THERAPY? - A Brief Crack Of Light
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2012
Mehr über Therapy?
- Genre:
- Punk Rock
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Blast Records (H'ART)
- Release:
- 17.02.2012
- Living In The Shadow Of A Terrible Thing
- Plague Ball
- Marlow
- Before You, With You, After You
- The Buzzing
- Get Your Dead Hand Off My Shoulder
- Ghost Trio
- Why Turbulence
- Stark Raving Sane
- Ecclesiastes
Ein überwiegend anstrengendes, nervenaufreibendes und schwer zugängliches Album mit eigenwilliger, mechanisch-kühler Atmosphäre.
Ob den Nordiren ihr eigener großer Schatten namens "Troublegum" gefällt oder nicht - es ist nun mal ebendieses Album, an welches man zwangsläufig denkt, wenn der Name THERAPY? fällt. Dabei ist das Teil eigentlich eher der kommerzielle Ausreißer und nicht gerade die stilistische Blaupause des Bandschaffens. Dazu waren sie eh stets zu vielseitig unterwegs. Unangepasst sind sie in gewissem Maße sicher auch und haben sich ihre Sache eben nicht leicht gemacht und nicht auf den maximal möglichen Erfolg geschielt. Auch "A Brief Crack Of Light" ist zu keiner Sekunde eine Kopie irgendeiner anderen erfolgreicheren Band. Eigentlich beste Voraussetzungen für ein spannendes Nischenalbum von ein paar alten Haudegen, oder nicht?
Denn THERAPY? sind nun mal keine Band, die sich selbst kopiert. Wäre man in der Spur des 1994er Erfolgsalbums "Troublegum" geblieben - wer weiß, ob man nicht einen ähnlichen Status wie GREEN DAY und Konsorten (und ein ähnliches Level an Langweiligkeit und Vorhersehbarkeit) erreicht hätte. Aber das war THERAPY?s Sache nicht und irgendwie macht es die Band ja auch sympathisch, dass sie sich häufig neu erfindet und unkonventionelle Wege beschreitet. Allerdings gibt es gerade auch auf dem aktuellen Silberteller immer wieder experimentelle Versuche, die sich als recht durchwachsen erweisen. Die straighte Eingängigkeit vergangener Tage wird immer mehr zu den Akten gelegt. Egal, ob man jetzt am Industrial, Elektro oder Noise schnuppert, die Songstrukturen wirken häufig undurchsichtig und steril, zäh wie Lava wälzt sich ein kantiger Koloss durch die Botanik. Dazu kommen immer wieder sehr hektische Passagen - Eingängiges wird kaum auf den Hörer losgelassen. Da lässt ein Song wie 'Before You, With You, After You' schon aufhorchen, da hier das kühle stakkatoartige Geriffe mit einem ebensolchen eingängigen Refrain kombiniert wird.
Man muss THERAPY? also auf jeden Fall bescheinigen, dass sie originelle und sehr vielseitige Mucke verzapfen - und das abschließende 'Ecclesiastes' ist eine wirklich überraschende Nummer, ganz anders als der Rest mit verzerrtem Gesang und einem wunderbar eigenwilligen Charme - doch macht man es mit der kaum vorhandenen Zugänglichkeit und einem teilweise chaotischen Grundtenor der Songs dem Hörer alles andere als leicht. Jetzt muss natürlich jeder selber entscheiden, mit welcher Seite von THERAPY? sie/er besser klar kommt, auf alle Fälle aber sollte man "A Brief Crack Of Light" mit Offenheit und Geduld begegnen, und darauf gefasst sein, dass es Facetten im Sound der Briten gibt, mit denen man sich schwer tun könnte. Bei mir sind es Nummern wie das vollkommen wirre, kreischige 'The Buzzing' oder das mit minimalistischer Kühle heranfegende 'Get Your Dead Hand Off My Shoulder', die mich völlig ratlos zurücklassen (möglicherweise ja sogar eine von der Band beabsichtigte Reaktion) - zumindest fällt es schwer, in dem mechanisch-atonalen Geschepper so etwas wie Struktur zu erkennen. Und da mir das insgesamt auch nach etlichen Durchläufen zu häufig auf dem Album so geht, kann (auch wenn ich es versucht habe) kein positiver Gesamteindruck entstehen.
Der Albumtitel ist erneut einem klassischen Zitat entlehnt - beim Vorgänger "Crooked Timber" war es Kant, hier ist es Vladimir Nabokov mit "Das Leben ist nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten des Dunkels". Und tatsächlich passt der Albumtitel wie die Faust auf's Auge, wenn auch im negativen Sinne: ein paar lichten Augenblicken ('Living In The Shadow Of A Terrible Thing', 'Before You, With You, After You', 'Ecclesiastes') steht nämlich leider einiges an Schatten (der überwiegend zähflüssige, angestrengte Rest) gegenüber.
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer