VARG - Das Ende aller Lügen
Mehr über Varg
- Genre:
- Pagan Metal
- ∅-Note:
- 5.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 15.01.2016
- Der große Diktator
- Das Ende aller Lügen
- Revolution
- Streyfzug
- Achtung
- Dunkelheit
- Totentanz
- Einherjer
- Wintersturm
- Ascheregen
Schluss mit lustig
Da gibt es so eine Band in Coburg, die seit Jahren immer wieder in der Lage ist, Gemüter zu erhitzen und auch kommerzielle Erfolge zu feiern, und nach dem Hören der neuesten Lieder dieser Band sitze ich da und frage mich "warum?". Nachdem man in der Vergangenheit immer wieder mit Anfeindungen wegen (angeblicher) rechter Tendenzen und dämlicher Bilder konfrontiert wurde, hatte die Band eigentlich ihren Weg gefunden, den bereits Truppen wie die BÖHSEN ONKELZ oder FREI.WILD gegangen waren. Die Rede ist von der selbstmitleidigen Opferstilisierung und dem ewigen Selbstbezug in den Texten. Doch dann gab es als Vorgeschmack auf das neuste Album eine EP namens "Rotkäppchen", die eher auf den Spuren von Blödeltruppen wie FEUERSCHWANZ wandelte. War also die Hoffnung angebracht, dass sich VARG aus der Schmollecke in die Bierzelte und Karnevalssitzungen der Nation wagt?
Bereits die ersten Töne von "Das Ende aller Lügen" zerstören diese Hoffnung, was eigentlich schon beim Albumtitel klar war. Nach einem Sample aus Charlie Chaplins "Der große Diktator" geht es mit dem Titelsong los, der zu generischem Melodeath-Sound mit überproduzierten Plastikdrums in textlich widerlichsten Frasen wühlt. Lügen, Freiheit, Widerstand, "Wir sind viele", wer sich hier an Wutbürger und die braune Ursuppe von PEGIDA denkt, dem kann ich zumindest keinen Vorwurf machen, der Band sollte die Wirkung dieser Worte nach über einem Jahr Montagsspaziergänge jedoch bewußt sein, weshalb eigentlich nur zwei mögliche Interpretationen existieren: Entweder man fühlt sich dem Patriotenumfeld allen Beteuerungen zum Trotz sehr nahe, oder man will auf zynische Weise diese Klientel als Käufer abschöpfen, beides finde ich abstoßend. In diesem Zusammenhang kommen auch die Worte "Wir zünden Feuer an" im zweiten Lied 'Revolution' nicht ganz überraschend.
Um es klar zu sagen: Auf "Das Ende aller Lügen" gibt es keine eindeutigen politischen Aussagen, alles kratzt immer haarscharf daran vorbei, so dass man die Interpretation dem Hörer überlässt und im Zweifelsfall so alle Verantwortung von sich weisen kann. Doch diese Verantwortung liegt klar bei der Band, die hier mindestens wissentlich und absichtlich Anschlussfähigkeit an den Wutbürgersumpf herstellt. Das ist eklig und wird durch die ewigen Selbstbezüge in den Texten nicht besser, auch nicht durch das generische Songwriting und die sprachlich durchwachsenen Texte. In der zweiten Hälfte wird es dann metaphorischer, gothischer ('Totentanz') und zum Abschluss gefühlig und deutschrockig mit 'Ascheregen'.
Alles in allem ist "Das Ende aller Lügen" musikalische Durchschnittsware mit moderner Produktion, Melodien, die manchmal dem Black Metal, manchmal IN FLAMES entliehen wurden, und Texten, die von banal bis widerlich die untere Hälfte des Spektrums abdecken. Von der Pagan-Metal-Vergangenheit ist eigentlich nur noch der Liedtitel 'Einherjer' übrig, der aber vermutlich reicht, um nach wie vor Fans aus diesem Genre in den jämmerlichen Wolfskult zu ziehen, wo dann inbrünstig über die fiese Welt da draußen, die VARG Böses will, geschimpft und für Freiheit und gegen Lügen angebrüllt wird. Davon haben wir in Deutschland aber momentan schon zu viele Leute und brauchen ein Album wie "Das Ende aller Lügen" schlicht und einfach nicht.
- Note:
- 1.00
- Redakteur:
- Raphael Päbst