THIN LIZZY - Vagabonds Of The Western World
Mehr über Thin Lizzy
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Universal
- Release:
- 18.06.1991
- Mama Nature Said
- The Hero And The Madman
- Slow Blues
- The Rocker
- Vagabonds Of The Western World
- Little Girl In Bloom
- Gonna Creep Up On You
- A SOng For While I'm Away
- Whisky In The Jar
- Black Boys On The Corner
- Randolph's Tango
- Broken Dreams
Schon damals wertvoll.
Das dritte Album von THIN LIZZY ist das Erste, auf welchem die Band, die damals noch als Trio aktiv ist, sich von ihren Blues- und Folkwurzeln löst und auf einigen Songs beginnt, mit hartem Rock zu kokettieren. Erst ein Jahr später, also 1974, erscheint mit "Nightlife" das erste Hardrock-Album der Band. Das erste Album mit zwei Gitarristen. So hören wir auf "Vagabonds Of The Western World" noch die Urbesetzung, zu der neben Bassist und Sänger Phil Lynott natürlich dessen treuester Weggefährte bis zum Schluss Brian Downey am Schlagzeug und Gitarrist Eric Bell gehört. Ein einzelner Gitarrist kann schwerlich doppelläufige Leads und Harmonien spielen, sodass die frühe Phase der dünnen Lizzy etwas anders klingt als man es von den bekannten Hits gewohnt ist.
Ist die gebotene Musik deshalb schlechter? Das mag im Auge beziehungsweise in den Ohren des Zuhörers liegen. Fakt ist: Der charismatische Gesang von Mister Lynott ist gerade in der Frühphase sehr prägnant und sorgt bei mir für zentimeterdicke Gänsehaut. Man lausche nur einmal andächtig 'The Hero And The Madman'. Eine Nummer, bei der wohl nicht nur ich inhaltliche Parallelen zu ROSE TATTOOs 'The Butcher And Fast Eddie' hören werde. Man fühlt sich sofort mitten im Geschehen und ist völlig gespannt, wie die Geschichte ausgehen wird. Ein Zustand, der sich bei jedem erneuten Anhören wiederholt. Wunderbar.
Aber dies natürlich nicht der einzige Song, der herausragend klingt. Über 'The Rocker' muss ich nicht viele Worte machen. Der Song gehört bis zuletzt zum Standard eines jeden LIZZY-Konzertes und markiert den harten Höhepunkt dieses Frühwerkes. Das war für damalige Verhältnisse schon ein recht heftiger Song. Völlig genial ist hierbei übrigens der permanent pumpende Bass von Phil, der vor allem während des superben Solos von Eric konsequent die Löcher zustopft. Ein aus meiner Sicht völlig übersehenes Highlight ist der grandiose Titelsong mit seiner irischen Melodieführung und seinem galoppierenden Rhythmus, der sofort mitreißt. Diese Nummer zeigt die Band schon in dieser Phase in absoluter Hochform, auch ohne einen zweiten Gitarristen. Man hat beinahe den Eindruck, dass die drei Musiker sich die Seele aus dem Leib spielen. Lynott und Bell ergänzen sich wunderbar, sodass ich nicht auf die Idee kommen würde, nach einem weiteren Saitenschwinger oder nach einer Kurskorrektur zu rufen. Gut, wir alle wissen, dass beides kurz darauf eintrat und wir wissen ebenfalls, dass die Band auf späteren Alben noch besser klingt. Aber das macht dieses Album hier ja nicht schlechter.
Auch das grollende 'Gonna Creep Up On You' hätte ich mir in späteren Livesets gewünscht, kracht Eric hier doch mit sägender Klampfe aus den Boxen, während Downey wie ein Wirbelwind schon damals mit ungeheurer Leichtigkeit über sein Instrument huscht. Gleiches gilt auch für den fulminanten Opener 'Mama Nature Said', bei welchem eine aggressive Slide-Gitarre für den nötigen Drive sorgt. Ach, weich sind diese Nummern übrigens auch nicht.
Dieses Attribut kann man allerdings der gefühlvollen Wunderballade 'A Song For While I'm Away' ans Revers heften. Das ist eine dieser Gänsehaut-Romanzen, die Frauenherzen schmelzen lässt. Phil hat in diesen Momenten aber auch ein halbes Pfund Kreide im Mund und klingt so sanft, man bekommt automatisch Pfützen im Auge. Schön von Celli unterlegt, ist man versucht "Kitsch" zu schreiben, aber wer die Balladen aus dem Hause Lynott kennt, der weiß, dass diese Emotionen viel zu authentisch dargeboten werden, um diesen Begriff zu rechtfertigen.
Ebenso getragen ist das verträumte 'Little Girl In Bloom'. Ohne dass musikalisch viel in der Nummer passiert, ist es ein weiters Mal Phils unwiderstehliche Stimme, die den Zuhörer fasziniert. Balsam für die Ohren.
Die vier Bonusstücke meiner Version resultieren aus den beiden Singles, die zum Alben erschienen. Über "Whisky In The Jar" muss ich nichts schreiben. Das war der erste große Hit der Band. Bis heute ein Klassiker. Völlig zu Recht übrigens. Dessen Flipside hört auf den Namen 'Black Boys In The Corner' und man könnte bei dem Titel auf etwas Autobiografisches von Mister Lynott tippen. Musikalisch haben wir es hier erneut mit einer zackigen Uptemponummer zu tun, die ein wenig an das tolle 'Massacre' erinnert. 'Randolph's Tango' ist dann so eine luftig-leichte Hüftschwung-Nummer, wie man sie immer wieder von THIN LIZZY zu hören bekommt. Schon in diesem frühen Stadium ist es für Lynott völlig selbstverständlich, so eine komplett untypische Tanznummer aufzunehmen und sich damit nicht zu blamieren. Allein für das schmalzige "Uh-lalala" Gesinge würde jede andere Band ausgelacht werden. Hier klingt es stimmig. Umso düstere kommt Randolph's B-Seite um die Ecke. 'Broken Dreams' ist ein schwermütiger Blues. Phils' Organ klingt kehlig und nicht nüchtern – um es mal vorsichtig zu schreiben – verleiht dieser Nummer aber erneut genau die richtige Stimmung.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Holger Andrae