TAMBOURS DU BRONX - Corros
Mehr über Tambours Du Bronx
- Genre:
- Ambient Post Rock/ Rock/ Experimentell/ Elektronik/
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- AT(h)ome
- Release:
- 25.09.2015
- Corvus Christi
- Dies Irae
- Aside
- Human Smile
- Orient
- Eureka
- Go Fast
- Crazy noise
- Halloween
- Erotica
- Arolium
- Lost
- Nacao
- Clockwork
- Schizomania
- Kaiowas
- War3.0
- Arbeit
- La Rap
- Tchi Tchi
- Cadence22
- Sangria Si!
- La Caravane
- Until The End Of...
- Happy Hour
- Sameth
- Sur Le Fil
- Groovy Time
- Organic
Industrial mal anders
Ich bin ja immer gerne für experimentelle Musik zu haben. Wenn ich besagte Musik auch schon als Live-Set zusammen mit SEPULTURA genießen durfte, sie nach einer Mischung aus Tribal und Industrial klingt und das wichtigste Instrument das Schlagzeug ist, dann können sich meine Kollegen und Kolleginnen sicher sein, dass mir die Lieder gefallen werden. Und so verwundert es mich nicht, dass ich schon ab der ersten Minute zunächst hin und weg bin. Aber nicht so voreilig. Fangen wir nochmal ganz von vorne an: Tambours du Wer? TAMBOURS DU BRONX!
So nennt sich das ca. 20 Mann starke Ensemble, welches sich Ende der 80er Jahre in einer kleinen französischen Stadt zusammenfand. Der Name der Band wurde aufgrund der Ähnlichkeiten der Kleinstadt mit dem gleichnamigen Viertel in New York gewählt. Seit den 90ern geht TAMBOURS DU BRONX weltweit auf Tournee und überzeugt durch ekstatische Shows, eine mitreißende Performance und berauschende Lieder. Heiße Rhythmen, laszive Frauengesänge, einschüchternde Männer-Chöre und ein unwiderstehlicher Beat, bei welchem man nicht still sitzen kann, machen nicht nur einen Konzertbesuch zu einem absoluten Highlight, sondern auch das bloße Hören der CD zuhause. Die Lieder sind kraftvoll und schnell, so dass der Zuhörer regelrecht mitfühlen, wie der Puls im Laufe des Liedes und des Albums immer schneller wird.
Selbst beim Schreiben fällt es mir schwer, still sitzen zu bleiben und mich auf die Rezension zu konzentrieren. Das Werk startet langsam und episch nach einem kurzen, leicht disharmonischen, instrumentalen Intro mit 'Dies Irae'. Die Songs sind neben den Trommeln, welche aus 250-Liter Benzinfässern bestehen und mit Axt-Stielen behauen werden, mit künstlich generierten Sounds unterlegt, wie Elektro-Klängen und synthetischen Geigen, Blasinstrumenten, Didgeridoos, orientalischen Instrumenten und Bässen. Als einen weiteren Beweis für die Kreativität der Band werden einige der Stücke von ein oder mehreren Gesangsstimmen begleitet. So gibt es immer wieder Chor- oder auch Opern ähnliche Gesänge, welche das Hörerlebnis bereichern. Das passend benannte Lied 'Orient' hört sich an wie ein Märchen aus tausend und einer Nacht: Indische Tablas und Sitars, zarte Streichinstrumente und ein Rhythmus aus einem fernen Land. Bilder von bunten Märkten, fremden Gewürzen und anmutig tanzenden Wesen formieren sich in meinem Kopf. Allerdings werden diese Assoziationen schon in 'Eureka' wieder verdrängt. Apokalyptische, dissonante und verzerrte elektronische Klänge, von futuristischer Technik erzeugt, bereiten erst so richtig auf 'Go Fast' und 'Crazy Noise' vor. Die beiden anschließenden Lieder sind prall gefüllt mit schnellen, tiefen Tönen, die sich sehr hektisch überschlagen, Unruhe verbreiten und irgendwie meinem Ohr nicht so ganz gefallen wollen. Zwischendurch klingt es sogar so, als würden Flugzeugturbinen starten und der Synthesizer Überstunden machen. Das wirkt denn doch ein wenig überladen. 'Helloween', 'Erotica' und 'Arolium' klingen leider ähnlich und strapazieren zwischendurch denn doch ein wenig meine Nerven. 'Lost' dagegen ist dann wieder langsamer, sphärischer und wirkt bei weitem nicht so manieristisch. Mit 'Clockwork' hat TAMBOURS DU BRONX dann ein Stück kreiert, was durch und durch als Industrial bezeichnet werden kann. Industrieklänge kombiniert mit Maschinengeräuschen, untermalt von einer elektronischen Melodie und garniert mit einem Titel, der die misslichen Arbeitsbedingungen der Industrialisierung anprangert. Dieses Lied braucht sich vor den Großen der Szene nicht zu verstecken. Danach geht es wenig verstörender weiter, denn 'Schizomania' bietet nun noch zusätzlich zu vielen der vorher genannten Aspekte auch Tiergeräusche und Stromgitarren.
Die erste CD schließt mit 'War' ab, das ebenfalls sehr hart und leicht konfus wirkt. Die zweite CD startet dann mit dem Lied 'Arbeit', in welchem über die gesamte Länge ein Geräusch zu hören ist, welches mich an eine laut tickende Uhr erinnert. Dies ist zwar thematisch sehr passend, macht mich aber beim Zuhören furchtbar nervös. 'Le Rap' bietet dann, wie der Name vermuten lässt, französischen Sprechgesang. Allerdings sind es nur wenige kurze Sätze, welche auf 1:45 Minuten verteilt werden. Das ist denn doch ganz schön kurz. 'Until The End Of...' klingt wie ein Industrieventilator, gepaart mit einer Motorsäge und einem schreienden Bauarbeiter. Das ist jetzt irgendwie zu wenig greifbar und ich habe das Gefühl, dass die Art der Musik nach hinten raus immer abstrakter und uncharmanter wird. Mittlerweile bin ich bei Lied 26 angekommen, und dieses Lied, 'Sameth' unterscheidet sich kaum von anderen Liedern, geht allerdings auch nur 2:23 Minuten; eine für diese CD typische Durchschnitts-Länge. Zum Schluß stelle ich noch fest, dass 'Groovy Time' nicht groovy ist und dass 'Organic' genauso klingt, wie groovy, und nicht so, wie das, was ich mir unter dem Namen vorgestellt habe: Den vertonten organischen Gedanken des Jugendstils; blumig, filigran und verschnörkelt.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass "Coros" mich doch ziemlich spaltet: Auf der einen Seite sind großartige Kompositionen dabei, wie 'Dies Irae' und 'Orient', bei welchen die Musiker zeigen können, was alles Kreatives mit dieer Art von Instrumenten möglich ist. Dann wiederum enttäuscht das Album ein wenig, wenn viele Lieder sehr ähnlich klingen, und auch vielversprechende Namen, die das Potenzial hätten, sich vom Durchschnitt abzusetzen, wieder nach dem gleichen Schema konstruiert wurden. Ich persönlich bin selbst kein Musiker, aber der Meinung, dass es durchaus noch ein wenig experimentierfreudiger sein darf, denn die Stärken der Band liegen definitiv bei den ruhigen, etwas epischeren und instrumentaleren Liedern. Der Anfang des Albums lässt auf Großes hoffen und macht durchaus sehr viel Spaß. Vielleicht hätten die knapp dreißig Lieder à zweieinhalb Minuten besser in 15 Lieder à fünf Minuten umgewandelt werden sollen. Live macht TAMBOURS DU BRONX eine Menge Spaß und man sollte sich diese Erfahrung auf keinen Fall entgehen lassen. Auf CD sollten sich die Franzosen aber noch ein wenig abwechselungsreicher präsentieren.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Yvonne Heines