TURBONEGRO - Retox
Mehr über Turbonegro
- Genre:
- Rock
- Label:
- Edel
- Release:
- 15.06.2007
- We're Gonna Drop The Atom Bomb
- Welcome To The Garbage Dump
- Hell Toupée
- Stroke The Shaft
- No, I'm Alpha Male
- Do You Do You Dig Destruction
- I Wanna Come
- You Must Bleed / All Night Long
- Hot And Filthy
- Every Body Loves A Chubby Dude
- What Is Rock?!
Die Schweine-/Schwanz-/Garagen-Rocker von TURBONEGRO sind wieder mal im Tonstudio eingefallen! "Retox" heißt das Ergebnis, und zeigt uns: Die Band rockt, rollt und tollt noch immer mit Lust, Laune und verfickt viel Spaß kreuz und quer durch vorneweg dreißig Jahre brüllend laut verstärkte Gitarrenmusik.
Rock ist einfach nicht totzukriegen. Da kann die britische Musikpresse noch so viele Hype-Säue durchs Dorf treiben und die deutsche Musikindustrie sie dann ein paar Jahre später aufs Neue als heißen Scheiß zur Zweitverwurstung durch den PR-Wolf jagen. Eine Zwei-Albums-Fliege nach der anderen schwirrt auf und stürzt wieder dahin ab wo sie her gekommen ist: In die Bedeutungslosigkeit. Wenn man den richtig guten Rocksound trotzdem nicht über bekommt, so kann das zum einen daran liegen, dass man Funk & Fernsehen rechtzeitig das Travis-Bickle-Treatment hat angedeihen lassen, bevor einen das immer gleiche Gedudel in neuer Verpackung in den Wahnsinn treiben konnte. Oder eben an Bands wie GLUECIFER, den HELLACOPTERS oder eben auch TURBONEGRO. Denn die skandinavische Hardrockszene dürfte das alles reichlich wenig jucken. Zumindest die oben genannten, wohl etabliertesten Bands aus dem Bereich sind bereits seit den Mittneunzigern dabei und dürften auch in Zukunft ihren Status als Steadyseller verteidigen können: Dreckig, schnell, eingängig, schnörkellos, und immer voll auf die Zwölf! Darüber aber nie die Notwendigkeit einer kraftvoll vorantreibenden Rhythmusmaschine unterschätzen. Merke: Schellenkränze sind zeitlose Instrumente, und solange eine fette Bassdrum konstant dagegen anwummert kommen sie auch garantiert nicht in Hippieverdacht. Von den poppiger orientierten Bands der letzten Jahre können da höchstens noch MANDIO DIAO erfolgreich mithalten; aber die kommen ja auch aus Schweden. Ob's am skandinavischen Trinkwasser liegt?
Nu ja, zurück zu "Retox":
Also, da haben wir das volle Paket. Schön schleppend und doch voller Drive rasselt 'We're Gonna Drop The Atom Bomb' ins Ziel. Hank von Helvete nölt hier stellenweise so fies, als sei er die Kreuzung aus Ozzy Osbourne & Alice Cooper - übrigens gar nicht unpassend für eine Band, die Homophobiker mit Stecken im Arsch (pun intended) gerne mal mit klischeeschwulem Gehabe aufzieht. There's no biz like showbiz, und TURBONEGRO zelebrieren ihre eigene Art eines Dark Carnival. So auch auf "Retox". Cooles Cover übrigens! Weiter geht's mit 'Welcome To The Garbage Dump', einem straighten Rocksong, der so ähnlich auch von GLUECIFER stammen könnte. 'Hell Toupee' ist tierisch eingängig, ein Song mit sleazigem Gitarrensolo, der besonders deutlich unterstreicht, dass man von TURBONEGRO oft schon beim dritten Hören fast alles mitgrölen kann. Siebzigerjahrerock im mittleren Tempobereich, und natürlich in turbonegroider Deathpunkversion dargeboten, flutet bei 'Stroke The Shaft' das Ohr, und auch bei 'No, I'm Alpha Male' wird gehörig Machismo versprüht: Punk 'n' Roll, klar, aber dargeboten mit raumgreifend wuchtiger, berauscht großkotziger MONSTER MAGNET Attitüde. Ein paar schillernde Soli, und danach gleich wieder mit voller Abfahrt im Steilflug die Refrainrutsche runter. 'Do You Do You Dig Destruction' fehlt für meine Begriffe das gewisse Etwas, doch auch hier halten die Norweger ein paar gut abgehangene Riffs bereit, welche den ein oder anderen Fan wohl auch begeistern werden. 'I Wanna Come', einer der melodischsten Songs des Albums, glänzt sowohl durch den Gesang wie auch durch die gediegene Gitarrenarbeit: Schnörkellos, doch elegant. Ein nett eingebautes DEAD BOYS Zitat sowie an den Sechzigern orientierte Harmonien runden das Stück ab. Und irgendwie erinnert es mich an THE BATES, aber fragt mich nicht warum. Etwas heavier wird es dann mit dem räudig wummernden 'You Must Bleed All Night Long'; ein okayer Song mit zu viel Refrain, aber nix Dolles. 'Hot And Filthy' bringt dann wieder fett bratzend Jeansjacken-und-Lederhosen-Attitüde mit rein: Zupackend und doch lässig. Spielt in der gleichen Liga wie GLUECIFER; Oslo-Rock vom Feinsten. Die Bandhymne 'Boys From Nowhere' macht als druckvoll-straighter Stomper zumindest im Albumzusammenhang gehörig Spaß, und auch 'Every Body Loves A Chubby Guy' lässt sich keineswegs lumpen: Ein schwerfälliger Monstersong mit fetten Riffs, der ein für alle Mal klarstellt, dass ein Mann ohne Plautze ein Krüppel ist. Wenn Hank darin stolz verkündet seinen eigenen Breitengrad zu haben und lautstark deklamiert "I am The Lizard King. I can eat ANYTHING!", macht das gleich noch mal so viel Spaß. Den Vogel schießt dann aber erst der Rausschmeißer ab. Nach einem ultrafiesen Keyboardintro, wie man es so furchterregend selbst in den Achtziger Jahren nicht zu hören bekam, gibt es bei 'What Is Rock?!' nämlich noch mal so richtig dreckiges Fratzengeballer auf KISS-Grundlage, bei dem noch so manches Klischee breit grinsend verbraten wird (TURBONEGRO dürfen das).
Tiefgang irgendwelcher Art wird man auf "Retox" nun wahrlich nicht finden, dafür rockt das Teil aber mehr als nur recht und macht dabei einen Heidenspaß. Die wenigen relativen Durchhänger zwischen den instant hits stören da nicht weiter, denn TURBONEGRO haben die Scheibe als Gesamtalbum wirklich rund hinbekommen.
Anspieltipps: Stroke The Shaft, I Wanna Come.
- Redakteur:
- Eike Schmitz