STYX SHIPPING SOCIETY, THE - Auf aschegrauen Straßen
Mehr über Styx Shipping Society, The
- Genre:
- Dark Metal / Modern Rock
- ∅-Note:
- 7.75
- Label:
- EIgenproduktion
- Release:
- 18.04.2014
- Aschegrau - So lang die Füße tragen
- Entmenscht - Am Totenbett einer Zivilisation
- "Ich sah sie tobend sterben..."
- Doppelglas - Fragmente eines blauen Traumes
- "Was ist wenn es nicht mehr weiter geht?"
Ein nihilistisches Konzept in schroffe Kälte gegossen, und doch mit herrlichem Groove!
Oha, da hat sich aber einiges getan bei der Gesellschaft der unterweltlichen Schiffleute. Hatte der Black Metal auf der Debüt-EP noch eine ordentliche punkrockige Schlagseite, so fanden sich auf dem ersten vollständigen Studioalbum vor zwei Jahren deutlich experimentellere Ansätze, die sich dieses Mal noch verstärken. Die neue EP - erneut eine sehr schön aufgemachte Eigenpressung - gibt sich sehr stylish. Das programmatisch aschgraue Artwork, die poetischen Ansätze, die Kurzzitate aus den deutschsprachigen Lyrics, die nicht vollständig abgedruckt sind, die gut verständliche Stimme zwischen Knurren und Raunen, die klar und theatralischen gesprochenen Passagen, wie etwa beim großartigen und unglaublich intensiven 'Entmenscht', wo Patrick Gottfried ein bittere Anklage spricht, über die tote Richter nicht mehr urteilen können... ja, Leute, "Auf aschegrauen Straßen" wirkt viel ernsthafter, kälter, trister und desillusionierter, als sich die Band bisher jemals gegeben hat.
Daher braucht diese knapp halbstündige EP auch einige Zeit, bevor sie von Durchlauf zu Durchlauf mehr zündet. Bei mir hat es einige Monate gedauert, diese Ästhetik dieser schroffen, abweisende Garstigkeit genießen zu lernen, doch inzwischen packt mich auch diese EP auf ganzer Linie, wobei mein absolutes Highlight in jedem Fall das mittig positionierte 'Ich sah sie tobend sterben...' ist, dessen Knochen zermalmender Groove direkt ins Genick geht. Danach wirkt 'Doppelglas' im Intro fast fragil, und - wie könnte es anders sein - gläsern, doch mit Einsetzen des ersten Hauptriffs, das sich nordisch-schleppend nach vorne schiebt und von leicht folkig angehauchten Leads flankiert wird, hält auch hier die Schwärze und die Unnahbarkeit Einzug in den blauen Traum. Die Härte und Akzentuierung der Anschläge ist eine wahre Freude, und auch hier gilt: Lass dich fallen, und du kannst die Intensität der Musik körperlich spüren.
Wahrlich, ich sage euch, es dauerte letztlich bis zu dem Tage als ich anfing, diese Zeilen zu tippen, dass sich mir die EP komplett erschloss. Lange empfand ich die neue S.S.S. als unnahbar und fremdartig, doch jetzt und heute brechen die Dämme, und der Styx tritt über die Ufer, spült mich weg; gerade auch im ambienten Finale, das mich musikalisch und kompositorisch an WONGRAVEN erinnert, und den grenzenlosen Nihilismus des Konzepts auf die Spitze treibt. Ja, Kameraden, wäre die Neue Deutsche Härte gute Musik, und vor allem wahrer Stahl, dann müsste sie im Endeffekt genau so klingen wie THE STYX SHIPPING SOCIETY anno 2014. Tut sie aber nicht, und daher bleiben wir bei Bands, die es wirklich verstehen, harte deutsche Lyrik in harte, kalte und doch packende Musik zu kleiden.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle