TO-MERA - Delusions
Mehr über To-Mera
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Candlelight Records / Plastic Head / Soulfood
- Release:
- 15.02.2008
- The Lie
- Mirage
- The Glory Of A New Day
- Inside The Hourglass
- A Sorrow To Kill
- Asylum
- Fallen From Grace
- Temptation
Das zweite Album der Briten bietet sehr viel experimentelle Musik, an der besonders Freunde des Progressive Metals Gefallen finden dürften. Der verwendete Stilmix ist sehr weit gefächert und reicht vom typisch progressiven Sound mit Black-Metal-Elementen bis hin zum Swing und Jazz. Diese Mischung ist streckenweise recht gewöhnungsbedürftig, denn mit den vielen Wechseln innerhalb eines Stückes wird der Hörer regelrecht überfordert und hat Schwierigkeiten, dem Lied überhaupt noch folgen zu können. Manchmal ist weniger eben doch mehr. Teilweise herrscht eine recht konfuse Songstruktur, bei der man denken könnte, dass gerade jeder Musiker tun kann, wozu er Lust hat, denn ein tieferer Sinn lässt sich nicht überall finden. Ein Lichtpunkt des Albums ist die Stimme von Sängerin Julie Kiss. Ihr Gesang könnte zwar an einigen Stellen noch etwas ausdrucksstärker sein, dafür kann sie mit ihrer Stimme die jeweilige Stimmung in den Titeln größtenteils gut unterstreichen.
Besonderes Augenmerk sollte auf 'The Lie' gelegt werden, welches wohl das am schwersten zugängliche und komplexeste Werk auf dem Album ist. Dabei fängt alles so vielversprechend mit einem typischen Melodic-Metal-Sound an, den die Sängerin mit ihrem Gesang verfeinert. Die folgende heftige Bearbeitung der Drums gibt dem Stück ordentlich Pfeffer, und alles könnte so schön weitergehen. Aber nein, plötzlich wird auf Swing umgestellt und das Tempo radikal gebremst. Da nützt es auch nichts, wenn Sängerin Julie verführerisch ins Mikro säuselt. Die Luft ist einfach raus! Nach diesem kurzen, bizarren Ausflug geht es im gewohnten Sound weiter, bevor nach gut fünf Minuten mit ruhigen Keyboardtönen das Ende eingeläutet wird. Denkt man aber nur. Denn nun folgt ein orchestraler und militärisch angehauchter Sound. Nach reichlichen sieben Minuten gibt es ein abruptes Ende und der Hörer weiß nicht genau, ob er jetzt weinen oder lachen soll. War das eben Gehörte ein gelungener Geniestreich oder einfach nur riesengroßer Mist? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten, denn über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten.
Weitaus weniger verschroben geht es mit 'Mirage' weiter, wo anfangs ein elektronischer Sound dominiert. Mit treibenden Gitarren und gut arrangierten Drums wird es erneut flott. Durch einige jazzige Einlagen wird das Tempo öfters wieder gebremst, dabei sind diese Wechsel wesentlich besser im Sound integriert und lassen einen gewissen Zusammenhang erkennen. Auch die Stimmung des Gesanges fügt sich gut ein. Bei ruhigen Passagen wirkt dieser sehr sanft und bei schnellen und aggressiven Parts fast schon bedrohlich. Diese Harmonie wird bei 'The Glory Of A New Day' wieder aufgehoben. Mit gewohnt ordentlichem Tempo geht es los, welches durch Bongos etwas verlangsamt wird, was durchaus gut hineinpasst. Die verschwinden aber langsam wieder und das Stück lebt hauptsächlich von einem absolut genialen Schlagzeugsound, denn der Drummer legt hier los, als hätte seine letzte Stunde geschlagen. Und wieder könnte alles so gut sein, doch mit ruhigen Gitarrenklängen folgt ein Übergang zu einem Jazz-Teil, bei dem die Stimme ziemlich emotionslos wirkt. Nach einer Weile geht es plötzlich im vorausgegangenen Soundschema weiter, ohne wirklichen Sinn.
Wer bis hierhin durchgehalten hat, wird mit dem Highlight der Platte 'Inside The Hourglass' belohnt. Hier finden keine abrupten Stilwechsel statt, zudem erschließt sich der Song bereits beim ersten Hördurchgang fast völlig. Er ist sehr melodisch gestaltet und besitzt eine schnell eindringende Melodie, die gesanglich gut übertragen wird. Es gibt zahlreiche Tempowechsel, die das Lied sehr abwechslungsreich werden lassen. An einigen Stellen ist das Keyboard sehr vordergründig, nervt jedoch überhaupt nicht. Gegen Ende wird das Ganze durch den kurzen Part eines Backgroundchores aufgelockert. Bei dieser Nummer stimmt das Zusammenspiel aller Musiker ausgezeichnet!
Die restlichen Stücke sind ziemlich lang und damit auch sehr schwer zugänglich. Mit ruhigen Klavierklängen beginnt 'A Sorrow To Kill', die mehrmals durch ein Gitarrengewitter unterbrochen werden, um danach schnell wieder in der Ruhe zu versinken. Im Mittelteil ist ein längeres Instrumentalstück im typischen Progressive-Stil zu hören. Und so ruhig wie das Lied begonnen hat, scheint es zu enden. Doch die Gitarren und die Drums werden noch einmal herausgeholt. Das passt wieder überhaupt nicht dahin, denn dieser abrupte Stilbruch tut dem Song nicht gut. Ziemlich bunt geht es bei 'Asylum' zu, denn es werden wieder verschiedene Stilrichtungen durcheinander verwendet, diesmal jedoch ziemlich ausgeklügelt. Neben prägnanten Synthesizertönen ist streckenweise etwas Jazz herauszuhören, dazu klare Gitarren und ab und an wird es orchestral. Einzig die Länge ist hier etwas störend, denn durch die vielen Wechsel weiß der Hörer am Ende nicht mehr, wie der Titel begann. Dieses Längenproblem hat auch das relativ ruhige und etwas melancholische wirkende 'Fallen From Grace'. Der Gesang könnte über weite Strecken noch etwas mehr Emotionen vertragen, das würde der Stimmung sehr gut tun. Die ruhigen Parts werden durch das bekannte Zusammenspiel aus Gitarren und Drums immer wieder aufgelockert, dennoch vermag das Lied den Hörer nicht recht mitzureißen. Gleiches gilt für den letzten Track 'Temptation'. Auch dieser zieht sich sehr lang hin, wird mit der Zeit etwas nervig, bevor die Musiker zu einem fulminanten Endschlag ausholen. Der klingt sarkastischerweise so, als wären sie selbst froh, dass endlich Schluss ist.
Dieses Werk ist eine sehr zwiespältige Angelegenheit. Wir haben es hier mit hervorragenden Musikern zu tun, die einen guten Job erledigen, besonders der Drummer. Doch die musikalische Umsetzung ist nur ansatzweise gelungen. Die Vermischung verschiedener Musikrichtungen ist prinzipiell keine schlechte Sache, nur wenn es ein solch abrupter Stilbruch ist, wird die Sache schwierig. An solchen Stellen werden wohl auch Progressive-Metal-Fans scheitern, denn wenn wer Jazz hören will, der kauft sich eine Jazz-Platte und nicht so einen Mischmasch. Viele Lieder sind mit vielen verspielten Kleinigkeiten liebevoll arrangiert, doch durch die Länge geht dem Hörer wieder vieles verloren. Es bedarf also vieler Durchläufe bis sich jedem die Musikwelt von TO-MERA erschließt.
Anspieltipps: The Lie, Mirage, Inside The Hourglass
- Redakteur:
- Swen Reuter