STRATOVARIUS - Nemesis
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2013
Mehr über Stratovarius
- Genre:
- Melodic Power Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Ear Music/Edel
- Release:
- 22.02.2013
- Abandon
- Unbreakable
- Stand My Ground
- Halcyon Days
- Fantasy
- Out Of The Fog
- Castles In The Air
- Dragons
- One Must Fall
- If The Story Is Over
- Nemesis
Die triumphale (Selbst)Krönung der Altmeister
Sie kamen, sahen, und siegten! Es besteht kein Zweifel mehr: STRATOVARIUS haben die Krisenjahre hinter sich gelassen, 2011 mit "Elysium" ihren Thron als Vorreiter des melodischen Powermetal zurückerkämpft und blasen nun zum Frontalangriff. Gleich zum Jahresbeginn legen die Skandinavier mit "Nemesis" ein Album vor, das vor Selbstbewusstsein und Kraft nur so strotzt und zugleich rockiger, geschlossener und epischer klingt als alles, was die Band veröffentlicht hat seit, seit... Ja, wirklich, seit "Visions", dem bisherigen musikalischen Höhepunkt ihres Schaffens aus dem Jahre 1997(!).
Man merkt "Nemesis" von der ersten Sekunde weg an, dass die Veteranen Timo Kotipelto und Jens Johansson sich mit ihren neuen Weggefährten blendend verstehen (zuletzt ging der langjährige Kesselklopper Jörg Michael in den Ruhestand und wurde – überzeugend! - vom kaum halb so alten Nachwuchstalent Rolf Pilve ersetzt) und die Ruhe, die seit Timo Tolkkis Abschied in die Truppe eingekehrt ist, Kräfte freisetzt und die Konzentration aufs Wesentliche ermöglicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass STRATOVARIUS seit ihrem 2009er Neustart "Polaris" mit jeder Veröffentlichung stärker wurden. "Nemesis" ist nun das vorläufige Highlight dieser Entwicklung: Ein musikalischer Triumphzug, gefüllt an den Rand mit knackigen Kompositionen und für den in diesem Bereich gleichförmige Durchschnittskost gewohnten Metalfan geradezu überfrachtet mit Ohrwürmern erster Güte.
Der Opener 'Abandon' und die Single 'Unbreakable' geben gleich zu Beginn mit hoher Schlagzahl die Richtung vor: Moderner, transparenter Sound, epische Hintergrundchöre, verspielte Keyboards, sattes Riffing, kraftvolles, unwiderstehliches Drumming. Und bei den Refrains entfalten STRATOVARIUS endgültig wieder die Magie früherer Tage. Vergessen sind das poppige 'Eagleheart' oder der schwer verdauliche 'Maniac Dance'. Auch bei den berauschenden Soli harmonieren Johansson und Kupiainen, als wär's nie anders gewesen - eine deutliche Steigerung zu den beiden Vorgängerplatten! Nach diesen beiden frischen, aber unverkennbar strato-typischen Nummern folgt mit 'Stand My Ground' gleich mal ein vorwärts preschendes Stück dreckigen, rotzigen Heavy Metals, mit einem ungewöhnlich wütenden Vers, der wiederum in einen geradezu erhabenen Chorus mündet. So klingt es, wenn die Geister der Vergangenheit besiegt wurden, die Nörgler mundtot gespielt, die Kritiker restlos überzeugt. Völlig befreit, losgelöst, enorm spielfreudig – ein Song wie das flotte, aufgedrehte 'Halcyon Days' etwa wäre auf den Veröffentlichungen nach "Infinite" überhaupt nicht vorstellbar gewesen, obwohl trotz elektronischer Spielereien in jeder Sekunde klar ist, wer hier am Ruder steht. STRATOVARIUS gelingt es zudem, erstmals seit langem wieder so etwas wie einen roten Faden quer durch ein gesamtes Album zu spannen: "Nemesis" liegt trotz der unbeschreiblichen Leichtigkeit, trotz eines unwiderstehlichen Vorwärtsdranges eine tendenziell ernste, streckenweise düstere Stimmung zu Grunde, die allen Songs der Platte gemein ist. Und so verbindet sich das rockige, melodiös-verträumte 'Fantasy' zum Beispiel auf geheimnisvolle Weise mit dem trotzigen 'Out Of The Fog', welches wiederum überzeugend in einen der vielen Höhepunkte des Albums mündet: 'Castles In The Air' beginnt zunächst mit einem ungewöhnlichen Klavier-Intro, überrollt den Hörer jedoch alsbald mit majestätischen Chören und einem Refrain voller Tragik und Grimm. Auch eine Ballade ist wieder am Start, und 'If The Story Is Over' steht einem 'Winter Skies' oder 'Coming Home' in nichts nach: Bezaubernde, ergreifende Gänsehaut-Melodien, Timo Kotipelto in Bestform, und wie zuvor umschifft die Truppe auch hier gekonnt die Klippen des Kitsches, an welchen diverse Kapellen des melodischen Power Metal (einschließlich STRATOVARIUS selbst) bereits wiederholt Schiffbruch erlitten haben. Der Titeltrack 'Nemesis' krönt schließlich dieses Glanzstück metallischer Musik und lässt das Album erhaben und nachdenklich verklingen.
Hand aufs Herz: Würden nicht gelegentlich der vermehrte Einsatz spaciger Keyboard-Klänge an den Nervenenden knabbern, und hätten nicht hier und da die Veröffentlichungen artverwandter Kollegen offensichtlich für so manche Melodie Pate gestanden (AVANTASIA sind bei 'Abandon' unüberhörbar, sowie – köstlicher Zufall - RHAPSODY im Refrain von 'Dragons'), würde "Nemesis" zweifelsohne an einer 10er-Wertung kratzen. Doch auch so fegen STRATOVARIUS die Konkurrenz namens SONATA ARCTICA und Konsorten, welche die Veteranen in den 00er Jahren vorübergehend überholt hatten, mit Leichtigkeit beiseite. "Nemesis" ist moderner melodischer Metal allererster Güte, eine musikalische Standortbestimmung die sich gewaschen hat. STRATOVARIUS sind im 21. Jahrhundert angekommen, frischer, moderner und stärker als ich es mir je hätte träumen lassen. Absoluter Pflichtkauf!
Anspieltipps: Castles In The Air, Nemesis, If The Story Is Over, Stand My Ground
Mehr zu diesem Album:
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Timon Krause