SETYøURSAILS - Bad Blood
Mehr über Setyøursails
- Genre:
- Metalcore / Post Hardcore
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 12.04.2024
- Bad Blood
- Best Of Me
- T.F.M.F.
- Halo
- Lately
- Dangerous
- Bad Company
- In My Head
- Heart Attack
- Eternally
Endlich mal wieder ein großartiges Metalcore-Album!
Wenn man bedenkt, wieviel Scheiben aus der Richtung Metalcore, Modern Metal oder Post-Hardcore in den letzten Jahren auf die potenziellen Hörer niedergeprasselt sind, dann muss man sich nicht schämen, wenn man aufgrund dieser Vielzahl an Wellen, mit zum Teil sehr generischeren Beiträgen, einfach mal die weiße Fahne hisst. Das ist absolut nachvollziehbar. Lieber eine ehrliche Aufgabe, statt einem qualvollen Untergang. Das sorgt nämlich nur dafür, dass man irgendwann den Geschmack an diesem Genre verliert. Und das wäre wirklich schade, denn es gibt immer mal wieder so richtige Leuchtfeuer, welche grade so Vielhörern wie mir, den Glauben an Metalcore zurückgeben. Die eben nicht nur generische Elemente aneinanderreihen, sondern wissen, welche Stellschrauben es braucht, um solche Songs auch langfristig unterhaltsam zu gestalten. Das bringt uns direkt zu SETYØURSAILS. Die Band brachte 2018 in Eigenregie ihr Album "Enough" heraus, welchem ich, ohne zu zögern auch die oben genannten Schwächen attestieren würde. Das ist nicht nett, wer will als Band schon lesen, dass ein Album eigentlich obsolet ist, aber ich bin mir relativ sicher, dass auch die Band das ähnlich sieht. Doch schon der Nachfolger "Nightfall" kam einem Quantensprung gleich. Zwar immer noch in bekannten Gewässern unterwegs, aber zumindest qualitativ deutlich verbessert und mit dem Mut versehen, viel mehr eigene Impulse zuzulassen. Nicht zu Unrecht räumte diese Platte auch ordentlich ab und verschaffte SETYØURSAILS direkt ein gewisses Standing in der Szene. Umso höher ist dann allerdings auch der Druck auf die entsprechenden Folgeveröffentlichungen.
Nun ist es endlich soweit und "Bad Blood" darf uns von seiner Qualität überzeugen. Was soll ich sagen – was für ein Abriss. Die Band hat abermals Anlauf genommen und haut uns direkt mal ein Brett von Album um die Ohren, welches in allen Belangen seinen starken Vorgänger übertrifft. Sicherlich haben sich Ohrwürmer, wie 'Why' oder 'Mirror' den Stammplatz in euren Playlisten hart erarbeitet, aber was Jule Mitch und ihre Jungs euch 2024 servieren, ist auf kompletter Laufzeit auf diesem Niveau. Soll heißen, es gibt wieder absolut großartige Refrains und Hooks zum Niederknien. Wenn es darum geht moderne Pop-Elemente homogen in den eigenen Sound zu integrieren, gibt es aktuell nur eine Handvoll Bands, die das so perfekt hinbekommen, wie die Kölner. Hört euch doch nur mal die beiden Referenztracks 'Best Of Me' oder 'Dangerous' an. Unabhängig von der Metalnote legen Künstler wie DUA LIPA oder SIA für ein solches Songmaterial die richtig dicken Beträge auf den Tresen. Das ist allerdings nur die Speerspitze der musikalischen Vielfältigkeit von "Bad Blood". Für einen Überohrwurm wie 'Bad Company' würden andere Bands ihre Seele verkaufen, 'T.F.M.F.' flirtet so ekstatisch und hochwertig mit dem Nu Metal der Jahrtausendwende, dass es eine wahre Freude ist und 'In My Head' liefert in unter drei Minuten einen Facettenreichtum, der in diesem Genre so nicht Standard ist. Wie geil ist denn bitte das Ende hergeleitet? Ganz starke Nummer.
Aber keine Bange. Auch wenn es mir definitiv die poppigen Elemente angetan haben, braucht sich niemand Gedanken zu machen, dass SETYØURSAILS jetzt plötzlich softer agieren würde. Im Gegenteil. Es wirkt fast so, als würde das neue Album genau dort ansetzen, wo "Nightfall" mit 'Fckoff' aufgehört hat (Das gelunge 'Shallow'-Cover klammern wir als Bonus quasi einmal aus). Der Titeltrack mit Gastsänger Adrian Estrella (ZEBRAHEAD) nimmt diesen Flow direkt auf, setzt ein brutales Statement und gibt auch gut die Eckpfeiler für die restlichen Songs vor. Klar, hatte der Vorgänger auch sowas wie 'Into The Storm' auf Lager, aber ich würde in Summe trotzdem sagen, dass "Bad Blood" noch etwas mehr Aggro aufs Parkett bringt. Und damit meine ich musikalisch, gesanglich und auch textlich. Das ganze Paket klingt nochmal deutlich wütender, frustrierter und angepisster als bisher. Ich kann nur vermuten, dass zumindest bei der Musik der Impuls der neuen Bandmitglieder Henrik Kellershohn (Schlagzeug) und Nicolai Hoch (Bass) hier etwas mehr Drive gegeben hat. Die Songs klingen in Summe einfach noch etwas kompakter und griffiger als in der Vergangenheit. Aber natürlich komme auch ich nicht drumherum diese Rezension zu beenden, ohne nochmal ausdrücklich Jules hervorzuheben. Wie sicher sie zwischen Screams und erstklassigen, melodischen Clean-Vocals pendelt, ist beeindruckend.
Somit fällt mir das Fazit auch ziemlich leicht: Absolute Kaufempfehlung. So sollte Metalcore klingen. Also besorgt euch die CD und/oder das Vinyl (allein schon wegen des großartigen Artworks). Und selbst wenn ihr mit physischen Medien nichts anfangen könnt, dann streamt gefälligst die Tracks, bis das Handy glüht und kauft euch die Tickets für die direkt startende erste Double-Headliner-Tour mit RISING INSANE. Das Package ist nämlich absurd großartig – glaubt ihr nicht? Dann wartet mal den 12.04 ab. Ich will im Sommer keine Klagen hören, dass ihr das verpasst habt.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal