SOLUTION. 45 - For Aeons Past
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2010
Mehr über Solution. 45
- Genre:
- Modern Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- AFM/Soulfood
- Release:
- 09.04.2010
- The Close Beyond
- Gravitational Lensing
- Through Night - Kingdomed Gates
- For Aeons Past
- Lethean Tears
- Bladed Vaults
- Wirethrone
- On Embered Fields Adust
- Into Shadow
- Clandestinity Now
Die neue Band um Christian Älvestam schenkt uns den logischen Nachfolger zu SCAR SYMMETRYs "Holographic Universe" und präsentiert den Ausnahmesänger so stark wie nie zuvor.
Für alle, die Christian Älvestam bei SCAR SYMMETRY schmerzlich vermissen und an deren letzten gemeinsamem Werk "Holographic Universe" immer noch ihre helle Freude haben, gibt es jetzt eine Lösung: SOLUTION .45. Ob die 45 dabei für die inzwischen erreichte Anzahl an Bands und Projekten steht, denen der schwedische Ausnahmesänger bereits seine Stimme lieh, oder der Bandname doch nur der Titel eines UNMOORED-Tracks (eine der Ex-Bands) ist, sei dahin gestellt. Fakt ist, dass das von Jani Stefanovic (gemeinsam mit Christian auch bei MISERATION) ins Leben gerufene Quintett ungefähr dort weitermacht, wo SCAR SYMMETRY in der alten Besetzung aufgehört haben: Mit progressiver, von Christian Älvestams klarem Gesang geprägter harter Musik, in denen die (übrigens zum Teil von DARK TRANQUILLITYs Mikael Stanne beigesteuerten) Growls stärker denn je eine eher Akzente setzende Nebenrolle spielen. Weiteres Namedropping erspare ich mir an dieser Stelle. Stellt euch einfach vor, dass jedes andere Bandmitglied noch mindestens eine weitere Combo am Start hat und neben dem auch für die Texte verantwortlichen Stanne noch x weitere unterbeschäftigte Gast-Musiker ihren Beitrag leisten. Typisch Schweden halt.
Eine gewisse Offenheit für "poppigen" Gesang sollte der scheuklappenfreie Hörer definitiv mitbringen. Als Belohnung gibt es dafür spannende Wechselgesänge, bestehend aus metallischer Wucht und hypermelodischen Melodien für Millionen, verpackt ins die besten Kompositionen, an denen Älvestam je beteiligt war. Doch hielten sich bei SCAR SYMMETRYs Melo-Death-Metal die Growls und der Klargesang noch in etwa die Waage, so dass man sich fast fragen musste, ob diese Stile nach einer gewissen Quote vergeben wurden, um das harte Image zu wahren, wagen SOLUTION .45 den Schritt in Richtung "ist doch egal, wie der singt, Hauptsache es ist songdienlich". Dass dadurch auch zwei lupenreine Balladen den Einzug in die Trackliste gefunden haben, ist verdammt gut so.
Der Opener 'The Close Beyond' steht noch eher in der Tradition von SCAR SYMMETRY (der Vergleich muss einfach immer wieder bemüht werden, zu stark ist Älvestams Stimme für mich mit der Formation verbunden), mit vertrackten Riffs, fiesen, teils zweistimmigen Rülpsern und glockenhellen, über allem dahinschwebenden Leadvocals. Bei 'Gravitational Lensing' kann man sich aber schon weitestgehend von dem abwechslungsreicher denn je klingenden hohen Gesang des Fronters davon tragen lassen. Sein sich in immer entrücktere Dimensionen hochschraubender Stimmbandeinsatz wirkt irgendwie befreit, so als habe er endlich die todesmetallischen Fesseln von sich werfen können. Dass auch die Instrumentalfraktion - allen voran das Gitarrenduo Jani Stefanovic und Tom Gardiner - nicht von schlechten Eltern ist, soll dabei nicht unerwähnt bleiben, und der von Tempowechseln nur so strotzende, mal von Blastbeats, mal von feinen Soli dominierte und von einer atmosphärischen Bridge durchkreuzte Aufbau ist ebenso technisch wie nachvollziehbar.
Gradlinig und im Refrain angenehm beschwingt hat 'Through Night - Kingdomed Gates' das Zeugs zum mitsingtauglichen Live-Kracher. Der ganz in der Göteborg-Traditon stehende Titeltrack ist der einzige, fast ausschließlich von Growls dominierte Wutbatzen, aus dem die handverlesenen clean vocals umso beschwörender hervorstechen. Das Kontrastprogramm hierzu findet man in der Feuerzeug-Schunkel-Ballade 'Leathen Tears', die dank superbem Klargesang und sanfter Dynamik nur ein klitzekleines bisschen kitschig ausfällt.
Etwas anstrengend ist das die Stimm-Extreme völlig ausreizende 'Bladed Vaults', welches trotz Mikael Stannes überzeugender Leistung eher eine verzichtbare Randnotiz bleibt. Diesen kleinen Lapsus gleich 'Wirethrone' jedoch gleich wieder aus, in dem sich einige der schönsten Gesanglinien der Platte ausmachen lassen. Der seltsam rhythmische Sprachfluss der Strophen ist eines Tony Kakko (SONATA ARCTICA) würdig und ergänzen sich herrlich mit dem Fäuste-in-die-Luft-reckenden, mächtigen Todesblei-Part.
Einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlässt das reichlich verzwickte 'On Embedded Fields Adust', das zunächst einen SAMAEL-Vibe in einen melancholischen Part übergehen lässt, danach aber etwas willkürlich die Geschwindigkeit variiert. Die psychedelischen Gitarren-Elemente und das akzentuierte Schlagzeug von Rolf Pilve reißen jedoch einiges wieder raus. 'Into Shadow' ist eine zwischen Drei- und Viervierteltakt pendelnde Gefühlswoge, mal kraftvoll, mal verträumt und ach so herzzerreißend. Toller Refrain, tolle Struktur, in dieser Power-Ballade stimmt einfach alles!
Und glaubt man am Ende, das Beste schon gehört zu haben, verlangen SOLUTION .45 mit dem 16(!)-Minuten-Rausschmeißer nochmals vollste Aufmerksamkeit. Nehmt alles Positive, was ich bisher geschrieben habe, schmeißt es in einen großen Topf und ihr könnt euch vielleicht vorstellen, was euch in diesem epischen Monster von einem Song erwartet. Die Schweden verarbeiten in 'Clandestinity Now' mehr Ideen, als andere Bands auf einem ganzen Album. Ganz groß!
Christian Älvestams Ex-Band wird sich hoffentlich in den Allerwertesten beißen, weil sie diese Stimmwundertüte hat gehen lassen. Der Glatzkopf zählt für mich spätestens jetzt zu dem Besten, was Schweden seit langem hervorgebracht hat, und dass sich im Land der Elche schnell eine ultra-talentierte Begleitband zusammentrommeln lässt, wird von SOLUTION .45 ein Mal mehr unter Beweis gestellt. Unbedingt Kaufen!
Anspieltipps: Gravitational Lensing, Leathen Tears, Wirethrone, Clandestinity Now
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Elke Huber