RPWL - Crime Scene
Mehr über RPWL
- Genre:
- Artrock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Gentle Art Of Music (Soulfood)
- Release:
- 17.03.2023
- Victim Of Desire
- Red Rose
- A Cold Spring Day In '22
- Life In A Cage
- King Of The World
- Another Life Beyond Control
Eingängig mit Tiefgang.
Schneller, höher weiter. Diesen Kurs fahren zahlreiche Bands im progressiven Sektor, um ihre Fans nicht zu enttäuschen oder mit den anderen mithalten zu wollen. Dass aber das Wesen der Musik sich nicht an diesem Kompass ausrichten muss, zeigt uns seit vielen Jahren die deutsche Artrock-Institution RPWL. "Crime Scene" fußt, wie soll es bei RPWL auch anders sein, auf einem inhaltlichen Konzept, dem alle Songs entspringen. Doch im Gegensatz zu so mancher Band, die gerne moralische Zeigefinger hebt, übt sich die Freisinger Band erneut im Erzählen von Geschichten, in die man genau so interessiert abtaucht wie es vermutlich die Musiker beim Schreiben des Albums getan haben.
Die musikalische Entschleunigung, die auch der morbidesten und abscheulichsten Geschichte aus dem wahren Leben den Horror zu nehmen vermag, spürt man auf "Crime Scene" deutlich. Zwar ist das Album mit lediglich 45 Minuten absichtlich kurz, um auf eine Schallplatte zu passen, Hektik entsteht dadurch aber nicht. Mit lediglich sechs Songs besteht keine Gefahr, eine Radio-Single an die nächste reihen zu wollen. Der dominierende Höreindruck, welcher sich bei mir mit jedem Spin verfestigt, ist das organische Zusammenspiel der Band. Mit Markus Grützner hat RPWL nun endlich wieder einen festen Bassisten, der den neuen Songs seinen Stempel aufdrücken durfte. Ganz zur Entspannung von Gitarrist und Produzent Kalle Wallner, der ganz bewusst auf viele Spielereien verzichtet. "Crime Scene" klingt so deutlich anders als noch das opulente "Beyond Man And Time" (2012), bei dem die Band in vielerlei Hinsicht an ihre Grenzen ging.
Mir fallen nur wenige Künstler ein, die musikalisch "simple" Songs wie 'Red Rose' so überzeugend und tiefgängig darbieten wie RPWL und nie zu poppig klingen. Mich überkommt der Gedanke, dass viele STEVEN WILSON-Fans ein Album wie "Crime Scene" durchaus mehr zu schätzen wüssten als die elektronisch-poppigen Exkurse des Briten. Was ich damit meine: Ganz gleich, ob ein Song einfach gestrickt oder komplex arrangiert ist, bei RPWL ist das immer höchste Handwerkskunst. Das längste Stück des Albums ('King Of The World' mit über zwölf Minuten) ist also genau so kurzweilig wie die vier-Minuten-Nummer 'A Cold Spring Day In '22'.
"Crime Scene" ist ein weiteres starkes Album im Katalog der für mich besten deutschen Artrocker. Es benötigt keine Anlaufzeit, muss nicht erschlossen werden und nutzt sich dennoch nicht ab. Garniert mit einer wieder einmal tollen Produktion und spannenden Texten macht "Crime Scene" für mich zur uneingeschränkten Kaufempfehlung. Am besten natürlich auf Vinyl!
Anspieltipps: King Of The World, Red Rose
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Nils Macher