SATYRICON - Dark Medieval Times
Mehr über Satyricon
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Moonfog Productions
- Release:
- 31.01.1994
- Walk The Path Of Sorrow
- Dark Medieval Times
- Skyggedans
- Min Hyllest Til Vinterland
- Into The Mighty Forest
- The Dark Castle In The Deep Forest
- Taakeslottet
Ein famoses Debüt, das diese Band aus dem Stand in die erste Reihe katapultierte.
Lange ist es her, dass ich SATYRICONs "Dark Medieval Times" im CD-Player hatte, sehr lange. Zehn Jahre reichen mit Sicherheit nicht aus, und das liegt nicht daran, dass dieses Debütalbum der Band um Satyr und Frost von schlechten Eltern wäre; nein, mitnichten. Doch hinterließ bei mir der bereits kurz darauf erschienene Nachfolger "The Shadowthrone" einen dermaßen massiven Eindruck, dass dabei dieses wunderschöne Debüt irgendwie ins Hintertreffen geriet.
Wenn ich nun diese Scheibe heute, knapp 20 Jahre nach dem Kauf, wieder einlege, dann muss ich natürlich zuerst einmal schon schlucken. Nicht so sehr darüber, wie sehr sich die Band verändert hat, sondern in erster Linie darüber, wie stark sich die instrumentalen, soundtechnischen und kompositorischen Fähigkeiten der Band entwickelt haben. Sprich: Auch wenn die Wahrsten der Wahren sagen werden, dass SATYRICON nie wieder besser war als auf "Dark Medieval Times", so ist das in Geschmacksfragen natürlich hinzunehmen, in handwerklicher Hinsicht indes eine sehr gewagte These. Gerade bei einem Werk wie "Dark Medieval Times", das von seinen dramaturgischen Wechseln zwischen rasendem, klirrendem und finsterem Black Metal einerseits, und folkig angehauchten Ambient-Parts andererseits lebt, wie nur wenige andere Black-Metal-Scheiben, fällt es schon extrem auf, wie schwer es der Band damals noch fiel, diese unterschiedlichen Parts schlüssig zu verbinden, ohne dass es holprig wird. Das gelingt auch nicht immer, denn die Ambient-Parts sind im Vergleich zum Metal oft sehr laut, und das Umschalten von Keyboard-Parts zur Gitarrenwand flutscht natürlich nicht immer ganz sauber. Auch ist es kompositorisch nicht immer ganz schlüssig, wie die Band damals die verschiedenen Parts miteinander verbunden hat.
Doch wisst ihr was? Wir hören hier absoluten Pionieren bei den ersten Schritten zu, und deshalb ändert all das überhaupt nichts daran, dass "Dark Medieval Times" zum einen eines der eindrucksvollsten Debütalben der Metalgeschichte ist, welches seinerzeit eine Newcomerband quasi aus dem Stand in die erste Reihe der zweiten Black-Metal-Welle katapultierte, und das zudem auch einige wirklich große Ohrenöffner hat, die seinerzeit eben noch nicht alltäglich waren und teils bis heute nicht sind: Das sind zum einen Satyrs bereits damals eindrucksvoll grimmige Vocals, die man zwar noch nicht so gut versteht wie bei späteren Alben, die aber bereits viel von der Ausstrahlung haben, welche diesen Mann zu einem solch exponierten Black-Metal-Sänger werden ließ.
Zudem ist die leicht folkige, betont und dabei im Gegensatz zur späteren Dudelsack- und Pagan-Posse völlig unkitschig und schunkelfrei auf Mittelalterambiente abzielende Rhythmik und Melodieführung für damalige Zeiten noch ziemlich einzigartig. Wo der hier und da (insbesondere beim Scream-lastigen, und im Gitarrenmotiv mäandernden 'Into The Mighty Forest') durchaus als Einfluss erkennbare Varg Vikernes auf den BURZUM-Alben davor die Ambient-Elemente vor allem atmosphärisch, perseverativ und mantrisch nutzte, da geben Satyr und Frost ihrem Black Metal durch die Synth-Parts, die Spoken-Word-Elemente und die akustischen Passagen eine verspielte, erzählerische Dimension. Genau dies macht auch den epischen Abschluss mit 'Taakeslottet' zu einem Wunderwerk des atmosphärischen Black Metals, das mit seinen sehnsuchtsvollen Riffs, dem verhallten Gesang und der wuchtig dräuenden Bassdrum nicht von dieser Welt zu sein scheint. Ja, das Schloss hinter SATYRICONs Nebelwelt wird hier lebendig!
"Dark Medieval Times" lässt die im Booklet beschworenen Zeiten der Pest und des finsteren Mittelalters im kalten, verschneiten Norwegen so lebendig werden, wie kaum ein anderes Album jener Zeit, und man nimmt der damals noch sehr jungen Band ab, wie sehr sie das Thema damals fasziniert haben mag. Außerdem sind Songs wie der abwechslungsreiche Opener, das herrlich verträumte und vor wirklich wunderschönen Akustikgitarren den brausenden Wind atmende 'Min Hyllest Til Vinterland' oder das intensive Titelstück auch aus heutiger Sicht noch großartige Hymnen der zweiten Welle. Aufgrund der Atmosphäre, der tollen Melodien und der spürbaren bedingungslosen Hingabe an das eigene Werk und dessen Konzept ist und bleibt "Dark Medieval Times" daher trotz der Tatsache, dass man klar merkt, dass die Jungs damals musikalisch noch ziemliche "Anfänger" waren, ein eindrucksvolles Debüt und ein mächtiger Fingerzeig in Richtung dessen, was da alsbald noch kommen sollte.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle