UNLEASHED - Odalheim
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2012
Mehr über Unleashed
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Nuclear Blast (Warner)
- Release:
- 20.04.2012
- Fimbulwinter
- Odalheim
- White Christ
- The Hour Of Defeat
- Gathering The Battalions
- Vinland
- Rise Of The Maya Warriors
- By Celtic And British Shores
- The Soil Of Our Fathers
- Germania
- The Great Battle Of Odalheim
Wohin soll eine Band vom Gipfel aus auch noch klettern?
Schwedens Entfesselte sind zurück, und das zum sechsten Mal seit der Rückkehr im Jahre 2002. Alle zwei Jahre stehen die Wikinger mit einem neuen Scheibchen in den Startlöchern, das den Ungläubigen die Weisen von Odin, Thor und dem alten Germanien - aber auch von zahlreichen anderen kriegerischen Dingen - mit dem derben Holzhammer eintrichtert, und nicht wenige sind beeindruckt, welch hohes Qualitätsniveau die Band seither halten kann. Hier macht auch "Odalheim", das neue, mittlerweile elfte Studioalbum der Jungs, keine Ausnahme, füllt es doch einmal mehr eine Dreiviertelstunde mit elf hochkarätigen massiven Death-Metal-Hymnen, die einerseits voll auf eingängige, mitbrüllbare Refrains setzen, andererseits aber auch innerhalb der selbst gesteckten stilistischen Grenzen geschickt variieren.
Ja, wer UNLEASHED kauft, der bekommt auch die Markenzeichen, welche er sich von der Band erwartet. Das ist kaum anders als bei MOTÖRHEAD: Es gibt eine Handvoll Songtypen, die zwar immer wiederkehren, aber mit neuen Geschichten, neuen Hooks und einem gesunden Maß an Abwechslung dennoch faszinieren. Das hält meist sogar die Zaungäste bei Laune, und die treuen Fans der Band saugen das neue Material einmal mehr auf wie güldenen Met. Schon mit dem Opener 'Fimbulwinter' setzt die Band ein erstes Ausrufezeichen, indem sie klirrend und rasend loslegt, den Song dann aber in einen flott dahin trabenden Nackenbrecher verwandelt, der im Refrain ein gewisses Flirren entfaltet. Zusammen mit der hier etwas mehr ins Keifen driftenden Stimme Johnny Hedlunds rücken wir also einen winzigen Tick mehr gen Black Metal und somit auch ein kleines bisschen in Richtung der allgemein grenzgängerischeren Landsleute von NECROPHOBIC.
Wer jetzt vor Schreck sein Knäckebröd in den flaschen Hals bekommen hat, der sei beruhigt: Ihr bekommt von der Band schon genau das, was ihr von ihr erwartet. Das folgende Titelstück wird zwar mit einem kurzen, gezupften Fragment eingeleitet, lebt im Folgenden jedoch von etlichen gelungenen Stimmungs- und Rhythmuswechseln. Hackende, aggressive, geblastete Passagen wechseln sich mit melodisch-atmosphärischen Passagen und einem Refrain der allerklassischsten UNLEASHED-Schule ab. Bei 'White Christ' verbinden die Herren ihren blastenden Elchtod mit einigen massiven, groovenden, thrashigen Riffs und bei aller Kürze recht ausgedehnten Leads. Erneut mit gezupftem Atmosphären-Intro beginnt ein weiteres ganz großes Highlight der Scheibe, das auf den Titel 'Hour Of Defeat' hört und die Band von ihrer stärksten Seite zeigt. Mit einem simplen, aber irrsinnig dynamisch dargebotenen Hauptriff und feinem Panzerkettenrhythmus treibt der Song flott nach vorne und lässt die Matten kreisen.
Mit 'Gathering The Battalions' wird das Tempo nochmals angezogen, um einen Song zu präsentieren, der sich fein in die Reihe mit den auf den vergangenen Alben gebotenen Stücken mit Mittelerde-Bezug einreiht. Beim programmatisch gut arrangierten 'Vinland' zupft Johnny zum Meeresrauschen beharrlich den Bass, bis sich langsam mit cleanen Gitarren am Horizon die Küsten der neuen Welt entfalten, bevor das Stück Fahrt aufnimmt und man zu dessen beharrlicher, peitschender Rhythmik und maritimen Atmosphäre man förmlich den Bug des Drachenboots durch die Wellen reiten sieht. In der neuen Welt angekommen, treffen unsere tapferen Nordmänner dann offenbar auf die Maya, und so folgt ein gnadenloser, knackiger, kurzer Vorschlaghammer namens 'The Rise Of The Maya Warriors', der sich sehr refrainbetont gibt und Johnny auch in spanischer Sprache brüllen lässt. Längere akustische Passagen leiten die beiden dunklen, getragenen, marschierenden Stücke 'By Celtic And British Shores' und 'The Soil Of Our Fathers' ein, bevor uns die Band zum Schluss hin mit dem mächtigen 'Germania' und dem Hinausschmeißer 'The Great Battle Of Odalheim' noch zwei echte, extrem heavy arrangierte Hymnen kredenzt.
Mancher wird fraglos kritisieren wollen, dass die Herren von UNLEASHED ihr spätestens seit der Rückkehr etabliertes und bis zur Perfektion entwickeltes Konzept mit "Odalheim" nicht mehr erweitern, sondern nur noch ihre ureigene Zielgruppe auf höchstem Niveau bedienen. Dagegen wirklich stichhaltige Argumente ins Feld zu führen, fällt mir schwer, denn natürlich ist das musikalische Repertoire der Band längst umfassend abgesteckt. Dennoch finden sich auf "Odalheim" in überschaubarem Umfang Elemente, die sich von den Vorgängern zumindest hier und da abheben und das Album für den bekennenden Fan zum Festmahl machen. Wer von UNLEASHED schon in den letzten zehn Jahren nicht überzeugt wurde, der wird auch dieses Mal seinen bevorzugten Death Metal anderenorts suchen. Für mich indes liefert die Band einmal mehr Wikingerblei in Vollendung. Ja, sie steht zwar auf der Stelle, doch wohin soll sie vom Gipfel aus auch noch klettern?
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle