SLEEP OF MONSTERS - II: Poison Garden
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2016
Mehr über Sleep Of Monsters
- Genre:
- Occult Rock / Gothic Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Svart Records
- Release:
- 03.06.2016
- Poison King
- Golden Bough
- The Art Of Passau
- Babes In The Abyss
- Beyond The Fields We Know
- The Devil And All His Works
- Our Dark Mother
- Foreign Armies East
- Land Of Nod
Im Garten des Lebens
Es ist vielleicht ein Zeichen unserer beschleunigten Zeiten und der gern und oft beklagten Veröffentlichungsflut, dass sich immer weniger Bands die Zeit nehmen, ihre Musik auch in ein sorgfältig ausgewähltes Gesamtpaket einzubetten, Texte, Image, Cover-Artwork und Booklet aufeinander abzustimmen und so ein in sich rundes Gesamtwerk abzuliefern. Die Ausnahmen werden - das ist die Ironie und vermutlich der Beweis, dass man sich gerade in der härteren Rockmusik gern rückwärts wendet und Traditionen frönt - mit einem Erfolg belohnt, der weit über die reine Qualität der Musik hinausgeht. Beispiele hierfür sind GHOST und in einem bescheideneren Rahmen ATLANTEAN KODEX.
Beide Bands sind teilweise nun auch Referenz für SLEEP OF MONSTERS und deren zweites Album "2: Poison Garden", die einen in musikalischer Hinsicht, die anderen eher in textlicher. Denn auf ihrem zweiten Album gehen die Finnen und Finninen konsequent den Weg fort, den sie auf dem starken Debüt "Produces Reason" vor nun auch schon drei Jahren einschlugen. Eine Mischung aus typisch finnischem Gothic Rock, gerna auch Death Rock genannt, irgendwo zwischen HIM, SENTENCED und den BABYLON WHORES mit etwas Psychedelik, Versatzstücken aus der Popmusik der 60er, 70er und 80er und ein extrem gutes Gespür für eingängige Rocksongs treffen hier zusammen.
Dabei sind die poppigen Elemente auf dem neuen Werk deutlicher unterstrichen, die großartigen Streicher- und Bläserarrangements zusammen mit dem weiblichen Backgroundchor verströmen eine Atmosphäre, wie sie GHOST oft anstrebt, aber nicht immer erreicht. Man höre nur das tieftraurige 'Foreign Armies East' oder das überragende 'Our Dark Mother'. Für den klassischeren Finnensound hingegen wäre 'The Art Of Passau' ein Paradebeispiel.
Diese Songtitel verraten bereits, dass wir es hier nicht mit einer gewöhnlichen Gothic Band zu tun haben, die auf Herzschmerz und ein wenig Satanismus setzt. Nein, Frontmann Ike hat nicht nur eine tolle Stimme, sondern auch ein Faible für Literatur, Okkultismus und obskure Themen. So finden wir Unverwundbarkeitszauber aus dem 16. Jahrhundert, James G. Frasers Thesen über den Priesterkönig von Nemi und Anspielungen an Joseph Campbell zusammen mit Referenzen an deutsche Märchen und Fantasyliteratur, ganz ähnlich, wie es die Oberpfälzer Epic-Metaller ATLANTEAN KODEX zu ihrem Markenzeichen gemacht haben. Musikalisch könnten beide Bands kaum weiter auseinanderliegen, doch als literarische Fundgrube kann es "Poison Garden" locker mit "The Golden Bough" aufnehmen und nicht ohne Grund gibt es hier einen Song gleichen Titels.
Somit hätten wir neun exzellente Kompositionen, die man ohne jedes Interesse an den Texten hören und genießen kann, aber eben auch eine Textwelt, in die man sich mindestens genauso vertiefen kann wie in die Musik von SLEEP OF MONSTERS. Doch ich sprach von allen Dimensionen und so kommen wir zum übergeordneten Konzept des Albums, das nicht umsonst "Poison Garden" heißt. Denn jedem Song ist eine Pflanze zugeordnet, die in Volksglauben oder Magie eine Bedeutung hat. Diese Pflanzen sind oft giftig und werden im Booklet in künstlerischer Weise dargestelt. Mistel, Siegwurz, Schierling, hier gibt es nochmal mehr zu entdecken, wenn man sich auf diese Reise begeben möchte und so haben wir insgesamt ein Album, das schier unerschöpfliche Freuden bereithält. Eine Meditation über das Verhältnis von Mensch und Natur, über den Kreislauf des Lebens, über alte Riten, magische Praxis und den Umgang mit dem Tod zugleich.
Doch - und das ist die größte Stärke von "Poison Garden" - man kann das alles ignorieren und 'Golden Bough', 'The Art Of Passau', 'Beyond The Fields We Know' oder 'Our Dark Mother' einfach hören und Spaß damit haben. Aufgeschlossene Fans jeglicher Rockmusik sollten daher unbedingt einen Spaziergang durch diesen Garten der Wunder und Wunderlichkeiten unternehmen, er lädt zum Verweilen ein und belohnt jeden weiteren Besuch.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Raphael Päbst