PUTERAEON - Mountains Of Madness
Mehr über Puteraeon
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Target
- Release:
- 30.05.2025
- Miskatonic Expedition
- The Land Of Cold Eternal Winter
- Remnants
- Horror On The Antarctic Plateau
- The Nameless City
- Gods Of Unhallowed Space
- The Rise Of The Shoggoths
- Watchers At The Abyss
- I Am The Darkness
Gibt es eigentlich schon ein eigenes Subgenre namens "Lovecraftian Death Metal"?
Frage für einen Freund. Zumindest fühlt es sich in den letzten Jahren so an, als würden immer mehr Bands aus dem feuchten Boden sprießen, die sich dem finsteren Schaffen von H. P. Lovecraft verschreiben. Und grundsätzlich ist das ja alles andere als eine schlechte Idee, schließlich hat der Godfather des kosmischen Horrors ein literarisches Universum hinterlassen, das sich geradezu anbietet, musikalisch interpretiert zu werden: fremdartig, bedrohlich, nihilistisch und dabei so viel mehr als nur Tentakel. Allerdings ist es oft etwas ernüchternd zu sehen, wie viele Bands das Lovecraft'sche Vokabular zwar in ihren Songtiteln und Texten bemühen, musikalisch aber doch nur auf ausgelatschten Pfaden wandeln. Der Stempel wird da gerne als atmosphärisches Etikett verwendet, ohne dass sich das eigentliche Klangbild groß vom typischen Midtempo-Geschrubbe unterscheidet. Dabei wäre es doch gerade spannend, das Wesen von Lovecrafts Geschichten – die kalte, gleichgültige Leere des Kosmos, das Gefühl der existenziellen Verlorenheit – klanglich zu erfassen, statt bloß Zitate zu vertonen.
Dass es auch ganz anders geht, zeigt seit Jahren die schwedische Band PUTERAEON und mit ihrem aktuellen, bereits fünften Longplayer "Mountains Of Madness" liefert sie nun den bisher eindrucksvollsten Beweis dafür. Seit der Veröffentlichung von "The Esoteric Order" spielt die Band aus dem beschaulichen Alingsås in einem stabilen Line-Up zusammen und kultiviert ihren ureigenen Zugang zum klassischen schwedischen Death Metal: eine blutige Mischung aus GRAVE, DISMEMBER und einer gesunden Portion ENTOMBED, die für sich genommen schon wie ein verlässliches Qualitätsversprechen klingt.
Doch PUTERAEON geht einen entscheidenden Schritt weiter. Die Band begnügt sich nicht damit, Lovecraft als bloßes Storyboard zu verwenden, sondern sie verinnerlicht seinen Stil, seine Philosophie, seine Atmosphäre. Mastermind Jonas Lindblood und seine Mitstreiter haben verstanden, dass es Lovecraft nie um plumpe Schockmomente ging. Der wahre Schrecken in seinen Geschichten entsteht nicht dadurch, dass ein Zombie Eingeweide verspeist, die Bohrmaschine ins Auge fährt oder ein zweiköpfiger Alien mit Stachelschwanz... nun ja, du weißt schon. Lovecraftischer Horror lebt von subtiler, unheimlicher Atmosphäre, von der Erkenntnis, dass der Mensch im großen kosmischen Getriebe bedeutungslos ist – und genau diese kalte Gleichgültigkeit übersetzt PUTERAEON in Töne.
Schon der Einstieg in das Album, das grandiose Instrumental 'Miskatonic Expedition', weckt genau dieses Gefühl von drohender Dunkelheit und unergründlicher Tiefe. Mit jeder Minute auf "Mountains Of Madness" dringt man tiefer in einen musikalischen Abgrund, der trotz seiner Härte nie stumpf wirkt. Stattdessen baut sich eine fast cineastische Spannung auf, unterstützt von sorgfältig gesetzten Melodien und immer wieder eingestreuten atmosphärischen Momenten. Besonders Songs wie 'The Nameless City' oder 'Watchers At The Abyss' zeigen, wie sich aggressive Riffgewalt und melancholische Dissonanzen zu einem stimmigen, düster-soghaften Gesamtbild verweben können.
Rückblickend wirkt der Vorgänger "The Cthulhian Pulse: Call From The Dead City" von 2020 bereits wie eine Art Auftakt oder sogar ein Prolog zu diesem Album. Quasi ein Ausloten des Terrains, bevor man nun mit "Mountains of Madness" endgültig in das Herz der Dunkelheit vorstößt. Die Wahl, Lovecrafts gleichnamige Erzählung als thematisches Rückgrat des Albums zu verwenden, hätte kaum passender sein können und zwar nicht nur wegen des Namens, sondern weil sie zu den eindrucksvollsten Werken des Autors zählt. Was dieses Album darüber hinaus so stark macht, ist sein homogener Flow. Die Spannung steigt Stück für Stück an, es gibt keine Durchhänger nur immer wieder diese kleinen Überraschungsmomente, die einen beim Hören innehalten lassen.
'Horror On The Antarctic Plateau' ist so ein Moment, in dem das Grauen fast greifbar wird. Und als krönender Abschluss wartet am Ende das mächtige 'I Am The Darkness'. Ein wahres Hit-Monster, das sich nicht plakativ in den Vordergrund drängt, sondern sich still und heimtückisch ins Hirn fräst. Als letzter Song eines Albums, das vor allem als Gesamtkunstwerk funktioniert, wirkt er wie ein finsteres Echo, das noch lange nach dem letzten Ton nachhallt. Hinzu kommt das herausragende Artwork, das den Geist der Lovecraft'schen Erzählung ebenso atmet wie die Musik. Dann wäre da noch die erstklassige Produktion von Dan Swanö, der es schafft, dem Album einen modernen, druckvollen Klang zu verpassen, ohne dessen Old-School-Charme zu opfern. Jedes Riff sitzt, jeder Drumfill wuchtet und doch schwebt über allem diese eiskalte Atmosphäre, die einen frösteln lässt, ganz gleich bei welchem Wetter.
PUTERAEON ist mit "Mountains Of Madness" ohne Zweifel ihr bisheriges Meisterstück gelungen – ein Album, das zusammen mit "Kadath" von THE GREAT OLD ONES ganz klar zu den Lovecraft-inspirierten Highlights des Jahres zählt. Es zeigt, dass Lovecraft'sche Themen nicht nur literarisch, sondern auch musikalisch tiefgründig verarbeitet werden können – wenn man sich auf das Wesen seiner Geschichten einlässt, statt nur mit Namen um sich zu werfen.
Kurzum: Für alle, die Lovecraft nicht nur lesen, sondern hören wollen – und für jeden, der auf schwedischen Elch-Death mit Tiefgang steht – ist dieses Album eine absolut lohnenswerte Anschaffung.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal