07.03.2018 | 20:17
Wer? "Space prog pop noise rock trio which will change your perception of how a modern rock trio sounds!" - Achso.
PRIMUS kloppt mit Mike Pattons FANTOMAS und BIFFY CLYRO Skat und eine betrunkene MUSE torkelt um den Tisch herum, den der schüchterne Franzose von MARS RED SKY nicht aus seinem traurigen Blick läßt. Sie spielen an diesem Plastiktisch das Spiel "Wer kann besser Math Rock?" - "Wer kann die meisten Wendungen?" Oder auch: "Wer kann am meisten nerven?" Der Gewinner darf die Kroaten von THEM MOOSE RUSH als Vorband einladen. Die französischen Zartstoner MARS RED SKY und auch die Indiegiganten MUSE sind mit dabei, weil sie die außergewöhnlich flexible Singstimme von Nikola Runjavec magisch angelockt hat.
So oder so ungefähr stelle ich mir die Szenerie vor, die das hibbelige Trio vom Balkan letztendlich auf den Plan ruft. Erst einmal flugs den Hut gezückt vor den wilden und noch ungehörten Tönen, die da aus der Gitarre fließen. Das ist wunderbar, verzückend verrückt und erweitert die weite weite Welt der Saiten um noch ein paar gespielte Ideen mehr. Danke dafür. Der Preis dafür ist, dass die Stücke der Kroaten nach einiger Zeit in sich zerfallen, durchdrehen oder implodieren. Das wiederum ist schwerer zu ertragen als so manche Vorgängermusik, verlangt Geduld und den Willen, "Don't Pick Your Noise" eine zweite oder vierte Chance zu geben. Einiges zündet auf dem Album und bleibt heiß.
Das zuvordere 'Voodoo Stones' ist ein schicker Einstieg mit Mitsummcharakter, locker und erwartungsvoll vorgetragen.
'Dumadu Honey' wartet mit einem Monsterriff auf, dass sich in keiner Nische so richtig wohlfühlt, schon eher bei den netten Stonerrockern. Dann, mit einem Kreischen schläft es ein und das Stück dimmert so seinem Ende entgegen. Unerklärlich. 'Sea Quince' hat mit dem Trio MUSE zu tief in das Glas geguckt. Die folgenden beiden Stücke gehören auch eher in die Kategorie "Uninspiriert". Technisch handwerklich natürlich gut, aber unentzündlich.
Und als schon fast der Glaube verloren ward, kann 'Lethal Dose Of Pretty' wieder an Fahrt aufnehmen, Interesse wecken und eine merkwürdige Reise durch eine bekloppte Musikwelt antreten. Da fahr ich gern mit. Alles drin. 'Anoie' lockt einen naiven Postrock in einen Hinterhalt, um ihn danach lustvoll zu beschimpfen und fortzujagen. Gelungen! Und man ahnt es: jetzt, wo sich die drei Musiker warm gespielt haben dürften, folgt ein proggiges 'Dreydribble'. Ein ZickZack-Läufer, der vor allem seine Gitarre weitläufig um sich schwingt.
Mit
'Radio Violence' ereilt uns der zweite Ohrwurm nach dem allerersten, in dem vor allem auch das Händchen für einen eingängigeren Songentwurf zu bemerken ist. Gehört in eben jedes frische Radioprogramm. Bischen hymnisch gar. 'Nevermind Openmind' ist das Pubertier des Albums: es weiß gar nicht, wo es hin will. Aber es jammert. "Ist ok, wir kriegen das schon hin. Aber bitte lass Deine Wutausbrüche!" Zum Abschluss gibt es noch mit 'Whim' einen dann sehr erwachsenen Song, der sich schön in die vorhandene Fläche ausdehnt. Da kommt mir das erste formidable AMPLIFIER-Album in den Sinn. Also viele Namen, viele Wendungen, eine sehr interessante Band. Und alles andere als langweilig.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben