SENTENCED - The Funeral Album
Mehr über Sentenced
- Genre:
- Melancholic Metal
- Label:
- Century Media
- Release:
- 30.05.2005
- May Today Become The Day
- Ever-Frost
- We Are But Falling Leaves
- Her Last 5 Minutes
- Where Waters Fall Frozen
- Despair-Ridden Hearts
- Vengeance Is Mine
- A Long Way To Nowhere
- Consider Us Dead
- Lower The Flags
- Drain Me
- Karu
- End Of The Road
So, das war´s also. Aus und vorbei. Nach 15 Jahren gehen SENTENCED getrennter Wege. Trotzdem oder gerade deswegen haben die Finnen ihren Humor nicht verloren, denn welche Band würde sonst auf die Idee kommen, ihr letztes Werk "The Funeral Album" zu nennen. Ob es die richtige Entscheidung ist, wird uns die Zukunft zeigen. Doch zum letzten Mal bäumen sich die Depri-Rocker auf, um allen da draußen zu zeigen, mit wie viel Gefühl und Emotionen man Musik zelebrieren kann. Gerade aus diesem Grund ist eine "normale" Beurteilung dieses (und das ist wirklich nicht hoch gegriffen) Meisterwerks nicht möglich.
Mit 'May Today Become The Day' wird uns ein klassischer Opener wie zu besten "Down"- und "Frozen"-Zeiten um die Ohren geballert. Angefangen vom Bass über die Drums bis zu den einsetzenden Gitarren hat hier alles seinen Platz. Hinzu kommt der unnachahmliche Gesang von Ville Laihiala, der über die gesamte Albumdauer Akzente setzt.
Bei 'Ever-Frost' wird, was die Anfangsmelodie angeht, zwar frech vom schwedischen Pavarotti YNGWIE MALMSTEEN geklaut (man lausche mal in 'Icarus´ Dream Suite' vom "Rising Force"-Album rein), aber die Poleposition in den finnischen Charts spricht für die Qualität dieses Songs. Schon nach dem ersten Durchlauf bleibt das Stück wie Kaugummimasse im Ohr kleben. Mein persönliches Lieblingsstück ist jedoch 'We Are But Falling Leaves', wo Miika (g.) mit einem so gefühlvollen Solo glänzt, dass selbst Tote im Grab vor Freude mit der Zunge schalzen würden. 'Her Last 5 Minutes' (sarkastischer geht´s nemmer) hingegen kann mit verträumten Gitarren- und Pianoparts glänzen und lässt einem vor Freude die Trauertränen ins Auge schießen. Auch hier zaubert Miika ein Solo hin, das sich gewaschen hat. Das sind wahre Emotionen. Es gibt definitiv bessere Gitarristen, aber was Miika hier zelebriert, ist an Gefühl nicht zu toppen. Jeder Ton, jede Pause sitzt! Wer noch das Ausfaden des Stücks genießt, wird mit 'Where Waters Fall Frozen' auf dem falschen Fuß erwischt. Da wird geholpert und geknüppelt wie zu besten "North From Here"-Zeiten. Geht zwar nur eine Minute und ist (fast) rein instrumental, aber Zeit genug die Rübe zu schütteln hat man/frau allemal. 'Despair Ridden-Hearts' nimmt wieder das Tempo raus und ist mit seinem countrymäßigen Beginn das ungewöhnlichste Stück. Doch spätestens beim Refrain ist alles wieder beim Alten und es wird mächtig gerockt. Ich kann´s nicht oft genug betonen, doch Miika Tenkula gehört zu den unterbewertetsten Gitarristen überhaupt. Das stellt er auch hier wieder unter Beweis, denn seine Bandmates haben ihn von der Leine gelassen, damit er wie eine ausgehungerte Hyäne auf der Gitarre wütet. Bei 'Vengeance Is Mine' wird gleich von Anfang an gerockt. Das Stück hätte genauso gut auf dem "Down"-Album stehen können. Als Zuckerguss kommt in der Mitte des Songs ein Kinderchor hinzu, und wem hier nicht die Nackenhaare zu Berge stehen, dem ist emotional nicht mehr zu helfen. Am Ende wird auf einer Orgel noch die Melodie von 'Frère Jaques' gespielt. 'A Long Way To Nowhere' fährt im selben Fahrwasser und kann darüber hinaus mit einer genialen Gitarrenmelodie glänzen. Mit 'Consider Us Dead' auf der anderen Seite ist wieder ein Stück enthalten, das etwas wie eine Abschiedsmessage in sich trägt. Sowohl vom Text als auch von den Melodien her merkt man, dass die Band es ernst meint mit dem Split. Das Gitarrensolo verbreitet ein gewisses orientalisches Flair und geht dabei leicht in die 'Kashmir'-Ecke.
Dem gegenüber steht mit 'Lower The Flags' ein Stück, das so auch auf einem HIM-Album Platz gefunden hätte. Der Anfang mit dem Piano, der Refrain, die Drums: Alles so, wie man´s üblicherweise von der finnischen Boyband Nr. 1 kennt. Zwar kein schlechtes Stück, fällt im Vergleich zu den übrigen aber etwas ab. Auch 'Drain Me' fährt im selben Fahrwasser und hätte so auch auf der "Razorblade Romance" stehen können. Mit dem Akustikinstrumental 'Karu' wird dann das letzte Stück eingeleitet: 'End Of The Road'! Da haben sie sich den perfekten Song, der den Abschied so richtig gut in Musik und Texte umsetzt, bis zum Ende hin aufgehoben. Passenderweise kommen hier wieder die Kinderchöre zum Einsatz, und als ob das nicht genug wäre, passt das Lied perfekt in die Stimmungslage: Zu Beginn eher verhalten und sehr, sehr depressiv, doch spätestens in der Mitte, wenn es schneller wird, verirren sich ein paar Sonnenstrahlen auf die Beerdigung. Nach dem Ende des Lieds ist die Fangemeinde um einen Klassiker reicher und die Trauergemeinde um eine fabelhafte Band ärmer.
Fazit: Bis auf zwei HIM-mäßige Songs ein Meisterwerk! Ich weiß nicht, wie oft ich das Album mittlerweile gehört habe, doch immer wieder bin ich ergriffen. Kann man einer Band ein besseres Kompliment als dieses machen? Ich glaube nicht.
Anspieltipps: Ever-Frost, We Are But Falling Leaves, Her Last 5 Minutes, Consider Us Dead
- Redakteur:
- Tolga Karabagli