TOTENMOND - Unter Knochen
Mehr über Totenmond
- Genre:
- Metalcore
- Label:
- Massacre Records / Soulfood
- Release:
- 23.02.2004
- Intro
- Unter Knochen
- Permafrost
- Zu Gast bei den Toten
- Hier draußen ist Heimat
- Vom Töten wollen
- Leuchtquell
- Finster Mammut
- Unkraut
- Eiswalzer
- Der Ich Parasit
- Kreuz oder Kopf (Outro)
TOTENMOND sind ein Phänomen. Wenige deutsche Bands haben es geschafft, derart permanent zu polarisieren, für Gesprächsstoff zu sorgen und wenige Bands werden derart missverstanden wie das Trio aus Backnang.
Aber auch musikalisch gesehen hat die Band einen absoluten Ausnahmestatus inne: Bereits das '99er-Debüt "Lichtbringer" war schwer zu kategorisieren, stellte die Schreiberlinge vor eine schwierige Aufgabe (nämlich die Einsortierung in die allseits beliebten Schubladen) und brachte der Truppe recht schnell eine ordentliche Fanbasis ein.
Mit "Unter Knochen" meldet sich die Band gut vier Jahre nach dem letzten regulären Studioalbum (2001 gab es noch das Punk-Cover-Album "Auf dem Mond ein Feuer") wieder zurück - und das mit einer brachialen Frischzellenkur. Vergessen ist die eher kopflastige Ausrichtung des Vorgängers "Reich In Rost", keine Spur mehr von Samples, elektronischen Spielereien oder verschachtelten Arrangements.
Stattdessen gibt es sehr direkt und heftig auf die Fresse: Die Punk/Crustcore-Wurzeln und Einflüsse von Bands wie CARNIVORE oder EISENVATER können die drei Schwaben nicht leugnen, aber TOTENMOND wären nicht eben diese, wenn sie sich nicht aus den schmackhaften Zutaten ein eigenes, äußerst brachiales Süppchen gekocht hätten. So zieht sich der Opener und Titelsong zunächst wie Karamel, um dann jäh von wilden Blast-Attacken abgelöst zu werden. Geil. Überhaupt spielt die Dynamik innerhalb der einzelnen Songs eine große Rolle, Tempowechsel gibt es en masse, die Stimmung schlägt plötzlich von düster-bedrohlich und doomig in rasende Wut, ebenso akustisch umgesetzt, um. So lobe ich mir Songwriting.
Auch in Sachen Sound erinnert "Unter Knochen" viel mehr an das Debütalbum als an die letzten Werke: Dreckige, tief sägende und schrabbelnde Gitarrensounds paaren sich mit fiesen Drums, welche bei der Snare-Beschallung sogar teils an "St. Anger" erinnern. Hier allerdings im positiven Sinne.
So minimalistisch einem manchmal die Musik und auch die Produktion erscheinen mögen, hier ist alles hundertprozentig aufeinander abgestimmt und gehört genau so. Der dreckige, erdige und drückende Sound unterstützt die langsamen Passagen geradezu wunderbar (richtig geil: der Bass), um sie dann bei angezogenem Tempo in akustische Dampfwalzen zu verwandeln. Ganz nebenbei wird dadurch die düstere, eiskalte und apokalyptische Grundstimmung auf dem gesamten Album zum Ausdruck gebracht. Klasse gemacht.
Über die bei TOTENMOND zumeist etwas "abgehobenen" Texte kann ich an dieser Stelle leider nicht allzu viel sagen, doch Titel wie 'Finster Mammut' oder 'Der Ich Parasit' sprechen eine recht deutliche Sprache.
Und man glaubt es kaum: Mit dem 'Eiswalzer' ist der Band sogar so etwas wie ein kleiner, einprägsamer Hit gelungen. Huch.
Aber keine Sorge, das Songmaterial ist auf alle Fälle noch unkonventionell und roh genug, um nicht als Mainstream durchzugehen. Und das wird es auch nie.
Fazit: Ein Schritt nach vorne, einer zur Seite und einer zurück. TOTENMOND stehen nach wie vor für verdammt eigenständige, rohe und brutale Musik, die sich dieses Mal wieder deutlicher am Debüt orientiert. Starke Scheibe.
Anspieltipps: Permafrost, Finster Mammut, Eiswalzer
- Redakteur:
- Rouven Dorn