UNLEASHED - As Yggdrasil Trembles
Auch im Soundcheck: Soundcheck 03/2010
Mehr über Unleashed
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Nuclear Blast/Warner
- Release:
- 19.03.2010
- Courage Today, Victory Tomorrow
- So It Begins
- As Yggdrasil Trembles
- Wir kapitulieren niemals
- This Time We Fight
- Master Of The Ancient Art
- Chief Einherjar
- Return Fire
- Far Beyond Hell
- Dead To Me
- Yahweh And The Chosen Ones
- Cannibalistic Epidemic Continues
Die Definition des Death Metal, die jede Konkurrenz zu Staub zerfallen lässt!
Nimmt man das erste Demo als Geburtsstunde, so erscheint am 16. März 2010 ziemlich genau zum zwanzigsten Jubiläum das zehnte Album der schwedischen Death-Metal-Institution UNLEASHED. Das Scheibchen hört auf den schönen Namen "As Yggdrasil Trembles", und wir können es dem Quartett aus der Stockholmer Ecke gerne abnehmen, dass es damit die Weltenesche zum Erzittern bringt. Seit der Rückkehr vor acht Jahren, hat diese Band nur erstklassige Qualität abgeliefert, und ich halte es nicht für eine Übertreibung, die letzten drei Studioalben schon jetzt als Genreklassiker und Referenzwerke zu bezeichnen. So stellt sich natürlich die bange Frage, ob doch irgendwann ein qualitativer Einbrauch einsetzt, wie dies 1997 der Fall war. Nun, die Frage werden wir uns beim nächsten Mal wieder stellen müssen, denn "As Yggdrasil Trembles" liefert nur einen Teil der Antwort, nämlich: "Jetzt noch nicht!"
Mit durch den Nebel hallenden Schlachtrhythmen beginnt die Scheibe kurz atmosphärisch, vor die gnadenlosen Riffs die gespenstische Stille durchschneiden und der im gehobenen Midtempo unbarmherzig voran walzende Opener 'Courage Today, Victory Tomorrow!' einen weiteren Triumphzug der Death-Metal-Wikinger einläutet. Bei 'So It Begins' wird die Geschwindigkeit kräftig angezogen, die eine oder andere Blast-Passage sorgt für Abwechslung und zum Refrain tritt ein wunderbares Geisterlead von Fredrik Folkare, ohnehin eine Referenz in Sachen extremmetallischer Leadgitarre mit Seele. Das Outro leitet dann direkt in das Titelstück über, welches von der wuchtigen Urgewalt deutlich zäherer Riffs lebt und Verse bereit hält, die so dunkel und kalt sind, dass sie die Hölle gefrieren lassen. Johnny brilliert wie dereinst zu Zeiten von 'Before The Creation Of Time', wenn ein gelegentlicher spitzer Schrei die massiven, markterschütternden Growls zerfetzt. Der Refrain ist derart überirdisch, dass er mich schier in den Wahnsinn treibt. Ich kann es kaum erwarten, diese Macht und Urgewalt wieder live zu erleben und ein Teil davon zu werden.
Ungewöhnlich mag es mancher finden, wenn Johnny bei 'Wir kapitulieren niemals' plötzlich mit einem deutschen Refrain um die Ecke kommt. Auch kompositorsich ist der kurze, hackende Kracher alles andere als ein Standard-Stück. Besonders das doomige Mittelstück ist wenig alltäglich und in dieser Form ziemliches Neuland für UNLEASHED. Schnell, schnörkellos und martialisch gibt 'This Time We Fight' die Death-Metal-Version der schnelleren MANOWAR-Abrissbirnen ab, während 'Master Of The Ancient Art' basslastig, perseverativ und zäh wieder eine doomigere Seite UNLEASHEDs präsentiert, die vor allem Rhythmusgitarrist Tomas und Schlagwerker Anders brillieren lassen. Wer die melodischere Seite UNLEASHEDs zu schätzen weiß, der kommt bei den tollen Gitarren des flotten Bangers 'Chief Einherjar' voll auf seine Kosten. Dazu kommt ein schneller, explosiver leadgitarrenlastiger Smasher wie 'Return Fire', das manisch gesungene 'Far Beyond Hell' als finsterer Groover mit Gänsehaut erzeugender Horroratmosphäre, mit 'Dead To Me' eine weitere kurze, punkige Speedattacke, bevor das Abschlussdoppel weitere Akzente setzt: Der Thematik entsprechend bringt 'Yahweh And The Chosen Ones' eine gewisse schwarzmetallische Note mit ein, die sich auch in für diese Band relativ ungewöhnlichen Gesangselementen zeigt, die zwar den stilistischen Rahmen nicht sprengen, aber ein wenig dehnen. Als Rausschmeißer funktioniert das rhythmisch recht vertrackte, breaklastige 'Cannibalistic Epidemic Continues', das sogar den einen oder anderen Brutal-Death-Ästheten ansprechen könnte.
Sollte jemand kritisieren wollen, dass sich UNLEASHED über all die Jahre kaum weiter entwickelt hätten, und sich an einem bewährten Erfolgsrezept laben würden, dann sei ihm entgegen gehalten, dass dieser Eindruck zwar oberflächliche Hörer befallen mag, dass die Band - ganz ählich wie auch MOTÖRHEAD - in ihrem selbst gewählten Sound- und Songspektrum sehr stark variiert, mit unterschiedlichen Songtypen arbeitet und dabei immer wieder in der Lage ist, auf ihre Alben zwölf oder mehr Songs zu packen, die alle miteinander sofort im Ohr hängen bleiben und von dort auch nicht mehr verschwinden. Das bekommen nur wenige Bands hin, ganz gleich ob es innovative oder stiltreue Bands sind, und so lange es die vier Schweden schaffen, ihren ureigenen Stil auf diesem überirdischen Niveau zu zelebrieren, müssten sie dumm sein, daran etwas zu ändern.
Doch was macht UNLEASHED nun so viel besser, als grob geschätzt fünfundneunzig Prozent der restlichen Death-Metal-Konkurrenz? Nun, ganz einfach, sie haben Melodien, wo andere nur schroten. Sie sind eingängig, wo andere alles zerhacken und zerpflücken, nur um zu zeigen, was sie für komplexe Rhythmen zocken können. Sie haben kolossale Refrains, wo andere es für künstlerisch wertvoll halten, dem Hörer nichts zu liefern, an dem er sich orientieren kann. Und sie haben Johnny Hedlund - einen Shouter, dessen Worte man komplett versteht, und der dennoch tausendmal brutaler und aggressiver klingt, als die ganzen Krümelmonster aus Brutal-Death-Gefilden. Kurz gesagt: UNLEASHED sind Originale, sie sind charismatisch und sie sind gnadenlos. Sie sind die Definition des Death Metal, die jede Konkurrenz zu Staub zerfallen lässt. Selbst die Genres übergreifend, würde ich behaupten, dass UNLEASHED im Gesamtpaket die derzeit stärkste aktive Metalband überhaupt ist. Daher wird es für alle noch folgenden Alben des Jahres 2010 schwer werden, "As Yggdrasil Trembles" vom Thron zu stoßen!
Anspieltipps: So It Begins, As Yggdrasil Trembles, Wir kapitulieren niemals, Chief Einherjar
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle