SCHIEFELE, MAX - Waldgeist
Mehr über Schiefele, Max
- Genre:
- Instrumental Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Klangdesign/Just For Kicks
- Release:
- 01.10.2024
- Walpurgisnacht
- Tanz der Feen
- Waldgeist
- Der Rabe
- Der Nachtalb
- Irrlichter
- Rückkehr der Zwerge
- Nebelelfen
Wälder – mystische Orte, wenn man bereit ist, alle Sinne zu öffnen.
Der Gitarrist und Keyboarder MAX SCHIEFELE, der mir weder unter seinem Namen, noch unter seinem Projekt MAXXESS ein Begriff ist – oder besser gesagt: war, hat mit "Waldgeist" ein Album veröffentlicht, das mich schon mit dem ersten Stück gefangen genommen hat. Auch das Cover lässt erahnen, was uns erwarten könnte. - Mystik pur.
Die acht Instrumentalstücke verbreiten eine meditative Stimmung wie ich sie auch erlebe, wenn ich ganz bewusst durch den Wald gehe. Ich bin in der glücklichen Lage, das mehr oder weniger direkt vor meiner Haustür erleben zu können. Nicht auf den üblichen Wanderpfaden, sondern dort, wo es tatsächlich nur die Natur und mich gibt. Auch nachts, wenn man einen endlosen Blick in die Ferne hat, über sich die Sterne und rundherum zwar keine Raben, aber tausende von Fledermäusen. Ruhe und Stille inklusive. Eines meiner einschneidensten Erlebnisse. Die Stelle gibt es noch, die Fledermäuse sind inzwischen leider verschwunden.
MAX SCHIEFELE ist auch als Fotograf tätig und wenn man seine wunderschönen Naturfotos anschaut, insbesondere die Wald- und Baumfotos, dann kann man die einzelnen Tracks noch besser nachvollziehen. So beginnt der Wanderweg mit der 'Walpurgisnacht', dem Fest, das den Frühling einleitet. Eigentlich ein traditionelles vorchristliches Fest, das heutzutage als Tanz in den Mai Einzug gehalten hat. Mythische Klänge mit ganz viel Atmosphäre erwarten uns beim 'Tanz der Feen' und schleichen sich ganz tief und eindringlich in die Gehörgänge, bis sie ganz allmählich verhallen. Dann sind die Elfen verschwunden und es kommen andere 'Waldgeist'(er), welcher Art auch immer. Sie sind nicht so leichtfüßig wie die Elfen. Nein, sie machen keine Angst, aber ein bisschen auf der Hut ist man schon, schaut sich vielleicht auch vertstohlen um – sieht jedoch nichts, auch wenn man ihre Anwesenheit spürt.
Mit ruhigen Klavierklängen wird uns 'Der Rabe' vorgestellt, der von einem erhöhten Platz aus seine Umgebung beobachtet und (vielleicht) seine Raben-Schlüsse zieht. Ich mag diese klugen Vögel, die auch bei uns ganz in der Nähe ihr Zuhause haben.
'Der Nachtalb' oder Nachtmahr soll ja ein Fantasiewesen sein, das Menschen gräßliche Träume bescheren soll. Das Stück setzt sich tatsächlich etwas düster und eindringlich im Ohr fest. Ich habe dabei die Dementoren aus Harry Potter vor Augen, kann fast spüren, wie sie um mich herum flattern und versuchen, mir Angst zu machen. Ebenso wie die 'Irrlichter', die eher mit einer gewissen Leichtigkeit versuchen, mich in ihren Bann zu ziehen. Ja, es ist schön, diesem verführerischen "Gesang" der kleinen Wesen mit geschlossenen Augen zu lauschen – bis sie bei Tagesanbruch wieder verschwunden sind.
Aber dann folgen schon die nächsten Waldbewohner – die Zwerge. In einer langen Reihe marschieren sie mit ihren Werkzeugen durch denn Wald. Kommen oder gehen sie? Ein gnadenlos hämmernder Rhythmus erfüllt den Forst bei der 'Rückkehr der Zwerge', bis er langsam leiser wird und verstummt, wenn sie ihr Ziel erreicht haben. Sachte legt sich allmählich die Dämmerung über den Wald, Nebel steigen auf und die 'Nebelelfen' geben sich die Ehre. Auf einem Felsen sitzend kann man sie beobachten und sich an ihrem Dasein erfreuen. Ist es eine Nebelschwade, die sich zwischen den Bäumen herausschält oder vielleicht doch ein Nebelelf? Sie sind scheu, zeigen sich nur verschwommen, schaffen aber eine mystische Verbindung zum Beobachter.
So schließt sich mit diesem letzten Track der Kreis der Waldgeister. Je nach Einstellung kann der Wald dunkel und bedrohlich wirken oder aber ein Ruhepol sein. Auf jeden Fall bietet der "Waldgeist" viele Möglichkeiten zu Interpretationen. Wechselnde Stimmungen, harmonische und mystische Töne, eingebettet in interessante Kompositionen mit elektronischen Klängen, machen dieses Album so einzigartig. Nein, es ist keine Musik "für mal eben nebenher", man muss sich darauf einlassen, sie auf sich wirken lassen. Aber dann entfaltet sie ihre ganze Schönheit.
Beenden möchte ich diese Rezension auf etwas unübliche Art und Weise mit einem Zitat, weil MAX SCHIEFELE darin das in Worte fasst, was dieses Album für ihn bedeutet und weil mich diese Worte einfach sehr berühren.
"Waldgeister sind der Atem des Waldes, Wesen aus Nebel und Licht, die zwischen den Ästen der mächtigen Bäume tanzen. Wenn Du tief genug in die Wälder wanderst, spürst Du ihre Anwesenheit – flüchtige Schatten, die sich gerade noch im Augenwinkel zeigen oder ein leises Wispern in der Dämmerung. Ihr Lachen ist der Wind in den Bäumen, ihr Zorn das Heulen des Sturms. Dabei sind sie untrennbar mit den Bäumen verbunden, ob in kleinen Trieben oder in den großen grünen Kathedralen. Jeder Baum ist ein Teil ihres Seins, jeder Ast ein Gedanke, jeder Wurzelschlag ein Herzschlag. Wenn die Bäume rauschen, sprechen sie durch sie und wenn ein Baum stirbt, weinen sie im Wind.
Jene, die den Wald mit offenem Herzen betreten, können ihre Gegenwart spüren. Mit diesem Album lade ich Dich dazu ein, die Geheimnisse jenseits des Sichtbaren zu entdecken. Es ist eine Ode an die überwältigende Schönheit der Natur und ein Akt der Demut gegenüber der Schöpfung."
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer