THRICE - The Alchemy Index Vols. I & II: Fire & Water
Mehr über Thrice
- Genre:
- Rock
- Label:
- Vagrant / Rough Trade
- Release:
- 09.11.2007
- Firebreather
- The Messenger
- Backdraft
- The Arsonist
- Burn The Fleet
- The Flame Deluge
- Digital Sea
- Open Water
- Lost Continent
- Night Diving
- The Whaler
- Kings Upon The Main
Wie vertont man die vier Elemente? Wie klingt Erde, wie klingt Luft? Ist das eine womöglich ruhiger als das andere? Sind harte Riffs vonnöten oder doch eher Piano-Sequenzen? Diesen Fragen wenden sich THRICE mit ihrem Vier-EP-Großprojekt "The Alchemy Index" zu. Zwei Jahre nach "Vheissu" und nur wenige Monate nach dem "Please Come Home"-Alleingang von Sänger Dustin Kensrue setzen sich die Amis auf den ersten beiden, in einem schnieken Digipack untergebrachten Teilen ihrer Tetralogie abschließend über sämtliche Genregrenzen hinweg. Alles hat sich der Vision der Musiker unterzuordnen; Erwartungshaltungen seitens Fans, Presse oder der Bäckereifachangestellten werden ignoriert.
Zum Auftakt nimmt sich das Quartett der Elemente "Feuer" und "Wasser" an, denen in der Vier-Elemente-Lehre allgemein die Eigenschaften "cholerisch" und "phlegmatisch" zugeschrieben werden. Und wer meint, daraus ableiten zu können, wie sich die "Fire"- von den "Water"-Songs unterscheiden, liegt ziemlich richtig. Der erste Sechserpack wird von immer wieder aufbrausenden Gitarren, energischen Vocals, fabelhaften Melodien und unberechenbar-treibenden Schlagzeug-Beats bestimmt, während in der zweiten Hälfte Synths und Soundscapes sowie Kensrues großartiger Gesang die Oberhand gewinnen und Melancholie verbreiten, bisweilen sogar tiefen Schmerz transportieren.
Eine größere Herausforderung, als zwei stilistisch grundverschiedene Silberlinge einzuspielen, ohne auf einem der beiden kompositorisch abzuschmieren, gibt es kaum. Und viele Bands nehmen diese Herausforderung aus Sicherheitsgründen erst gar nicht an. THRICE hingegen liefern den Beweis, dass es sich doppelt und dreifach auszahlen kann, sich in unterschiedliche, fast gegensätzliche Bereiche vorzuwagen. Genauso selbstverständlich, wie die Burschen auf dem passend von sirenenartigen Klängen eingeleiteten "Fire" Gas geben und unheimlich funkelnde Juwelen wie 'Firebreather' (Wahnsinnsfinale!) und 'The Messenger' in die Runde werfen, gehen sie mit "Water" auf RADIOHEAD-Kurs. Und wenn Thom Yorke und Anhang es laufen lassen würden, anstatt seit geraumer Zeit darauf zu achten, dass einige ihrer Nummern die Performance-Künstler dazu anregen müssen, sich in Alufolie einzuwickeln, könnten sie (in Bestform) vielleicht in Bereiche eines 'Open Water', 'Lost Continent' oder 'Kings Upon The Main' vorstoßen.
Wie riesig die Stimmungsunterschiede zwischen den beiden EPs mitunter sind, zeigen 'The Flame Deluge' und 'The Whaler'. Ersteres ist ein Funeral-Doom-Weltuntergangsmanifest, das diverse selbstverliebte Uns-geht-es-ja-so-mies-Kapellen als die ganz üblen Poser entlarvt, die sie sind, während Letzteres schlicht und simpel einer der ehrlichsten Trauer-Songs der letzten Jahre ist - einmal gehört, nie mehr vergessen.
Nennt THRICE (Experimental-)Rock, belästigt sie mit Begriffen, die "post" enthalten - völlig egal, es trifft sowieso alles nicht zu. Wer irgendwas mit progressiver Musik anfangen kann, wer am liebsten Alben hört, die vom ersten bis zum letzten Ton fesseln, wer es mag, nicht vorher schon zu wissen, welchen Weg die einzelnen Tracks einschlagen werden, und wer ganz allgemein seine Sinne noch beisammen hat, muss "The Alchemy Index Vols. I & II: Fire & Water" kaufen. Seelenvoll und überwältigend!
Anspieltipp: Alles!
- Redakteur:
- Oliver Schneider