SOLITUDE AETURNUS - Into The Depths Of Sorrow
Mehr über Solitude Aeturnus
- Genre:
- Doom
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Roadracer Records
- Dawn Of Antiquity (A Return To Despair)
- Opaque Divinity
- Transcending Sentinels
- Dream Of Immortality
- Destiny Falls To Ruin
- White Ship
- Mirror Of Sorrow
- Where Angels Dare To Tread
Doom, doomer, SOLITUDE AETURNUS!
Heavy Metal aus dem Bundestaat Texas ist in den 80ern immer etwas Besonderes, denn die dortige Szene scheint beinahe jede Woche eine neue Undergroundperle ans Tageslicht zu befördern. In den meisten Fällen spielen die Bands eher verschachtelte Musik, zumeist etwas thrashig, manchmal auch eher episch und kraftvoll. Einen Ausnahmestatus hat die Band SOLITUDE um Gitarrist und Mainman John Perez inne, da man sich voll und ganz der Stilistik "Doom" verschrieben hat. Auch wenn John vorher bei solch interessanten Bands wie ROTTING CORPSE recht wüsten Thrash Metal fabriziert hat, gilt seine Leidenschaft den langsamen und erhabenen Riffs von BLACK SABBATH und CANDLEMASS. Und so verwundert es wenig, wenn die selbst komponierte Musik dann auch ohrenscheinlich an frühe CANDLEMASS-Alben erinnert, ohne diese zu kopieren. Ein wundervolles Demo namens "Justice For All" verschafft der Band, die sich aufgrund von Namensgleichheit in SOLITUDE AETURNUS umbenennt, nicht nur ihren bis heute ungebrochenen Kultstatus in der ganzen Heavy-Metal-Szene, sondern auch einen Deal mit King Classic Records, die das Teil später an Roadracer weiterreichen.
Aber ich möchte hier niemanden mit geschäftlichen Randnotizen langweilen und gehe lieber detaillierter auf "Into The Depths Of Sorrow" ein. Die sieben Songs, denen das dunkle Intro 'Dawn Of Antiquity' voran gestellt ist, bieten die beste Melange aus kraftvollen, ja majestätischen Riffs und feinfühliger Melodienverliebtheit, die man sich wünschen kann. Und das alles eingesungen von der wundervoll warmen Stimme des Augenverdrehers Robert Lowe. Natürlich hatten wir ihn damals alle noch nicht live erlebt, um zu wissen, wie eindrucksvoll seine Gabe ist, die offenen Augen auf das Augenweiße zu reduzieren, aber das war auch gar nicht notwendig, um sich an seiner Stimme zu ergötzen. Schon die ersten gesungenen Worte von 'Opaque Divinty' erzeugen eine Gänsehaut. Das ist eine Stimmgewalt, die vor Kraft und glockenreiner Klarheit nur so strotzt und die die musikalische Qualität der eh schon großartigen Nummern auf ein noch höheres Level hebt. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, in welcher Tonlage und mít welchem Volumen er singt. Sowohl in den tiefsten Tiefen, die er hin und wieder bedient, wie auch in den gemäßigten Höhen, sowohl mystisch flüsternd, wie auch lautstark missionierend, überzeugt Mister Lowe auf ganzer Länge.
Aber ich will das Album jetzt nicht auf die exzellente Gesangsleistung reduzieren. Denn, man kann es den vorherigen Zeilen eventuell entnehmen, auch die Musik allein fasziniert bis zum heutigen Tage an. Während das machtvolle 'Opaque Divinity' wie eine Dampfwalze mit schwerer Rhythmik das Album walzend einleitet und den Hörer auf schleppende Mystik vorbereitet, verzaubert das nachfolgende 'Transcending Sentinels' mit verspielter Melodik und akustischer Einleitung. Kein Dampf, noch weniger Walze. Erst nach zwei Minuten zersägen die knochenharten Riffs von Perez und seinem Sidekick Edgar Rivera dem Hörer die Ohrenrinde. Dazu doublebassed John Covington knüppeldicke Marmorblöcke zu Klump. Power Metal im Rückwärtsgang.
Aber es kommt ja noch viel besser, denn bei 'Dreams Of Immortality' ist der Titel Programm. Ein unsterblicher Song. Diese Art der Phrasierung von Rob ist mit der Zeit ein beinahe typisches Merkmal geworden. Mich erinnert es in seiner Eleganz immer an eine Schlange, die sich auf ihr Opfer zu bewegt und genau weiß, wann sie blitzschnell zupacken muss. Exakt so singt er hier: beschwörend und flüsternd, nur um im Chorus urplötzlich sein ganze Stimmgewalt auszubreiten und den Hörer völlig zu plätten. Dazu gibt es treibende, doppelläufige Riffs und flirrende Soli, die mich an die noch etwas göttlicheren PSYCHOTIC WALTZ erinnern. Das Wechselspiel des Tempos addiert sein Nötiges, um diesen Song als Klassiker in die Annalen des Doom Metal eingehen zu lassen.
Es folgt die Hitsingle des Albums. 'Destiny Falls To Ruin' ist mit einer herzzerreißenden Melodie ausgestattet, die mich schon beim ersten Vers die Nerven verlieren lässt. Die Leadgitarre, die im Hintergrund während des Gesanges traurig ihren Reigen spielt, klingt so schön, man möchte weinen. Damit dies nicht geschieht, wird in der Mitte urplötzlich das Tempo massiv erhöht und der Kopf kann kreisen. So macht man Spannungsbögen. Mit angespannter Nackenmuskulatur und geballter Kralle.
'Mirror Of Sorrow' ist dann der kleine Zwilling von 'Samarithan'. Nur von John Arch eingesungen. Wem da nicht das Herz aufgeht, der hat kein Verständnis für Musik. Was bei anderen Bands banal als Halballade betitelt werden würde, ist hier ein musikalischer Heiligenschein, der jede Dunkelheit erhellen kann. Ist also auch nicht unbedingt immer düster, diese Musik. Aber das nur am Rande.
Das abschließende 'Where Angels Dare To Tread' hat mit seiner Schlangenbeschwörermelodie dann auch wieder nur einen Zweck: Den Suchtfaktor nach diesem Album zu steigern. Getragen gräbt es sich in des Hörers Bewusstsein und verankert sich mit seiner hackenden Rhythmik und seiner einschmeichelnden Art auf Ewig dort. Und wenn Robert als letzte Zeile "Tread the angels and I …" singt, muss man unwiderruflich erneut auf "Play" drücken.
Jetzt habe ich einen Song ausgelassen. Das hat natürlich einen Grund. 'White Ship', so der Titel der Nummer, ist für mich einer der besten Doomsongs der Neuzeit. Da ich bei den anderen Kompositionen schon in den höchsten Tönen geschwärmt habe, müsste ich hier einfach mal genießerisch die Klappe halten. Das wäre aber nicht fair, denn dann könnte ich euch gar nicht mitteilen, dass die Gesangsmelodie in dieser Nummer noch(!) ergreifender ist als in den anderen Titeln. Ebenso wenig könnte ich euch dann berichten, dass dieser Song die beste Uptemposteigerung in einem Doomsong überhaupt inne hat. "On the white ship I sailed through the night" …. Die Passage danach ist einfach perfekt, rhythmisch beinahe rasant, versetzt mit unfassbar schönen Sologitarren und einer Hookline, die ich in 50 Jahren noch singen werde. "What was I looking for" singt Robert im Refrain. Die Antwort eines jeden Doomlunatics kann nur lauten: 'White Ship'.
Dieses wunderbare Album hat auch 20 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seinem Glanz verloren und zählt für mich zu den drei essentiellen Inseldoomscheiben.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Holger Andrae