ROSS THE BOSS - Hailstorm
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2010
Mehr über Ross The Boss
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- AFM Records / Soulfood
- Release:
- 29.10.2010
- I.A.G.
- Kingdom Arise
- Dead Man's Curve
- Hailstorm
- Burn Alive
- Shining Path
- Great Gods Glorious
- Behold The Kingdom
- Among The Ruins
- Crom
- Empire´s Anthem
- Vindicator (Bonustrack Digipack)
Ein schönes Album, das jedem Fan des Herrn Friedman klar macht, was er seit 1988 so sehr vermisst hat.
Kaum ein Gitarrist hat unter den Freunden des epischen Metals der Achtziger einen so unumstritten guten Ruf wie Ross Friedman, den die meisten unter seinem Spitznamen Ross The Boss kennen. Klar, der Mann hat nicht nur mit einer Band Musikgeschichte geschrieben, sondern gleich mit mehreren, wovon THE DICTATORS und natürlich MANOWAR die bekanntesten sind. Je mehr sich die Letzteren der Kritik ihrer Fans aussetzen, umso größer scheint auch die Nachfrage nach Ross und seinen aus Deutschland stammenden Mitmusikern zu sein. Dass hier die Vergleiche mit Ross' ehemaligem Arbeitgeber nicht ausbleiben können, das ist klar. Doch ich will versuchen, euch so wenig wie möglich damit zu behelligen, weil wir damit der Band ROSS THE BOSS nicht gerecht würden, die nämlich durchaus auf eigenen Füßen stehen kann.
Größter Trumpf der Truppe ist natürlich das Gitarrenspiel des Meisters selbst, dessen bluesig-rockiger, warmer und lebendiger Stil einfach unverkennbar genial ist. Bereits der nach einem in der Melodieführung scheinbar an russischer Folklore angelehnte, als Intro erklingende Opener 'Kingdom Arise', glänzt mit drückenden Rhythmen und sehr effektiven Soli. Gerade die Coda bietet exakt das, was viele von Ross erwarten und noch mehr Leute heute bei den selbsternannten Königen des Stahls vermissen: Gitarrenpower! Auch die an die seligen 'Shell Shock'-Zeiten erinnernden, rockenden und rollenden Riffs und Leads wie bei 'Burn Alive', gibt es eben nur von Herrn Friedman. Sänger Patrick Fuchs scheint sich inzwischen von den unseligen Eric-Adams-Vergleichen emanzipiert zu haben und steht nach meiner Wahrnehmung zu hundert Prozent auf eigenen Füßen. Das lässt ein Stück wie 'Dead Man's Curve' zu einem flotten Kracher avancieren, zu dem ich mir keine bessere und originellere Stimme mehr wünschen könnte.
Weitere Highlights finden sich im herrlich schrotenden, schnellen Titelstück und im bei den Hooklines dezent an JUDAS PRIEST angelehnten Stampfer 'Shining Path', bevor das Instrumental 'Great God Glorious' demonstriert, wie man klassische Vorlagen gelungen interpretiert. Das melodisch und mehrstimmig gesungene 'Behold The Kingdom' klingt mir persönlich insgesamt etwas zu sehr nach gewöhnlichem, aktuellem Power Metal, doch auch hier weiß das Solo im Mittelstück starke Akzente zu setzen. Das letzte Drittel beginnt im Anschluss mit der Einleitung zu 'Among The Ruins' erst balladesk, wächst sich dann jedoch zu einem schönen, getragenen und melodischen Stampfer aus, der nicht von schlechten Eltern ist und meiner Wahrnehmung nach ganz vehemente URIAH-HEEP-Vibes atmet. Wo uns 'Crom' kurz vor Schluss einen eher kurzen, aber doch prägnanten und harten Epic-Metal-Vorstoß präsentiert, schließt das Album mit 'Empire's Anthem' - erkennbar an Meisterwerken wie 'Battle Hymn' orientiert - natürlich ohne deren Brillanz zu erreichen. Doch das wäre wohl auch etwas zu viel verlangt.
Damit sollen die Vergleiche aber auch ihr Bewenden haben. War beim Debüt der ROSS THE BOSS-Band die anfängliche Euphorie über die Rückkehr des Gitarrenmeisters zum Pfad der metallischen Tugend recht schnell verflogen, weil das Album zwar gut, aber keinesfalls weltbewegend war, so bin ich bei "Hailstorm" überzeugt, dass es in der Lage sein wird, die Band als eigenständige Marke zu etablieren, die sich mit jedem Werk mehr von den großen Schatten der Vergangenheit emanzipieren kann. Unter dieser Prämisse ist bereits "Hailstorm" ein riesiger Schritt nach vorne, weil man der Band anmerkt, dass sie sich selbst und die Musiker einander gefunden haben. So entsteht zwar kein zukünftiger Klassiker, aber ein schönes, aufrichtiges Album, das jedem Fan der Gitarrenkünste des Herrn Friedman klar macht, was er in den Jahren nach 1988 so sehr vermisst hat.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle