SUN CAGED - Sun Caged
Mehr über Sun Caged
- Genre:
- Prog
- Label:
- Lion Music / Alive
- Release:
- 22.10.2003
- Sedation
- Sun Caged
- Home
- Soil
- Hollow
- Closing In
- The Eighth Day
- Secrets Of Flight
- Unchanging
Obwohl dies das Debütalbum der fünf Holländer darstellt, kommt es mir so vor als wären SUN CAGED alte Bekannte. Und so wird es wohl vielen Freunden progressiver Klänge gehen, denn diese Truppe geistert schon seit 1999 durch die Szene. Mit den drei abgefeierten Demos sowie durch umjubelte Support-Auftritte für QUEENSRYCHE und VANDENPLAS waren sie in aller Munde. Spätestens seit ihrem Aufspielen beim europäischen Prog-Power-Festival 2002 zählen SUN CAGED zu den interessantesten Newcomern auf dem Frickel-Sektor. Ein Album war eigentlich nur eine Frage der Zeit.
Diese ist nun gekommen, denn Lion Music haben sich der Band angenommen und erfreuen die Menschheit jetzt mit dem hier vorliegenden Silberling. Überzeugt schon das ansprechende, etwas an Travis-Smith-Arbeiten-erinnernde Artwork, so bin ich bereits nach wenigen Takten des Openers 'Sedation' völlig aus dem Häuschen. Mit dem fetten, aber gleichzeitig warmen Sound im Rücken, den der Keyboarder Joost van den Broek zusammen mit Arjen Lucassen (AYREON,STAR ONE) hingezaubert hat, jagt der Fünfling hier so ein musikalisches Feuerwerk hoch, dass man sich unweigerlich fragt, warum es so lange gedauert hat bis SUN CAGED einen Deal in der Tasche hatten. Die Jungs schaffen es mit spielerischer Leichtfüßigkeit, die komplexesten Songstrukturen in harmonische Melodien einzubetten. So entsteht ein wohliges Feeling beim Anhören, das ein unweigerliches Bedürfnis nach erneutem Hören hervorruft. Ohne die Band jetzt musikalisch mit DREAM THEATER vergleichen zu wollen, kann ich nur sagen, dass in diesem Album mindestens soviel Potential steckt (musikalisch wie auch kommerziell) wie in den amerikanischen "Brothers-In-Frickel".
Es macht einfach einen Höllenspaß - oder aber es ist ein himmlisches Vergnügen, je nach religiöser Ausrichtung - immer tiefer in vertrackt-abgehobene Nummern wie 'The Eighth Day' oder 'Home' einzudringen. Das Zusammenspiel von Gitarrist Marcel Coenen, der vormals schon bei LEMUR VOICE zu überzeugen wusste, und Tastendrücker Joost van den Broek ergibt ein herrlich homogenes Song-Gewebe, das mal fett und heavy in der Magengegend drückt oder mal sanft verspielt Gänse häutet. Im Hintergrund agiert eine Rhythmussektion, die wahrscheinlich noch mit verbundenen Augen CYNIC- oder ATHEIST-Songs spielen kann. Rob van der Loo, zuständig für vier- bis fünfsaitige tieftönende Dynamik, und Dennis Leeflang , auch schon mal bei WITHIN TEMPTATION tätig, pulsieren durch die neun facettenreichen Kompositionen dermaßen aufeinander abgestimmt, dass jeder, der nicht zumindest seine Füßchen wippend in Bewegung setzt, ohne Rhythmusgefühl zu leben scheint. Beileid übrigens.
Über allem jodelt Andre Vuurboom mit seiner kraftvollen, recht hohen Stimme, die aber zum Glück nur sehr selten in höchste Höhen abdriftet und selbst dort nicht an den Nerven des Hörers zerrt. Zumeist agiert der gute Mann aber in - für Normalsterbliche – erträglicheren Stimmlagen und passt sich exzellent den Stimmungen der Songs an. Auch in den nicht wenigen ruhigen Momenten, wie im jazzigen Mittelteil von 'Secrets Of Flight', touchiert er behutsam die Gehörgänge seiner Anhänger, während er beim modernen 'Soil' mit aggressiven Schreien überzeugen kann.
Bevor ich jetzt abschließe, muss ich unweigerlich noch einmal auf das extrem faszinierende Keyboardspiel eingehen. Es ist schier unglaublich, mit welcher Soundvielfalt Joost van den Broek immer wieder und überall kleine Nuancen zu setzen vermag. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Scheibe jetzt schon gehört habe, aber immer noch entdecke ich an allen Ecken überraschende Effekte, die teils gar zum Schmunzeln anregen – soviel dazu, dass progressive Musik ausschließlich kopfgesteuert sei. Im Falle SUN CAGED habe ich diesen Eindruck zumindest nicht, diese Musik kommt aus dem Bauch und geht auch dort wieder hin und trotzdem wird man niemals satt davon. Ein exzellenter Appetizer, der jetzt schon als Prog-Album des Jahres durchs Ziel gehen wird – und ja, ich weiß, dass ein DREAM THEATER-Werk noch ansteht!
Ich denke mal, resümierende Worte kann ich mir jetzt schenken, oder?
Anspieltipps: Sedation, Sun Caged, Home, Soil, Hollow, Closing In, The Eighth Day, Secrets Of Flight, Unchanging
- Redakteur:
- Holger Andrae