SHINING (NOR) - Blackjazz
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2010
Mehr über Shining (NOR)
- Genre:
- Industrial/Progressive
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Indie Recordings/Soulfood
- Release:
- 02.02.2010
- The Madness And The Damage Done
- Fisheye
- Exit Sun
- Exit Sun
- Healter Skelter
- The Madness And The Damage Done
- Blackjazz Deathtrance
- Omen
- 21st Century Schizoid Man
GOTT, SEID IHR KRANK?!?!?!
"Armer Mensch, ach, musst du leiden, dich verdrehtester Gedanken hingeben und das Ungewollte als gewollt begreifen, das Hören als Höllenfahrt und das Fühlen als zutiefst dunkle Dreingabe des Gespielten hinnehmen."
Ähnlich würde vielleicht ein Adorno eine Rezension der neuen SHINING einleiten, verwirrt und aufgelöst über dir verwirrten und aufgelösten Songstrukturen auf dem neuesten Werk der Norweger. Dieses Monster hört passenderweise auf den Namen "Blackjazz" und ist mit Sicherheit vornehmlich eines: Ungewöhnlich.
"Vermittelnd zwischen Rock und all dem, was der geneigte und das Ungewöhnliche gewohnte Hörer dieser absonderlichen Teufelsmusik zu hören vermag, steht diese Musikgruppe für ein Experiment voller der Hybris zugeneigten Übertreibung: Es geht um das Spiel mit den Fäden der Marionette des Extremen, es geht um die Gratwanderung zwischen verkehrtem Hedonismus und der Schwere des Seins, kulminiert in einer verachtenden Weise der menschlichen Unzugänglichkeit."
Das, was die Band auf ihrem Vorgängeralbum "Grindstone" ausgemacht hat, also beispielsweise unglaublichen Variantenreichtum und eine erfreuliche Absage an etablierte Rockstilistika, vereint auch "Blackjazz" in sich. Doch während sich der Vorgänger mehr in die Siebziger orientiert hat und dabei wegweisende Bands wie VAN DER GRAAF GENERATOR oder JETHRO TULL zitiert, dabei immer um die Atmosphäre der Musik dieser Legenden bemüht, bewegt sich "Blackjazz" nicht nur auf deutlich verrückteren Wegen, sondern auch mehr in der Realität des amerikanischen, fetten Hard und Prog Rocks. Diese Attitüde kulminiert nicht zuletzt in einem abgedrehten KING-CRIMSON-Cover von '21st Century Schizoid Man'.
"Gleichsam der Betrachtung des Kreidefelsen Friedrichs, fällt der Hörer durch den Rahmen eines musikalischen Negativs in die Unendlichkeit des Minimals, denn nichts anderes bemüht diese skandinavische Hexerei aufs Äußerste: Den Verlust des Gewohnten in einem Meer der Einförmigkeit, scharf kontrastiert durch eine musikalische Chimäre, gebaut aus den Kreationen erhabener Rock- und Jazzmusiker, immer darauf bedacht, den Hörer von Moment zu Moment durch unerwartetes zu überraschen und – schließlich und schlussendlich – zu verstören."
Hätte Marylin Manson sich dafür entschieden, Jazz zu machen und nebenbei eine Schar ausserordentlich guter Musiker um sich zu scharen, so wäre wohl "Blackjazz" dabei herausgekommen. Die Gitarren sind häufig bis zu Unkenntlichkeit verfremdet, selten lassen sich die einzelnen Instrumente tatsächlich heraushören und zuordnen. So ergeben sich häufig Soundcollagen, die sich häufig recht schwer in Songstrukturen pressen lassen. Am ehesten unterscheidbar sind Passagen, in denen das "Blackjazz"-Monstrum entweder ruhig da liegt, seine Wunden leckt und alles in seiner Umgebung mit einem wirren Blick betrachtet, oder in rasender Wut alles um sich herum zerstört und auseinander reißt. Was fängt man nun also mit diesem Album an? Noch einmal Adorno, zum Schluss:
Fazit: "SHINING erschaffen eine künstlerische Tautologie, ein nicht zu fassendes, häufig in sich kreisendes Ergebnis, das die ein oder andere Redundanz leider nicht vermeiden kann. Natürlich, das Gesetz des Minimals diktiert den durchaus fähigen Musikern, dass sie sich allzu weit aus dem Prager Fenster lehnen dürfen, doch gerade die Unbändigkeit lässt den rasenden Roland stürzen. Denn häufig nimmt die Band ihren Hörer nicht mit auf diese Geisterbahnfahrt durch klangliche Abartigkeiten und erschafft etwas verstörendes, zuletzt aber nicht wegweisendes, etwas ungewöhnliches, zuletzt aber doch nicht mehr als eine Mutation. Und dennoch ist man geneigt, diese musikalischen Störgeräusche immer wieder auf des Messers Schneide tanzen zu lassen, denn das Uneröhrte will erhört werden, auf dem Scheideweg des Klangs zur Musik wird nun also vorgezogen die letzte Schlacht geschlagen und schließlich, ja, schließlich bleibt vor allem eines zurück: Der Respekt vor dem Mut dieser Klangkünstler, die Faszination, diese Dekonstruktion des Rocks und des Jazz in Reinkultur erleben zu dürfen."
Anspieltipps: The Madness and the Damage Done, Healter Skelter, Blackjazz Deathtrance
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer