RHAPSODY, LUCA TURILLI'S - Prometheus - Symphonia Ignis Divinus
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2015
Mehr über Rhapsody, Luca Turilli's
- Genre:
- Symphonic Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Nuclear Blast (Warner)
- Release:
- 19.06.2015
- Nova Genesis (Ad Splendorem Angeli Triumphantis)
- Il Cigno Nero
- Rosenkreuz (The Rose And The Cross)
- Anahata
- Il Tempo Degli Dei
- One Ring To Rule Them All
- Notturno
- Prometheus
- King Solomon And The 72 Names Of God
- Yggdrasil
- Of Michael The Archangel And Lucifers Fall Part Ii Codex Nemesis
Breitwandkinometal
Es ist herzerwärmend zu sehen, dass sich Luca Turilli - ein total netter, angenehmer Zeitgenosse - kein bisschen um die Konventionen der Metal-Szene schert, ohne dass er dies an die große Glocke hängen müsste. Stattdessen bricht sich ein ums andere Mal ein Strom überbordender Kreativität Bahn, der keine Grenzen zu kennen scheint. So auch auf dem zweiten Post-Split-Album "seiner" RHAPSODY-Variante (der andere Teil segelt immer noch mit Fabio Leone und Alexandro Staropoli an Bord unter dem Namen RHAPSODY OF FIRE). Drei Jahre nach "Ascending To Infinity" sollen erneut die Grenzen symphonischen Metals verschoben werden.
Wie auch auf dem Vorgänger gibt es ein mystisch angehauchtes Scifi-Intro mit großem Chor, bevor 'Il Cigno Nero' Opener und kommender Hit sein darf. Dabei muss bemerkt werden, dass sich Luca – wie sonst nur selten – vom Konzept des superschnellen Openers entfernt. Auch die beiden folgenden Stücke 'Rosenkreutz' (welches schon als vorab-Single bekannt sein dürfte) und 'Anahata' spielen sich in gemäßigt schnellen Geschwindigkeits-Regionen ab und halten dabei das Niveau. 'Il Tempo Degli Die' verweist in Richtung der "Italo-Pop-Tradition" der Band, verläuft aber nicht ganz in den üblichen Mustern. Der zunächst recht simple Song weiß besonders in der zweiten Hälfte mit einem Crescendo zu begeistern, welches aus einem kleinen, leicht virtuosen Klavier-Solo heraus in einen alle Rahmen sprengenden Bombast-Chorus wächst. Die folgende, erste explizite Tolkien-Huldigung der Band, verstärkt die schon vorher aufblitzende progressive Note und untermauert mit einem der besten Chorparts, die Luca bislang geschrieben hat, sein Talent im anspruchsvollen Arrangieren von Chören. Die obligatorische, dieses Mal vollkommen akustische Ballade, fällt ganz in den Bereich Oper/Operette. Hier zeigt sich nicht nur Alessandro Conti, der als Sänger an allen Ecken und Enden glänzt, wieder von der besten Seite, applaudiert werden muss auch Bridget Fogle, die auch dieses Album mit ihrer wunderschönen Stimme begleitet. Von den nächsten drei Stücken lagern sich der Quasi-Titelsong, sowie 'Yggdrasil' eher in die klassische RHAPSODY-Richtung, König Salomo fällt hingegen wieder progressiver aus, genauso wie das überlange Schlussstück, der zweite Teil der "Michael"-Reihe.
Was ist das für ein Album – knapp über 70 Minuten feuert der Herr Turilli aus allen Rohren sein wildes Potpourri aus Melodic Metal, Filmmusik, etwas Barock und Oper ab. Dazu gesellt sich dann noch östliche Weltmusik wie in 'Anahata' und 'King Solomon' oder Italo-Pop – dass das Ganze eine progressive Note bekommen muss, versteht sich von selbst. Die Kompetenz der beteiligten Musiker steht dabei außer Frage, ob nun die schon hervorgehobenen Sänger, Luca als Gitarrist und Pianist oder die seiner weiteren Gehilfen. Das Orchester kommt aus der Konserve und kann dementsprechend nicht mit der klanglichen Tiefe und Lebendigkeit, wie sie auch auf bandeigenen Alben wie "Symphony Of The Enchanted Lands Part II" zu finden ist, mithalten. Als solches erfüllt es aber aktuellste Standards und ist einmal mehr wesentlich aufwändiger und anspruchsvoller arrangiert, als es das Gros der anderen Symphonic Metal-Bands von sich behaupten kann. Dementsprechend liegt der Fokus auch nicht im Besonderen auf den Gitarren sondern bezieht das orchestrale Element mehr denn je als gleichwertigen Partner mit ein. Die aus diesem komplexen Sound resultierenden, etwas schwachen Gitarren kann ich unter den Gesichtspunkten verschmerzen, traurig ist aber, dass das Schlagzeug ungewöhnlich steril ausfällt.
Dass Luca Turilli kompositorisch auf eigenen Beinen stehen kann, hat er schon früher ("Prophet Of The Last Eclipse") oder jüngst ("Ascending To Infinity") ausreichend bewiesen. "Prometheus" tut dem keinen Abbruch. Konsequent wird der im Vergleich zu alten RHAPSODY-Zeiten noch offenere Stil weitergeführt und zelebriert und lässt wie immer den größten Teil der Konkurrenz weiter hinter sich und schneidet wieder (leider) besser ab, als die Schwester-Band RHAPSODY OF FIRE, denen ein ähnlicher Erfolg mit dem kommenden Album gegönnt sei. Sicher ist dabei nicht jede Melodie und jedes Arrangement Klassiker-verdächtig und manch einer würde "Prometheus" vollkommene Überladenheit bescheinigen. Auf der anderen Seite öffnet sich dem geneigten Hörer jedoch eine unglaubliche Fülle an wunderschönen, erhebenden Momenten, schierer Detailverliebtheit, epischer Breite, Tiefe und Höhe, wie sie für mich nur wenige Musiker immer wieder aufs Neue zu schaffen im Stande sind.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Christian Schwarzer