SCHIZOID LLOYD - The Last Note In God's Magnum Opus
Mehr über Schizoid Lloyd
- Genre:
- Progressive / Avantgarde Rock / Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Blood Music / Just For Kicks
- Release:
- 14.08.2015
- Suicide Penguin
- Christmas Devil
- Avalanche Riders
- Misanthrope Puppet
- Film Noir Hero
- Amphibian Seer
- Cave Painter
- Chicken Wing Swans
- Citizen Herd
- Prodigal Son
Mann, ist hier was los!
Krass, ist das ein musikalisches Durcheinander bei der niederländischen Avantgarde-Prog-Truppe SCHIZOID LLOYD! Wie die Menschen am Münchner Hauptbahnhof zur Wies'n-Zeit wuseln beim Opener 'Suicide Penguin' die Musik-Stile durcheinander. QUEENsche Theatralik über PROCOL HARUM-Orgel trifft auf Metal-Gitarren und freakige Breaks, gefolgt von SOLEFALD'scher-"World-Metal"-Avantgarde, gepaart mit einem Schuss Slapstick. Das erinnert mich - nicht nur vom Albumtitel her - etwas an die polnischen Voll-Chaoten von ORANGE THE JUICE ("The Messiah Is Back") und wird mit 'Christmas Devil' sogar noch wilder. Musik an der Grenze zu Hörbarkeit also.
Doch danach passiert etwas Erstaunliches: entweder gewöhnen sich die Ohren an den Prog-Overkill oder die Truppe bekommt das Chaos tatsächlich sortiert. Auf jeden Fall wird die Musik von Stück zu Stück mitreißender, 'Avalanche Riders' - Lawinen-Reiter - ist dafür ein wirklich treffender Titel. Spätestens ab 'Misanthrope Puppet' drängt sich mir ein Vergleich mit einer Truppe auf, die es auch geschafft hat, ähnliche denkerische Grenzenlosigkeiten in wirklich großartig komponierte Musik münden zu lassen, und das sind die Dänen LISERSTILLE. Phasenweise erinnert der hohe, exaltierte Gesang sogar an Martin Byrialsen, wobei der Gesang bei SCHIZOID LLOYD jedoch grösstenteils mehrstimmig arrangiert ist.
Das jazzige Piano-Stück (CIVIL DEFIANCE lässt grüßen…) 'Film Noir Hero' ist der Übergang in die zweite Hälfte der Scheibe, die dann tatsächlich nur noch ein einziges Freudenfest für den progressiv Interessierten darstellt. 'Amphibian Seer' besticht durch genial-verschachtelte Satzgesänge und mündet unvermittelt in einen Reggae-Part, der mit verhallten Psychedelic-Gesängen unterlegt wird und sich langsam zum grandiosen Finale steigert. 'Cave Painter' ist dann ein schneller Techno-Thrash-Avantgarde-Metal-Song mit schrägen Orgeln, Saxophon und Weltraum-Gesang, 'Chicken Wing Swans' betont noch einmal die humoristische Note und hat gegen Ende ein paar unglaubliche Instrumental-Passagen zu bieten, die jeden Frickel-Freund zur Ekstase bringen wird.
Und dann kommen noch zwei Songs für die berühmte Jahres-Liste: 'Citizen Herd' ist in der ersten Hälfte ein Space-Prog-Epos, das Fans vom HAWKWIND, DAVID BOWIE und, ähem, LISERSTILLE gleichermaßen glücklich machen sollte. In der zweiten Hälfte folgt ein Instrumental-Part, der mich ungelogen ins Jahr 1992 zurückversetzt. Damals hat DREAM THEATER mit 'Metropolis Pt. I' meine Wahrnehmungs-Grenzen verschoben. Hier ist es nicht einmal so sehr die technische Erhabenheit, sondern das überbordende Übermaß an sich übereinander lagernden Tönen, das mich komplett flasht. Das Ganze geht dann in einen sehr ruhigen Part mit einer anrührendem Melodie auf der Oboe über, die zugleich die Überleitung zu 'Prodigal Son' darstellt: Klassische Konzertgitarre, Streicher und wieder diese schwelgerische Stimme lassen noch einmal die Gänsehaut anschwellen, bis der Song in einen Dreiviertel-Takt einschwenkt, mit dem man fröhlich zu einer Art französischem Chanson in Richtung Schluss-Akkord tanzen darf.
Schluss? Nein, der Profi fängt von vorne an. Wenn nämlich der Selbstmord-Pinguin, der Weihnachts-Teufel und Lawinen-Reiter auch noch Feuer fangen, wird das hier ne Zehn und mein persönlich legitimierter Nachfolger von "The Collibro". Wer nicht weiß, was das ist, darf googlen oder weiter oben in der Rezension nach Hinweisen suchen. Ich hoffe, das war noch nicht der letzte Ton in SCHIZOID LLOYDs großem Schaffen!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Thomas Becker