TOMORROW'S OUTLOOK - 34613
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2012
Mehr über Tomorrow's Outlook
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Battle God (H'ART)
- Release:
- 01.06.2012
- As Darkness Falls
- Gate To Freedom
- Glass Mountain
- A Song For You
- Doubt
- The Ethereal Dream
- Tomorrow's Outlook
- White Lightning
- Liquid Scream
- Kill Again
- March Of The Demons
- Red Rum
- The Ethereal Dream (Reprise)
Charmant unperfekte Melodic-Metal-Exkursion in das Amerika der 1980er Jahre unter norwegischer Flagge
Eins gleich vorweg: Das Debüt-Album der Norweger TOMORROW'S OUTLOOK ist bestimmt kein Meisterwerk. Das Songwriting ist nicht besonders originell, die Produktion lässt zu wünschen übrig, die Vocals sind manchmal doch arg hoch und schrill und kommen ausgerechnet in einigen Refrains besonders schräg rüber. Trotzdem mag ich diese etwas kuriose Scheibe mit dem seltsamen Titel "34613". (Ist übrigens die Postleitzahl von Schwalmstadt in Hessen – keine Ahnung, ob das was zu bedeuten hat...) Das muss wohl an dem sympathisch-holprigen Underground-Charme der Aufnahmen liegen; erinnert mich irgendwie an die seligen Zeiten von Demo-Kassetten und mit Liebe und Hingabe auf der Schreibmaschine getippten Fanzines (die nüchtern betrachtet natürlich auch nicht immer gut waren).
Die Band-Konstellation bei TOMORROW'S OUTLOOK ist eher ungewöhnlich. Das Projekt wurde 2007 von Trond Nicolaisen und Andreas Stenseth gegründet, doch die beiden scheinen heute vornehmlich hinter den Kulissen zu agieren. So bezeichnet sich Trond als Manager und Co-Songwriter, während Andreas immerhin noch den Bass bedient neben seinem Komponisten-Job. Gitarrist Sami Saarinen spielt auch bei STATUS MINOR, der Band, die in unserem April-Soundcheck überraschend die Bronze-Medaille gewann. Verwirrend wird es dann beim Gesang, denn da erzählt das Info etwas von drei permanenten Gastsängern (sic!), und einer davon ist ein guter alter Bekannter. Norman Kiersnowski, alias Ski, hat mit DEADLY BLESSING 1988 einen echten Underground-Klassiker namens "Ascend From The Cauldron" eingespielt, bei dem sich allerdings auch schon manche Geister am Gesang schieden. Für TOMORROW'S OUTLOOK trifft mal wieder die alte Binsenweisheit zu, dass zu viele Köche einen Brei verderben können. Die drei Sänger passen nicht wirklich zusammen, es entsteht kein kreatives Spannungsverhältnis. Dadurch wirkt "34613" manchmal wie einer dieser kultig-unbeholfenen Demo-Sampler längst vergangener Tage.
Musikalisch plündern und verwursten die Norweger so ziemlich alles, was in den Neunzehnhundertachtziger Jahren an episch-melodischem Heavy Metal vor allem auf der anderen Seite des Atlantiks von Bedeutung war. Witzigerweise geben die Musiker an, auch von Videospiel-Musik beeinflusst zu sein. Böse Zungen könnten hieraus machen, das TOMORROW'S OUTLOOK die skandinavische C64-Version des klassischen US-Metal seien. Doch all diesen äußeren Widrigkeiten zum Trotz fressen sich viele der Songs auf "34613" gnadenlos in die Gehörgänge. Ist auch kein Wunder, denn diese Lieder sind recht einfach gestrickt und verknüpfen ziemlich raffiniert altbekannte Motive, die dann in diese ursprüngliche nordische Melodic-Metal-Klangfarbe getaucht werden. Wer auch die ersten beiden NOCTURNAL RITES-Alben kennt, weiß, wovon ich rede.
Dabei beginnt die Scheibe in Form von 'Gate To Freedom' zunächst mal mit einer Verneigung in Richtung "Keeper Of The Seven Keys". Bridge und Chorus dieser Nummer gehören zu eben jenen Momenten, die sich wie profaner Kleister im Ohr festsetzen, ob man nun will oder nicht. In 'Glass Mountain' begibt man sich auf einen heißen Flirt mit JAG PANZER, während die Melodie-Führung von 'Doubt' vermutlich durch CRIMSON GLORY inspiriert wurde. 'The Ethereal Dream' erinnert an FATES WARNING zu Zeiten, als die noch jeden Morgen den Wächter weckten. 'White Lightning' und 'March Of The Demons' sind eigentlich sehr schöne, getragene Epic Metal-Hymnen, wenn sich mir nur nicht jedes Mal beim Chorus die Fußnägel aufrollen würden. Letzterer Effekt wird bei 'Liquid Scream' noch schlimmer; was sich die Jungs bei diesem schrillen Gequieke als Hookline gedacht haben, wissen sie wohl nur selbst – dabei ist der Song an sich mehr als achtbar.
Fazit: Wer gerne mal ein erfrischend naives, gut verdauliches, nordisch leichtes Achtziger-Metal-Potpourri haben möchte und glaubt, mit den drastischen Ausschlägen der drei Stimmen klarzukommen, sollte "34613" mal ein Ohr schenken. Puristen, Perfektionisten und Audiophile sind woanders besser aufgehoben. Mir macht dieses Album trotz vorhandener objektiver Mängel einfach Spaß, und das ist ja wohl immer noch das Wichtigste.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Martin van der Laan