SALEM (ISR) - Live Demise (DVD)
Mehr über Salem (ISR)
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- Reven Music / Morbid
- Act Of Terror
- Act Of War
- Collective Demise
- Decadence In Solitude
- Eyes To Match A Soul
- Flames
- F***ing Maniac
- Symbiosis
- Edge Of The Void
- A Moment Of Silence
- Creating our Sins
- Execution
- Al Taster
- Broken Yet United
- Children Don't Fight
- Act Of War (Video)
- Al Taster (Video)
- Broken Yet United (Video)
- Fear Of The Future (Video)
- Ha'ayara Bo'eret (Video)
- Masquerade In Claustrophobia (Video)
- Slave (Video)
Es ist Juli 2003 in Tel Aviv, als SALEM in einem kleinen Club der israelischen Stadt ihre Live-DVD "Live Demise" aufnehmen. Tel Aviv, das ist der 1909 gegründete Ort, der bis 1980 noch israelische Hauptstadt war, nach der endgültigen Annexion Jerusalems durch Israel jedoch nur noch der Sitz von ausländischen Botschaften ist - die meisten Staaten der Welt erkennen bis jetzt nicht den neuen Status von Tel Aviv beziehungsweise Jerusalem an. Und Juli 2003: Ein recht ruhiger Monat. Seit der im Juni 2003 offiziell ausgerufenen Waffenruhe hat die Gewalt in der Region spürbar abgenommen, was zu einer leichten Entspannung und einem langsam einsetzenden Stimmungswandel zwischen Palästinensern und Israelis beitrug. Im Vergleich zum Vormonat mit insgesamt 68 Todesopfern fielen im Juli drei jüdische Israelis und drei Palästinenser der Gewalt der jeweils anderen Seite zum Opfer. Was hat das nun mit SALEM zu tun? Eine ganze Menge, denn SALEM sind die wohl dienstälteste Death-Metal-Band Israels und stehen mit ihrem Auftreten in "Live Demise" gleichzeitig exemplarisch für einen der größten internationalen Konflikte der jüngsten Gegenwart.
Doch zunächst zu SALEM. Die Israelis ziehen schon seit 1985 durch den weltweiten Underground, ihre ersten beiden Alben "Creating Our Sins" und "Kaddish" kamen 1992 und 1994 über Morbid Records heraus und entwickelten sich schnell zu Klassikern. Besonders "Creating Our Sins" in der Fassung mit der "Millions Slaughtered"-EP ist jetzt ein begehrtes Sammelobjekt. Ergo: Eine Band mit einer langen Tradition und zwischendurch ebenso langen Pausen. Inzwischen sind sie wieder zurück, 2002 erschien "Collective Demise" und präsentierte eine gereifte Band mit griffigen Melodien, einem kleinen Touch Gothic und dem immer noch typischen SALEM-Aggressionsniveau. Wut ist wohl auch die prägendste Konstante in der SALEMschen Gedankenwelt, Wut auf die Welt um sie herum. Denn SALEM beschäftigen sich in ihren Texten nicht mit Tod und Teufel, sondern mit der Situation in Israel, mit Gewalt und Krieg. Das merkt der Zuschauer auch bei "Live Demise". Etwa, wenn SALEM bei ihrem Auftrittsvideo von 'Slave' eine große Israelflagge demonstrativ in Richtung Publikum halten oder bei 'Act Of War' in einem Film zeigen, wie sich ein Palästinenser für ein Selbstmordattentat präpariert.
Beim eigentlichen Konzertmitschnitt verlassen sich SALEM ebenfalls zum Teil auf die Suggestivkraft von Bildern, blenden zwischen einzelnen Songs Kriegsbilder aus dem zweiten Weltkrieg ein. Ansonsten regiert bei den 60 Minuten SALEM auf der Bühne der pure Rauschzustand Konzert. Die 900 israelischen Fans bangen bis zum untersten Haaransatz, einige springen von der Bühne. Die lange Geschichte von SALEM ist dabei deutlich hörbar: Die neueren Stücke wie 'Act Of War' oder 'Al Taster' klingen deutlich gemäßigter als alte Thrash-Perlen wie 'Fucking Maniac'. Doch haben sie immer noch die hintergründigen Melodien und doomigen Gemeinheiten in ihrem Sound, die SALEM schon immer zu einer besonderen Band gemacht haben. Und alleine der alte Übersong 'Children Don't Fight' mit seinem Allzeit-Pump-Mosh-Riff ist schon den Kauf dieser DVD an, ein Song um willenlos den Kopf zur Erde zu schleudern und die Welt dabei anzuschreien. Doch halt, nix moshen, hier wie über das gesamte 60-Minuten-Konzert hinweg fesseln die Kameras, die vielen Perspektiven, die Überblendungen. Damit wirkt "Live Demise" wie ein professionelles Musikvideo, viele Augenspielereien reizen die optischen Sinne. Ansonsten erweisen sich SALEM als echte Energiebatzen und hetzen ohne Unterlass über die breite Bühne. Die Ansagen von Sänger Ze'ev Tananboim bleiben erfreulich kurz, aber immer noch so lang, dass nach der DVD endlich jeder weiß, wie hebräisch wirklich klingt. Doch die meiste Zeit über keift und schreit Ze'ev martialisch ins Mikro, lässt sich keine Zeit, Luft zu holen. Ein echter Energiespringball, dieser Kerl!
Die restliche Ausstattung der rund zweistündigen DVD fällt üppig aus. Ein "Making of ..." zum Live-Filmchen ist genauso zu finden wie ein Bericht über die Arbeit an der "Collective Demise". Dazu kommen noch sieben Promo-Videos. Dort fällt besonders 'Ha'ayara Bo'erert' heraus, in dem ruhige Klänge dominieren. Dazu zeigen SALEM alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen vom Grauen des Holocausts, Ze'ev schreit-weint dazu im Hintergrund. Der Track geht unter die Haut und verdeutlich vieles, etwa, dass sich Israelis wie SALEM eben immer noch als Opfer fühlen, als ein in seiner Existenz bedrohtes Volk. Mit diesem Wissen sind wohl auch manche befremdlich erscheinende Reaktionen der aktuellen Politik dieses Landes zu erklären. Doch zurück zu SALEM: Die DVD ist eine perfekte Hommage an eine fast schon brutal ehrliche, immer prägnante, nie bequeme und stets überzeugende Undergroundband, die mit ihrer extremen Musik wohl nie viele Leute erreichen wird. Dafür sind die echten Fans umso treuer. Unbedingt ausprobieren und dazu am besten noch ein kleines Geschichtsbuch zu Israel lesen ...!
Anspieltipps: Children Don't Fight, Al Taster, Fucking Maniac, Broken Yet United
- Redakteur:
- Henri Kramer