ULME - Tropic Of Taurus
Mehr über Ulme
- Genre:
- Doom/Stoner Rock/Noise
- ∅-Note:
- 9.75
- Label:
- Nois-O-Lution
- Release:
- 02.10.2009
- Rubber P.
- Sisyphus, Crack The Stone!
- My Heart Stops Beating (When Yours Is Near)
- The Web
- Little Spark
- Orpheus
- Girl Of The Sea
- Jewels
- Light In The Trees
- Phoenix Awakens
- Saviour
Ja, ULME schaffen M-E-I-S-T-E-R-W-E-R-K-E!
ULME.ULME.ULME. Was man mit denen so mitmacht. Aber in den letzten Jahren ist eine feine Kontinuität, eine sehr wohltuende Striktheit eingetreten, im Liederschreiben genau wie bei den nun regelmäßigen Auftritten. Auf sämtlichen, die ich in den letzten drei Jahren gesehen habe – und das waren gewiss nicht wenige – hat das Vorzeigetrio so ziemlich Jeden vor der Bühne mitgerissen, so denn der Sound mitgespielt hat.
Apropos: Das überhaupt ist der Grund, warum diese norddeutsche Eiche so phänomenal - und wie habe ich das letztens gelesen – "majestätisch" klingt. Seit "Re-fuse Me", dem ruppigen und knarzigen Debüt, hat sich im viel besprochenen Hoch und Nieder der Lärminstitution so viel getan. Und das hier ist die erste Platte der Flensburger/Hamburger, die ich überhaupt mal wage zu besprechen. Denn ULME ist ein ganz eigenes, persönliches Kleinod geworden, nicht denkbar, sich absolut treffend über deren Musik zu äußern. So schwer greifbar und doch vetraut.
Lieber hören. Fühlen. Exklusiv fühlen.
Ich erinnere mich noch genau, wann diese Lebensbegleitung angefangen hat. Ich sitze in einer mir für ein Wochenende überlassenen Plattenbausiedlung, habe gerade auf dem Balkon geschmaucht und verzweifelt den bekloppten Ordnungsfanatikernachbarn beim kleingeistigen Treiben zugesehen, betrete das Wohnzimmer und polke die frisch gekaufte "Ordinary Diva" aus der Hülle, lege diese Peitsche ein und komme erst wieder zu mir, als ich kurz danach auf dem Kleinstwohnungsboden wälzend erwache. Der Altmodenteppich bremst meinen kontrollierten Sturz, habe ich doch gerade mit einer unkontrollierten Zuckung das Eingangstück des Albums von 1997 begrüsst.
Dabei ist es geblieben. Uneinortbar, Unvermittelbar, ganz und gar mittelbar. Unvorstelllbar gut.
Drei Alben später und anno 2009 ist vom Ur-Ulmen-Stamm noch Arne Heesch übrig geblieben, aber was soll's, der trägt den Geist und die Energie ja sowieso in sich. Mal zwei Alben lang gute SISSIES aus Hamburg haben inzwischen den Bassisten gespendet, die alten Begleiter von PENDIKEL den Drummer gestellt. Nun also tourt sich die grundsympathische Troika auf europäischen Bühnen die begnadeten Finger wund. Gesagt werden muss, dass ein Konzert hier sowieso das allerbeste ist, denn das Noiserockbeben zu erfühlen, ist "nur" auf Platte lediglich bedingt möglich.
Nichtsdestotrotz hat sich Anfang 2009 ein weiteres Blu-Noise-Urgesteinchen namens Kurt Ebelhäuser höchstselbst mit den Dreien ins Studio begeben. Der Sound, der einzigartig und so charakteristisch auch so erhalten geblieben ist, ist natürlich auch in "Tropic Of Taurus" das E wie Entscheidende und H wie Hervorragende. Ebelhäuser & Heesch sollten sich überlegen, genau unter dieser Firmierung durch den deutschen Untergrund zu wabern, denn das Duett "Orpheus" ist durch seine Kontrastsetzung im Gesang und Stimmung ein feines Stück Herbstfrühling geworden. Wie das sein sollte.
Irgendwann wird an dieser Stelle über jeden Musik-Schnipsel dieser Ausnahmeerscheinung geschrieben worden sein. Jetzt, wo meine ULMEr Hörschreibblockade verschwunden zu sein scheint, nehme ich das Schnäuzschen auch mal voll.
Was gibt's da noch zu künden? Achja, die Musik.
Die schwingt zwischen Garagen und dickwandigem Doom, zwischen melodiösem Gesang und wie wildem Gebrüll, Geschichtenerzählungen und Wutausbrüchen, die sich ein jeder selbst so grazil selbst umzusetzen wünscht. Wenn laut, dann mal richtig, wenn nachdenklich-melancholisch, bitteschön. Ein jedes Mal muss ich in mich hineingrinsen, wie Heesch wie ein schizophrener Stimmenakrobat zwischen weichem Kakaogesang und scharfkantiger Sludgebeschimpfung so wie nebenbei mal wechselt und es auch noch fertig bekommt, den dunkelteerigen, sich abrupt bäumenden Reisi-Sound so hinzubekommen.
Ab, ab, hin zum extremen Rand, alles mittendrin ist halbgar, langweilt die Umwelt, schließt einen selbst ein, kann so nicht befriedigend sein. Sehr schön, dass es diese Band geschafft hat, sich zu konsolidieren, ein jedes weitere Lebens-Zeichen ist sehr sehr willkommen. Sehr schön auch, dass es auch "Tropic Of Taurus" ganz genau vermag, sämtliche verzweifelten Stimmungen des Zeitgeistes einzufangen. Zumindest hat das den Anschein. Offensichtlich. Auf 'Girl Of The Sea' bewegst Du Dich mit einer gewaltigen Woge mit, die jeden Augenblick einzubrechen droht. Tut sie aber nicht. Andere Stücke sind vergnügter fast, 'Jewels' hat den Zug von SCUMBUCKET, die ja auch wieder im Studio sind, wie man so hört.
Was bleibt nun nach so viel Euphorie?
Euphorie. Und der Gang zum ULME-Stapel. Nicht mehr schreiben - hören!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben