VAN TEEL - Funeralia
Mehr über Van Teel
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 09.06.2016
- Praeludium
- Dissociative Trancegration
- Uebermensch
- Funeralia
- The Fall
- Der halbierte Christ
Vielseitige und durchdachte Black-Metal-Eigenpressung fernab generischer Klischees.
VAN TEEL ist eine noch recht junge Band aus Zerbst in Sachsen-Anhalt, die sich nach eigener Einschätzung dem progressiven Black Metal verschrieben hat und deren Bandname - ihr ahnt es schon - tatsächlich genau das Wortspiel sein soll, das man nach kurzem Grübeln schon verworfen hatte, denn die Musik dient den Bandmitgliedern tatsächlich als Ventil für das alltäglich Erlebte in so emotional einnehmenden Berufen wie Bestatter, Altenpfleger und Psychologe.
Wenn wir nun aber von der Exegese der sehr ausführlichen und informativen Bandbiographie zur Musik herüber schwenken, dann fällt sehr schnell auf, dass das Schaffen des (nach den Aufnahmen zum Quartett angewachsenen) Trios auf seinem selbst finanzierten Debütalbum "Funeralia" keineswegs zu verkopft oder über die Maßen introvertiert wirkt. Ganz im Gegenteil: Die anhaltinische Interpretation des schwarzen Stahls ist teilweise durchaus basisch, rockig, direkt und schnörkellos, doch sie kann aben auch anders: Denn bei aller Eindringlichkeit kennt das Album auch eine nicht selbstverständliche Vielseitigkeit und Verspieltheit, sowie einen Variantenreichtum, der die Scheibe unvorhersehbar und spannend hält.
Nach dem 'Praeludium', welches Sturmklänge (die Band verrät, dass es sich um einen echten "Funeral Wind"-Mitschnitt handelt) mit Ambientklängen und einer Radiodokumentation über die Schlacht am Wounded Knee verbindet, steigt die Truppe mit 'Dissociative Trancegration' wuchtig und angriffslustig in ihr Oeuvre ein, das von Robert Tüllner, dem Bruder von Sänger Johannes Tüllner produziert und von Alexander Lysjakow in seinem renommierten Sound Art Recording Studio gemastert wurde. Dieser kompetenten Zusammenarbeit ist eine für Black-Metal-Verhältnisse sehr transparente Produktion geschuldet, die sämtliches Instrumentarium ungewöhnlich differenziert hörbar werden lässt und gerade den Bass und das einfallsreiche Schlagwerk sehr präsent in Szene setzt, was auch dem harten und direkten 'Uebermensch' mit seinem MOTÖRHEAD-Rock-Riff und dem hysterischen Refrain sehr gut tut.
Beim Titelstück begegnet uns vom Fleck weg ein kalter, rockiger Knochengroove, wie wir ihn mit norwegischen Bands wie TULUS oder KHOLD, aber auch mit neueren SATYRICON-Werken assoziieren, der aber hier vor allem von der tollen Schlagzeugarbeit Alexander Probsts lebt, die Stücke wie dieses sehr mitreißend gestaltet. Bei 'The Fall' schlägt dann auch das durch, was die Band wohl unter ihrem progressiven Ansatz versteht. Beim akustischen, gezupften Intro und den sich durch den Song ziehenden ebensolchen Elementen meine ich jedenfalls nachvollziehen zu können, was mit krautrockigen Einflüssen gemeint sein könnte, ebenso aber auch beim dessen ausgedehntem instrumentalem Finale, das aus einem recht mantrisch-doomig wirkendem Zusammenspiel von monolithischem Riffing und vertrackter Schlagzeugarbeit besteht. Das Stück erhält auf diese Weise eine spannende, fesselnde Facette und eine nicht selbstverständliche Verspieltheit, welche das Album ebenso wie die hier besonders starken gesanglichen Varianten Tobias Gommlichs insgesamt stark auflockert.
Abschließend scheint eine BLACK SABBATH-mäßig durch den Nebel hallende Kirchenglocke ein doomiges Finale anzukündigen, doch weit gefehlt, denn auf einen Schlag bricht bei 'Der halbierte Christ' das flirrende und surrende Inferno los, welches den Schlusstrack zur schwarzmetallischsten Attacke des Albums werden lässt, die ich irgendwo zwischen IMMORTAL und DARK FUNERAL verorten würde, die allerdings durch die voluminösere, wärmere Produktion auch wiederum eigene Akzente setzen kann. Dazu kommt noch ein zweiter Teil, oder ist es ein "Hidden Track", mit erneut feiner MOTÖRHEAD-Schlagseite im Riffing der Gitarren, der mich auch wieder ein bisschen an SATYRICON-Werke wie 'Fuel For Hatred' erinnert, bevor das Album in einem kurzen Keyboardklang so ambient endet wie es begonnen hat.
So bleibt am Ende ein richtig feines Debüt, dem man die Liebe zum Detail und zum großen Ganzen ebenso anmerken kann, wie die Mühe, welche in Songwriting, Aufnahme und Produktion flossen. Die Jungs aus Zerbst haben hier alles richtig gemacht, was man auf einer ersten Eigenpressung nur richtig machen kann, und somit ist "Funeralia" auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes Eigengewächs, das ich jedem Schwarzmetaller ans Herz legen möchte, der nicht auf stumpfe, klischeetriefende Generika aus ist, sondern auf vielseitige junge Bands, die hörbar mit Herz, Hirn und Ideenreichtum an die Sache heran gehen.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle