblitzen. So weit, so toll.
Nun kommt das dicke Ende: Es muss auch erwähnt werden, dass dem Album im letzten Drittel die Luft etwas ausgeht, was bei dem hohen Energielevel bis dahin zwar nicht sehr ins Gewicht fällt, aber doch etwas schade ist. Was mich jedoch wirklich wundert ist, dass fast alle Songs, so toll sie komponiert sind und so viel es Spaß macht, ihnen zuzuhören, urplötzlich enden, was teils ein paar Fragezeichen hinterlässt. Es fehlt an einigen Stellen einfach an einem runden Ende, quasi der Picardischen Terz, ein Ende, mit dem man mit einem Song abschließen, den nächsten beginnen kann. Da dieses Stilelement aber so konsequent angewendet wird, wird es wohl so gewollt sein, was "Palimpsest" zwar auch irgendwie interessant, aber nicht unbedingt einfach macht und den Zugang erschwert.
Zugegeben, die Vorgängeralben, insbesondere "Fortress" und "Scurillous", werden wohl weiterhin höher in meiner Gunst stehen als "Palimpsest". Vor dem Hintergrund der sehr starken Diskographie kann man es vielleicht sogar als "schwächstes "Album bezeichnen, aber das ist Meckern auf extrem hohem Niveau.
Hinweis: Die physische Veröffentlichung wurde auf den 07.08.2020 verschoben!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Jakob Ehmke