THRICE - The Alchemy Index Vols. III & IV: Air & Earth
Mehr über Thrice
- Genre:
- Progressive Pop
- Label:
- Vagrant/Rough Trade
- Release:
- 18.04.2008
- Broken Lungs
- The Sky Is Falling
- A Song For Milly Michaelson
- Daedalus
- As The Crow Flies
- Silver Wings
- Moving Mountains
- Digging My Own Grave
- The Earth Isn't Humming
- The Lion And The Wolf
- Come All You Weary
- Child Of Dust
"Well you know I hardly speak / And when I do, it's just for you / I haven't said a word in weeks / Because they've been keeping me from you / But there's a way when there's a will / You know I got no need for stairs / So step out on the windowsill, and fall with me into the air" - so lauten die ersten Zeilen des wunderbaren 'A Song For Milly Michaelson'. Und damit kleidet Sänger Dustin Kensrue nicht nur die Stimmung des dritten "The Alchemy Index"-Kapitels in Worte, sondern umschreibt auch den Grundgedanken des gesamten EP-Projekts über die vier Elemente: Man wird an die Hand genommen und eingeladen, sich ganz auf die grenzenlose Musik und die poetischen Texte einzulassen, zuzuhören und mitzudenken. Lösungen werden dabei nicht präsentiert, THRICE sind selbst nur Beobachter.
Dass der Irvine-Vierer seinen Weg entschlossen zu Ende geht, ist beruhigend. Aber wer die Teile eins und zwei gehört hat, konnte mit nichts anderem rechnen. Beide enthalten keinen überflüssigen Schritt, keinen faulen Kompromiss und keinen Hinweis auf Schludrigkeit. Ohne Netz und doppelten Boden schwingen sich die Jungs nach dem "Water"-Abschnitt für die dritte Etappe nun in die Höhe, um letztlich auf der Erde anzukommen. Der Hörer sucht während dieses Rundflugs nach Begriffen, die Songs wie 'Broken Lungs', 'Daedalus', 'As The Crow Flies' oder 'Silver Wings' angemessen beschreiben. Fündig wird er nicht. "Melancholisch", "ätherisch" oder "in Gedanken versunken" kratzen nur an der Oberfläche und können die Sprachlosigkeit nicht überwinden.
Nach dem "Air"-Leuchten, das auch den letzten Winkel des Innersten mit Licht flutet, ist die Ursprünglichkeit, die "Earth" ausstrahlt, notwendig, um sich wieder zu sammeln. Amerikanische Singer/Songwriter-Akustikgitarren-Musik ist zwar die denkbar schlechteste Wahl, wenn ein phänomenales Album würdig abgeschlossen werden soll, aber bei THRICE geht nichts daneben. 'Moving Mountains', 'Digging My Own Grave', 'The Lion And The Wolf' und 'The Earth Isn't Humming' (ein Cover der Dissonanz-Coreler FRODUS) lassen im Kopf das Bild einer Bar entstehen, in der Jim Jarmusch Tom Waits gegenübersitzt und ihm erklärt, dass nicht er, sondern Kensrue den Soundtrack für seinen nächsten Film schreiben wird. Waits stutzt, wehrt sich nach 'Child Of Dust' jedoch nicht mehr gegen diese Entscheidung. Wie könnte er auch? Der Song endet wie jede Final-Nummer der drei Vorgänger: mit einem Zweizeiler, der so unbeschreiblich traurig vorgetragen wird, dass man kurzzeitig erstarrt. "Now safe beneath their wisdom and their feet / Here I will teach you truly how to sleep". Ende oder Anfang? Das bleibt unbeantwortet.
"The Alchemy Index" ist eine aufrichtige Huldigung an die Musik, eine Wanderung durch verschiedene Klanglandschaften, ein aufrüttelndes und makelloses Gesamtkunstwerk jenseits aller Genrehürden, ein ebenso nachdenklich stimmendes wie ermutigendes und erfüllendes Erlebnis. Eine Platte für Grübler und Zweifler? Nein, eine Platte für jedermann. Das Leben in Tönen.
- Redakteur:
- Oliver Schneider