TIMES OF GRACE - Songs Of Loss And Separation
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2021
Mehr über Times Of Grace
- Genre:
- Metal / Melodic Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Wicked Good Records
- Release:
- 16.07.2021
- The Burden Of Belief
- Mend You
- Rescue
- Far From Heavenless
- Bleed Me
- Medusa
- Currents
- To Carry The Weight
- Cold
- Forever
Überraschend anders - auch als KILLSWITCH ENGAGE!
Kaum ein anderes als "Metalcore" deklariertes Werk stieß in unserer eher traditionell geprägten Redaktion auf so große Zustimmung wie "The Hymn Of A Broken Man" von TIMES OF GRACE. Das Nebenprojekt der KILLSWITCH ENGAGE-Hauptprotagonisten Adam Dutkiewicz und Jesse Leach überzeugte 2011 mit einer angenehm schwermetallischen Ausrichtung, bestechendem Songwriting und einer im Metal-Bereich ungewöhnlich hoffnungsvoll-positiven Grundstimmung. Für lange Zeit blieb es allerdings beim Nebenprojektstatus; ein Nachfolgewerk war nicht in Sicht.
Das änderte sich fast zehn Jahre später: Leach und Dutkiewicz fanden infolge durchlaufener persönlicher Krisen wieder zusammen und verarbeiteten ihre Erfahrungen in ihrem zweiten TIMES OF GRACE-Album. Und während "The Hymn Of A Broken Man" die KSE-Wurzeln der beiden Gründungsmitglieder kaum verleugnen konnte, schlägt "Songs Of Loss and Separation" (trotz des vertrauten Gitarrensounds) überraschend in eine völlig andere Kerbe: Vom etwas flotteren und härteren 'Rescue' abgesehen, dominieren auf Album Nr. 2 ruhige, häufig gar akustische Klänge; die Doublebass hat fast komplett Sendepause; nur wenige einprägsame Refrains sorgen gelegentlich für Eingängigkeit.
Alles andere als leichte Kost also, und doch überwiegen die positiven Aspekte der erneuten Leech-Dutkiewicz-Koproduktion deutlich. Ein solch authentisches, ergreifendes, bisweilen herzzerreißendes Hörerlebnis ist mir jedenfalls lange nicht mehr untergekommen! Allein der Opener 'The Burden Of Belief' fesselt und erschüttert mit subtiler Dramatik, zerbrechlich-emotionaler Melodik und der tiefschürfenden Stimme von Jesse Leach. Ein elegisches Meisterwerk; die hochemotionale Seelenschau einer Glaubenskrise, ohne aufgesetztes Pathos oder Kitsch. Leach hat, das sei auch gesagt, seinen Klargesang über die Jahre deutlich verbessert – seine Leistung auf "Songs Of Loss and Separation" toppt alles, was es bislang von ihm zu hören gab.
Generell geht es auf dem Zehntracker sehr balladesk zu, melodisch-rockend und nur gelegentlich, ganz nuanciert, brachial riffend. Keiner Plattenfirma musste hier mit Single-Hits gedient werden, wie der Mut zu fragmentarischen Kompositionen beweist. Als Höhepunkte müssen neben dem unvergleichlichen Opener das ebenfalls vom Seelenkampf Leechs geprägte, schwer-verschleppte 'Far From Heavenless' und das – ja! – grungige 'Bleed Me' (etwas offensichtlich von NIRVANAs 'Something In The Way' abgekupfert, aber nichtsdestotrotz großartig) sowie der von Dutkiewicz' Gesang eingeleitete Midtempo-Rocker 'Carry The Weight' genannt werden. Generell gibt es auf dem Album keine Ausfälle zu verzeichnen, wobei die Spannung im letzten Drittel doch ein wenig abfällt – ein, zwei zielstrebig rockendere Songs mehr hätten der Platte vermutlich gutgetan. Doch wer will den beiden Leib-und-Seele-Musikern angesichts einer solch packenden Selbstoffenbarungsdarbietung einen Vorwurf machen?
Es tut gut, wieder von TIMES OF GRACE zu hören! Selbst ein inhaltlich so depressives Werk wie "Songs Of Loss And Separation" kann den Hoffnungsschimmer nicht verbannen, der bei der Kooperation Dutkiewicz-Leech stets durchscheint. Überraschend anders, aber eben hochauthentisch und musikalisch anspruchsvoll!
Anspieltipps: The Burden Of Belief, Far From Heavenless, Bleed Me
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause