THY WICKED - Treu dem alten Weg
Mehr über Thy Wicked
- Genre:
- Pagan/Viking Metal
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Heiden Klangwerke/Viking Blood
- Release:
- 17.04.2009
- Der Aufbruch
- Zur Walstat
- Wolfsfäller
- Im Wandel der Zeit
- Treu dem alten Weg
- Frankonia
- Trinkgelage
- Allvaters Weisheit
- Abschied
- Die Heimkehr
Treu dem alten Weg - wenn der (Platten-)Name zum (musikalischen) Programm wird
Kann es denn sein? Gibt es in den deutschen Wäldern tatsächlich zahlreiche Enklaven natur- und ahnenmystischer auf ewig in der Vergangenheit lebender Barden? Wahrscheinlich schon, denn nach der thüringischen Schule des paganen Metals erhebt sich nun auch eine zarte Stimme aus den Wäldern Frankens. Ohne jetzt allzu genau auf den Weißwurscht-Äquator eingehen zu wollen, sei an dieser Stelle schon einmal darauf hingewiesen, dass sich THY WICKED eher in den Nord-Osten der Republik als in den Süden orientieren – rein musikalisch, versteht sich.
Offensichtlich haben die fränkischen Kameraden den gleichen leckeren Wurzelsaft genossen wie ihn schon Bands wie MENHIR oder XIV DARK CENTURIES zum kreieren ihrer Songs verwendet haben. Obwohl THY WICKED schon seit 1996 existieren, also durchaus gleichauf mit den genannten das grüne Licht der Lichtung im Wald erblickten, ist ihre erste Demo im Jahr 2000 erschienen – das stellt ein deutliches Nachhinken dar. 2005 erhebt man die Hörner zu "Wenn Heimdalls Horn erklingt..." und 2009 schlussendlich zu "Treu dem alten Weg". Während wir uns in der Chronologie zwar in der Gegenwart befinden, ist das Album der Franken musikalisch gesehen ein Anachronismus. Ach, und inhaltlich eigentlich auch.
THY WICKED steigen dort ein, wo MENHIR mit "Thuringia" 1999 schon längst waren und versuchen jene Musik mit etwas modernerem Riffing und dem ein oder anderen thrashigen Berserkerrhythmus zu kombinieren. Teilweise unfreiwillig komisch erfordert das Album durchaus ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen. Das Highlight in dieser Richtung ist der gesprochene Beginn von 'Wolfsfäller', der in ein mitten im Satz in Kopfstimme gesungenes "Asgard" mündet. Das klingt jetzt nicht halb so lächerlich, wie es beim Hören des Albums rüberkommt. Mit solchen Dingen verlieren THY WICKED bei mir erstmal ihre Reputation und können den maßlos überschätzten Promo-Status a la "dieses Album wird Maßstäbe setzen" aber sowas von überhaupt nicht halten, dass ich an dieser Stelle nicht weiß, ob hier Realsatire auf Kosten frankonischer Krieger betrieben wird oder schlechter Met im Spiel war.
Tatsächlich wäre hier weniger deutlich mehr gewesen. Denn obwohl THY WICKED trotz allem eine recht nostalgischen Traditionsbewahrung fahren, ist das, was sie machen, nicht schlecht. Das Riffing hat Hand und Fuß, groovende, recht metallische Parts wechseln sich mit schnell gespielten Melodien ab. Jeder Song hat mindestens einen eigenen Charakter, insgesamt ist die Scheibe recht homogen geraten. Gerade die Screams gefallen mir darüberhinaus sehr gut. Klar, die Chöre und epischen Heldenzitterarrangements sind nicht schlecht, stellen aber auch keinesfalls die Spitze der Szene dar. Da gefallen mir die mehrfach zitierten MENHIR deutlich besser. Mit TVERD sind dieses Jahr außerdem auch extrem gute Sänger in die Szene eingestiegen, die die Meßlatte verdammt hoch legen. Von kleineren Timing-Problemen abgesehen weiß die Aufnahme durch einen druckvollen Sound und harte Momente zu gefallen.
Von folkloristischen Instrumenten macht die Band während den Songs keinen Gebrauch, die Gitarre ist das Hauptinstrument der Band. Diese ist von recht dunkeln angehauchten paganen Momenten wie in 'Allvaters Weisheit' bis zu fast schon Heavy-Metal-Eskapaden wie bei 'Treu dem alten Weg' recht vielseitig. Natürlich gibt es auch die obligatorischen Akustik-Parts, die zwar nett, aber eben auch unspektakulär sind.
Fazit: "Neue Maßstäbe", "frisch" und "mutig"? Lachhaft. Dennoch: Irgendwie macht das ganze Projekt den Eindruck, als hätten sich hier ein paar Fans mit recht guten Fähigkeiten zusammengesetzt. Vielleicht nach einer Met-seligen Nacht am Lagerfeuer kam man zu dem Schluss, dass man endlich selbst einmal Musik machen will. Und dann hat man es eben getan. Herausgekommen ist ein solides Werk getreu dem Titel "Treu dem alten Weg", dem Fans der paganen Melodien a la "Thuringia" durchaus mal einen Mistelzweig ans Ohr stecken sollten.
Anspieltipps: Wolfsfäller, Allvaters Weisheit, Trinkgelage
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer