THIS AIN'T LIFE - The Worst Second
Mehr über This Ain't Life
- Genre:
- Hardcore/ Punk/ Metalcore
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Aural Attack
- Release:
- 22.02.2013
- Intro
- Friend/Threat
- Never Found
- Pieces
- Slow It Down
- Revolution
- The Worst Second
- A Reckless Dream
- Same Mistake
- Mickey And Mallory
- Outro
Beinahe eine echte Hardcore-Revolution
Oft kommt es ja nicht vor, dass es Hardcore-Bands aus deutschen Gefilden ernsthaft mit den Szenegrößen aus Übersee aufnehmen können. THIS AIN’T LIFE aus Wuppertal sind eine solche Band, und sie verdienen entsprechend hohe Beachtung. Ihr Debütalbum "The Worst Second" zitiert nicht nur MADBALL, HATEBREED und Konsorten, sondern erschafft eine sehr dynamische, moderne Hardcore-Mixtur mit metallischen Einflüssen, die zahlreiche andere Veröffentlichungen, welche ebenfalls mit dem Ziel angetreten sind, die Szene aufzumischen, verblüffend souverän in den Schatten stellt. Allerdings unterläuft der Band dabei meiner Meinung nach ein etwas ärgerlicher Kunstfehler.
Doch eins nach dem anderen: Der musikalische Schwerpunkt des bemerkenswert routiniert aufspielenden Fünfers liegt ganz klar auf klassischem straight-to-your-face-Hardcore, jedoch ohne dass dabei ausschließlich 0815-Upbeat-Gedresche praktiziert würde. Diverse Tempo- und Rhythmuswechsel, metallisches Riffing sowie Punkrock- und Deathcore-Elemente lockern die Grundrezeptur auf, die aber stets dem Nährboden der Szene verhaftet bleibt (auf die einzige Ausnahme kommen wir gleich noch zu sprechen). Hierbei liefert die Instrumental- und insbesondere die Rhythmusfraktion ganz hervorragende Arbeit ab: Ohne überflüssige Schnörkel wird ein abwechslungsreiches Gerüst aufgebaut, quasi ein goldener Mittelweg eröffnet, zwischen eindeutiger Bekenntnis zu den Wurzeln und ambitionierter Weiterentwicklung dieser an sich recht limitierten musikalischen Grundausrichtung. Zudem mischen THIS AIN’T LIFE in puncto Schreigesang in der höchsten Spielklasse mit: Kein heiseres Gegröhle, kein nölendes Gekeife – was Sänger Roman hier abliefert, ist gewaltig, markerschütternd, von enormer Präsenz, schlicht eine der besten Hardcore-Gesangsleistungen seit Jahren. Wahnsinn! Und somit findet sich auf "The Worst Second" eine ebenso kurzweilige wie extrem spannende Newschool-Hardcoreattacke. Beispiele gefällig? 'Friend/Threat' eröffnet den Reigen vergleichsweise verhalten mit einem melodiösen Riff, geht anschließend über in einen getragenen Moshcore-Vers, und wird schließlich in einem hymnischen Hardcore-Refrain zerlegt. 'Revolution' beginnt in stampfender HATEBREED-Manier, gefolgt von einem herrlich unwiderstehlichen, punkigen Vers, der wiederum in einen getragenen Metalpart mit Gänsehaut-Gitarrenmelodien mündet – all dies garniert mit Romans orgiastischem Geschrei. Und an weiteren Highlights besteht kein Mangel: 'Same Mistake' bietet Metalcore-Gitarrenbretter, einen in coolem Offbeat gedroschenen Vers, fiese Tempowechsel und ein fettes, modernes Thrash-/Hardcore-Ende, wie es einst SEPCYS zelebrierten. Eine Reminiszenz an die Punkgrößen der 80er und 90er ist dagegen das eingängige 'Mickey And Mallory', wobei THIS AIN’T LIFE sich treu bleiben und es nicht bei Zitaten belassen, sondern der ganzen Nummer einfach noch einen deftigen Tritt in den Allerwertesten verpassen. Großes Kino!
Das strahlende Gesamtpaket erhält leider, wie eingangs erwähnt, einen unnötigen Dämpfer: Es ist mir persönlich unerklärlich, wieso die Truppe es für nötig hielt, diese hochexplosive Mischung hier und da durch Popcore-ähnlichen Klargesang zu verwässern. 'The Worst Second' beispielsweise könnte eine überragende, kompromisslos brutale Metalcore-Nummer sein, würde nicht ein Standard-Emo-Refrain das ganze dunkle Luftschloss zum Einsturz bringen. Oder 'A Reckless Dream', ein übles Deathcore-Geschütz, dessen bösartige Stimmung, getragen von abartigen Shouts, vorübergehend von einem belanglosen, gesungenen Chorus verscheucht wird (ehe das vernichtende Ende den Hörer wieder versöhnlich stimmt). Natürlich liegt es mir fern, irgendwelche naseweisen Ratschläge zu erteilen – aber alles andere was THIS AIN’T LIFE hier praktizieren, ist dermaßen souverän und überragend, dass ich einfach keine Erklärungen für diese künstlerischen Fehlgriff finden kann. Ich spreche nicht vom stimmigen Oldschool-Gang-Chorus bei 'Never Found', nicht von der coolen Punkrock-Gesangseinlage bei 'Mickey And Mallory' – daran gibt es nichts auszusetzen, und ich bemängele auch gar nicht grundsätzlich die Qualität des Klargesangs. Abwechslungsreich ist die Musik der Band jedoch auch ohne Mainstream-Anbiederung, und wenn bei einer derart aggressiven Gangart schon cleane Metalcore-Refrains eingebaut werden, dann doch bitte mit mehr Schleifpapier in der Stimme. Niemand kann mir weismachen, dass ein Sänger, der für solch bestialische Shouts verantwortlich zeichnet, dazu nicht in der Lage wäre.
Aber sei’s drum. Im Großen und Ganzen liefern THIS AIN’T LIFE eine verdammt starke Performance auf ihrem Debütalbum ab, die insbesondere durch ihre ebenso intelligenten wie zweckmäßigen, ebenso traditionellen wie modernen Arrangements und durch eine überragende Hardcore-Schreistimme glänzt. Nur die teilweise aufgesetzt wirkenden Klargesangseinlagen trüben das Gesamtbild in meinen Augen. Ich plädiere dafür, künftig harmlose Standardrefrains der Kindergartenabteilung von A DAY TO REMEMBER, STORY OF THE YEAR & Co. zu überlassen, und sich auf die explosive Mixtur zu konzentrieren, die "The Worst Second" bereits jetzt zu einer erfreulichen Überraschung und einem fortschrittlichen Hardcore-Highlight des Jahres 2013 macht. Bitte mehr davon!
Anspieltipps: Revolution, Mickey And Mallory, Same Mistake, Slow It Down
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause