SUNNO))) - Black One
Mehr über Sunno)))
- Genre:
- Drone Metal
- Label:
- Southern Lord
- Release:
- 07.11.2005
- Sin Nanna
- It Took The Night To Believe
- Cursed Realms (Of The Winterdemons)
- Orthodox Caveman
- Candle Goat
- Cry For The Weeper
- Bathory Erzsébet
Sie zerfetzen, reißen die Haut in Stücken vom Körper ihrer Hörer, pumpen das Blut ihrer unglücklichen Fans ab und werfen ihre Organe einzeln den Hunden zum Fraß vor - ganz, ganz langsam. Solche verkopften Bilder entstehen, wenn die Lautstärke bei der neuen Scheibe von SUNNO))) bis zum Anschlag aufgedreht ist, sich die ultratiefen Bässe langsam wie Präzisionsbohrer in die Magengrube einfräsen und die kranken Organe der beiden "Sänger" Wrest und Malefic dazu anfangen, böse-wispernd zu krächzen. Ja, diese Platte ist böse. Und finster. "Black One" klingt ungefähr so, wie das Booklet aussieht, das unter anderem zwölf gänzlich schwarze Seiten enthält, an deren unterem Außenrand ein kunstvoll verschnörkeltes umgedrehtes Kreuz prangt. Tiefschwarze Musik also, definitiv nicht für den Alltag oder eine nette Autofahrt geeignet - doch wer sich darauf einlässt, kann berückende Erfahrungen machen, vielleicht sogar in der Nacht Albträume von "KnickKnack, dem Tablettenmann" schwitzend überleben.
SUNNO))) sind keine leichte Kost. Ihr Musikstil nennt sich Drone Metal, weil der Terminus Doom Metal einen Rhythmus implizieren würde, den es so auf "Black One" nicht gibt. Eher "spielen" die Amerikaner mit einer nervenzerfetzenden Art von Soundcollagen, die sich langsam ins Hirn wühlen, sich als langhallender Ton festsetzen und schließlich den Verstand fliehen lassen. Einzelne Songs in diesem fast 70 Minuten andauernden Geräuschkosmos zu beschreiben ist unmöglich: Es ertönt eine Neudefinition von Leere und Endlosigkeit, verzerrte Gitarreneinsprengel, kehlige Beschwörungsformeln, der dumpfe Klang einer Friedhofsglocke - und eben die allumfassende Kraft der Sub-Bässe von SUNNO))). Das Ergebnis klingt klaustrophobisch, misanthropisch, apokalyptisch, die gesamte Palette negativer Energien vereint sich in einem Instrument, dem Bass, der so zentnerschwer erdrückend klingt, als wolle er die gesamte Menschheit unter sich begraben.
SUNNO))) sind mit Abstand das negativste Stück Musik, dass es derzeit zu kaufen gibt. Im Februar und März kommen sie live nach Deutschland. Zu der Friedhofsreise bringen sie ihre Drone-Freunde von EARTH mit, die in ihre "Musik" noch ein wenig "Spiel mir das Lied vom Tod"-Feeling à la Ennio Morricone integrieren. In Köln, Dresden und Hamburg spielt das Tiefton-Duo - und in der bestuhlten Volksbühne in Berlin. Dort können sich die Fans dann in ihre Theatersessel fallen lassen, sich zudröhnen lassen und dabei genüsslich spüren, wie ihre Gedärme langsam von SUNNO))) nach außen gestülpt werden. Als besonderes Irrsinns-Schmankerl kommen an dem Tag in der Hauptstadt sogar noch SHIT & SHINE vorbei, die mit einem Riff, einem Beat sowie einem Song auftreten und dazu zwei Bässe samt fünf bis zehn Schlagzeugern verwenden: Eine künstlerisch interessantere Extreme-Tour dürfte es in diesem Jahr kaum geben, nichts klingt so furchtbar - und dennoch so verlockend.
Denn die abartige Stimmung auf "Black One" ist eine gefährliche Droge, beißt sie sich fest, irgendwann gibt es kein Entkommen mehr - und verlangt die Sucht nach der Live-Darbietung des Grauens. Wie es nach dem Konzert weitergeht? Keine Ahnung. Solche Gedanken sind erst später dran. Jetzt zählt nur die Gegenwart, der bedrohliche Bass, die fiesen Klimpertöne im Hintergrund. Die Erkenntnis entspringt, dass wenn ein meisterhafter Horror-Autor wie H. P. Lovecraft diese Band gekannt hätte, er ihr sicherlich auch verfallen wäre. Denn seine Vision der fürchterlichen "Großen Alten" um Cthulhu hat mit SUNNO))) einen würdigen akustischen Unterbau erhalten, ebenso alle anderen Albträume, die mit ihrem morbiden Charakter faszinieren. "Black One" ist verstörend, erschreckend und unheimlich ehrfurchtsgebietend zugleich; ist wie die gleißende Supernova einer Sonne, ist die anziehende Finsternis eines schwarzen Lochs, ist die kalte Endlosigkeit des Weltraums; ist das bösartige Funkeln im Auge von H. R. Gigers "Alien", ist das leise Atmen des "Texas Chainsaw Massacre"-Killers auf der Suche nach seinen nächsten Opfern, ist das blutige Schmatzen des Kannibalen Hannibal Lecter über seinen Leichen; SUNNO))) ist jener tiefe Sound, den unsere geheimsten Ängste haben.
Anspieltipps: Ewig malträtierendes Gesamtkunstwerk
- Redakteur:
- Henri Kramer