SHAMBLEMATHS - Shamblemaths
Mehr über Shamblemaths
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Eigen (Just For Kicks)
- Conglomeration (Or: The Grand Pathetic Suite)
- A Failing Ember
- Stalker
Prog, der diesen Namen verdient!
Die norwegische Progszene bleibt eine absolute Wundertüte. Völlig unvorbereitet treffe ich auf das selbstbetitelte Album der Band SHAMBLEMATHS in meinem CD-Player. Die Herren Simen Ådnøy Ellingsen (so ziemlich alles) und Eirik Mathias Husum (Bass) zelebrieren vom ersten Augenblick an eine Zeitreise durch den Prog so elegant, wie ich es schon länger nicht mehr gehört habe. Einen Opener mit 27 Minuten Spieldauer kennt man sonst eigentlich nur von den Kollegen von TRANSATLANTIC, doch deren letztes Album kann nicht mit "Shamblemaths" mithalten. Das war jetzt kein Schreibfehler, die Altersmüdigkeit von "Kaleidoscope" sucht man bei den SHAMBLEMATHS nämlich vergeblich.
Stattdessen zaubert uns das um einige Gastmusiker angereicherte Duo einen wild zusammengesetzten Klangteppich um die Ohren, den man nicht so schnell verdaut hat. 'Conglomeration' besteht beispielsweise aus zehn Teilen, die jegliches Scheuklappentum auf die Schippe nehmen und demonstrieren, wie spannend Prog noch sein kann. Böse Geister behaupten ja, dass sich alle aktuellen Progbands auf den gleichen gemeinsamen Nenner berufen. YES, ELP, PINK FLOYD, KING CRIMSON ... - die Liste könnte ich jetzt eine Seite lang fortsetzen und mir auf die Schulter klopfen, weil ich genau die gleichen Alben im Regal stehen habe wie sämtliche Nachwuchs-Progger, die mit ihrer Musik versuchen, das Genre lebendig zu halten. Nur gibt es immer noch einen großen Unterschied zwischen generischem Retroprog, der aus lauter Versatzstücken und Zitaten besteht, und Bands wie dieser hier.
Leichtfüßig gespielter Jazzrock mit Anleihen, wie man sie von PANZERBALLETT kennt, steht hier neben neoklassischen Elementen. Nur dass Letzteres halt nicht wie eine MEKONG DELTA-Kopie klingt, sondern mit Satzgesang und folkigen Gitarren zu einer völlig eigenständigen Mischung heranreift. Die selbst auferlegte hohe Hürde, auch völlig abstruse Akkordfolgen, Spielereien und Epochen in einen kohärenten Song zu gießen, meistert die Band schließlich mit atemberaubender Souveränität. Ich habe beim ersten Hören zugegebenermaßen darauf gewartet, dass das Experiment baden geht und sich die Kreativität mit zahlreichen gesponnen roten Fäden selbst stranguliert, doch dieser Augenblick kam einfach nie.
Wie toll sind bitte die zahlreichen Nuancen der Arrangements, die den Keyboard-Klangteppich im ersten Longtrack innerhalb von Sekunden von "ELP" zu "Bruchtal im Herr-der-Ringe-Soundtrack" modulieren? Wenn man wirklich Anspruch als Qualitätsmerkmal von Musik postulieren möchte, dann besitzt "Shamblemaths" eine außerordentlich hohe Qualität. Hörvergnügen bei Erstkontakt und so viel Entdeckungspotenzial für weitere Durchläufe bietet kaum ein Progalbum, das mir in den letzten Monaten untergekommen ist.
Ernsthaft, Prog-Fans: Beschäftigt euch mit dieser Band! Wer weiß, wann Prog wieder so gut wird.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Nils Macher