SAOR - Amidst The Ruins
Mehr über Saor
- Genre:
- Folk Metal / Melodic Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Seasons Of Mist
- Release:
- 07.02.2025
- Amidst The Ruins
- Echoes Of The Ancient Land
- Glen Of Sorrow
- The Sylvan Embrace
- Rebirth
Epischer Folk Black Metal mit dem untrüglichen Gespür für Hymnen!
"Magisch" ist das erste Wort, das mir in Bezug auf das schottische Ein-Mann-Projekt SAOR in den Sinn kommt. In etwa so lässt sich jedenfalls mein Erstkontakt mit dem Werk von Mastermind Andy Marshall beschreiben, der erst relativ spät mit dem letzten Langdreher "Origins" und dem ausladenden Titeltrack erfolgte, dessen wunderschönes melodisches Outro mir schon beim schlichten Gedanken daran eine dicke Gänsehaut auf den Nacken treibt. Dass ich mir nach dieser prägenden Erstbegegnung natürlich auch das neue Album "Amidst The Ruins" zu Gemüte führen musste, versteht sich da fast schon von selbst, denn schon lange habe ich folkigen Black Metal nicht mehr so herrlich erfrischend und keltisch-schottisch geprägt serviert bekommen wie im Falle von SAOR.
Will man die rauen und wunderschönen Klangwelten von Mr. Marshall genießen, muss man allerdings eine Vorliebe für lange Songs mitbringen und sich auch mal in einer Melodie verlieren können, denn der Schotte exerziert seine melodischen Eingebungen gerne mit viel Zeit komplett durch. Und auch "Amidst The Ruins" wird hier keine Ausnahme bilden, denn in der fünf Songs umfassenden Trackliste ist 'The Sylvan Embrace' mit kompakten acht Minuten noch der kürzeste Song, während das abschließende 'Rebirth' sogar als epischer 14-Minüter über die Ziellinie geht. Anfangen wollen wir aber natürlich erst einmal vorne, wo der Titeltrack die Platte direkt mit einem Paukenschlag eröffnet. Von herrlichen Wechseln zwischen bissig-schwarzmetallischer Raserei und herrlich verträumter Atmosphäre hat die Nummer nämlich mehr als genügend Ideen im Gepäck, um die zwölf Minuten der Spielzeit zu füllen und verpasst einem obendrein auch noch ein paar hartnäckige Ohrwürmer, die einen nicht so schnell wieder loslassen. Ebenfalls zeigen die Gastmusiker Ella Zlotos, Àngela Moya Serrat und Samuel C. Ledesma ihre ganze Klasse, wenn sie mit Gesängen, Celli, Violinen und Flöten den folkigen Aspekt der Melodien perfekt unterfüttern.
'Echoes Of The Ancient Land' beginnt dagegen im Anschluss fast schon schlicht, indem die Kerninstrumentierung das Zepter übernimmt und mit melodischem Black Metal den Ton vorgibt. Doch es dauert nich lange, bis die folkigen Melodien sich langsam wieder in den Bandsound schleichen. Erst langsam, dann alles überstrahlend, übernehmen sie auch diesen Song, der bei aller Schönheit nicht gänzlich an die Klasse des Openers heranreicht. Anders sieht das bei 'Glen Of Sorrow' aus, das mit viel Epik und Melancholie, aber auch mit metallischer Wucht voll ins Schwarze trifft und vor allem bei den eingestreuten Klargesängen ganz besonders punktet. Dagegen klingt 'The Sylvan Embrace' dann plötzlich gänzlich zahm und verzichtet auch komplett auf wuchtige Drums und verzerrte Gitarren, sondern gibt sich gänzlich dem Folk-Aspekt der Musik hin. Eigentlich ein wohltuender Kontrastpunkt zum sonstigen Programm auf "Amidst The Ruins", das trotz zahlreicher toller Ideen durchaus ein paar Schnitte in der Spielzeit und eine Kürzung in der Länge hätte vertragen können. Gänzlich anders sieht das bei 'Rebirth' aus, das als gewohnt folkiger Track beginnt und tatsächlich von den vier härter angelegten Songs am wenigsten auf die Metal-Tube drückt, dennoch wieder herrlich zum Träumen einlädt und vor meinem geistigen Auge die weiten Landschaften der schottischen Highlands erscheinen lässt. Höhepunkt des Tracks ist aber wieder einmal die ausladende Coda, die wie beim Abschluss des Vorgängers "Origins" wieder eine herrlich epische Melodie nimmt und sie mit hymnenhaftem Charakter moduliert, bis die Gänsehaut beim Verklingen der Nummer wieder einmal meinen gesamten Nacken übersäht.
Ihr hört es schon: "Amidst The Ruins" ist ein würdiger Nachfolger für "Origins" und zementiert SAOR für mich als meine persönliche Folk-Metal-Entdeckung der letzten Jahre. Klar, bei Andy Marshall muss man weiterhin Geduld mitbringen und auf ausladende Klanglandschaften stehen, denn kompakte Folk-Hits wie bei ELUVEITIE oder gar schunkelige Nummern wie bei ENSIFERUM gibt's beim Schotten nicht zu hören. Dafür hat der Mann ein untrügliches Ohr für Hymnen, das ihn auch anno 2025 nicht im Stich gelassen hat. Am Ende musste ich dann bei der Note dennoch etwas mit mir ringen, denn die leichte Überlänge von 'The Sylvan Embrace' lässt die Platte auf der Kante zur Höchstnote zum Stillstand kommen, sodass ich am Ende starke 9,5 Zähler vergebe, aus denen mit etwas mehr Zeit und Muße vielleicht doch noch die volle Punktzahl werden könnte.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs