THERION - Leviathan II
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2022
Mehr über Therion
- Genre:
- Gothic / Symphonic Rock / Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 28.10.2022
- Aeon of Maat
- Litany Of The Fallen
- Alchemy Of The Soul
- Lunar Coloured Fields
- Lucifuge Rofocale
- Marijin Min Nar
- Hades And Elysium
- Midnight Star
- Cavern Cold As Ice
- Codex Gigas
- Pazuzu
- Aeon of Maat (Alternative Vocals Version)
- Pazuzu (AOR Version)
THERION plays classical THERION - symphonisch verzauberte Déjà vu-Effekte
Beginnen wir mit einem Allgemeinplatz: THERION ist eine wirklich einzigartige Band. Mastermind Christofer Johnsson hat sein künstlerisches Baby durch viele Dekaden, Besetzungen und Musikstile geführt ohne jemals diese Aura der Einzigartigkeit und der Magie zu verlieren. THERION versetzt die Hörenden in einen seltsamen Schwebezustand, der sich irgendwo zwischen dem klassischen Zirkuszauber und der naturreligiösen Kraft der Mystik einpendelt, wenn man denn bereit ist sich in die Musik fallen zu lassen. Zuletzt gelang das mit dem wahrhaft epischen und uferlosen Monumentalwerk "Beloved Antichrist" (2018), das symphonisch-progressiven Melodic Metal im Richard-Wagner-Breitwand-Format zelebrierte. Trotzdem höre ich persönlich auch anno domini 2022 die Göttlichkeiten aus der Zeit der Jahrtausendwende, wie "Vovin" (1998) oder "Secrets Of The Runes" (2001), immer noch am liebsten und am häufigsten. Mit der aktuellen "Leviathan"-Trilogie will Meister Johnsson nun wieder an diese glorreichen Zeiten anknüpfen, statt wie auf "Les Fleurs Du Mal" (2012) mit französischen Chansons zu irritieren. Klingt zunächst mal wie ein guter Vorsatz - Songs wie 'Polichinelle' sind bei France Gall halt doch besser aufgehoben.
Wie bereits auf dem ersten Teil im vergangenen Jahr deutlich wurde, scheint die Zeit der wilden Experimente bei THERION nun tatsächlich erstmal vorbei zu sein. Auch "Leviathan II" serviert uns leicht verdaulichen, hymnischen Symphonic Metal, der wunderbar zum kühlen Feierabend-Weißwein mundet. Natürlich ist das musikalische Niveau insgesamt hoch, die Gesangsmelodien sind wunderbar ausbalanciert und verführerisch. Vom Klangbild her fühle ich mich eher an "Lemuria" und "Sirius B" zurück erinnert; die edle Leichtigkeit dominiert über das erhabene sakrale Element, das "Vovin" zum Beispiel auszeichnete. Nach einigen Durchläufen kommt man zu dem wohlwollenden Schluss: "Ja, eine schöne Platte. Kann man gut anhören!" Fragt sich nur, ob das in der Tat der neue Anspruch von THERION sein soll?
Johnsson wird in den Beipackzetteln zu den "Leviathan"-Scheiben zitiert mit der Aussage, dass er nach all der kompromisslosen Selbstverwirklichung der letzten Jahre seinen Fans endlich mal wieder das geben wolle, was sie sich wohl eigentlich von THERION erwarten. Ich bin angesichts dieser Aussagen immer noch zwiegespalten. War es nicht gerade das Unberechenbare und Verrückte, das ich an dieser Band so mochte? Will ich wirklich ausgerechnet von THERION Alben hören, auf denen man die eigene, kommerziell durchaus erfolgreiche, mittlere Vergangenheit zelebriert? Wie gesagt, ich komme zu keiner endgültigen Entscheidung. Somit bleibt mir nur noch etwas konkreter auf die Musik von "Leviathan II" einzugehen.
Hervorstechendes Merkmal der Scheibe insgesamt ist, dass zwar alles sehr gefällig und hübsch und nostalgisch gezuckert daher kommt, aber kaum irgend etwas so richtig im Ohr und im Hirn hängen bleibt. Und wenn, dann sind es Passagen und Melodien, die man doch so oder so ähnlich schon mal auf früheren Alben der Band gehört hat. Somit schwer zu entscheiden, ob das Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis-Phänomene sind. Ich hätte mir jedenfalls gewünscht, dass die Gitarren etwas mehr Raum einnehmen auf "Leviathan II", stellenweise ist das Klangbild doch arg glatt und geschmeidig. Songs heraus zu heben fällt wirklich schwer, vielleicht könnte ich die dramaturgisch wertvollen Theater-Metal-Momente wie 'Lucifuge Rofocale' oder 'Marijin Min Nar' nennen. Ab und zu wird es dann aber auch etwas banal, wie in 'Alchemy Of The Soul'.
Ich weiß, dass jetzt noch ein Fazit fehlt, aber letztlich gibt es eigentlich keines. Wir haben es hier mit einem schönen "THERION plays Classical THERION"-Album zu tun, das keinem weh tut und jede Menge vorzeigbare Musik enthält. Ein wesentlicher Teil der Musikgeschichte wird "Levianthan II" allerdings sicher nicht. Letztlich muss jede(r) selbst entscheiden, ob man dieses Album wirklich haben will oder lieber die alten Klassiker noch mal wieder rauskramt. Ich persönlich tendiere trotz den guten Wertung zu Letzterem.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Martin van der Laan