VARIOUS ARTISTS - Bittersüss - No War
Mehr über Various Artists
- Genre:
- Diverse
- Label:
- Flotainment
- GRENZGEBIET - Nie wieder Krieg
- THE REARGUARD - What The Hell!!
- KEYA - Que Dieu Aie Pitié De Toi
- UNLOVED - Mystery
- BABY GRACE - Unreproachful Giver
- THE TITANIC DAYS - Ballade von der Soldatenbraut
- JÖRG LEHWALD - Stoppt die Gewalt!
- DÖDENS PILAR - Not Our War
- INA DETER BAND - Spieglein, Spieglein
- MANNI HOLLAENDER - Mittendrin
- FADE - Losing Control
- SOLICITUDE - Warhead Of Sickness
- REIPRICH & PÖTSCH - Der Schläfer im Tal
- EXCELLENT FOOLS - Outthere
- PRO FAC - Boom!!!
- STAINLESS - Searching For Hope
- GRANT STEVENS - Highway To Hell
- ADRIAN MARUSZCZYK - Za Oknem
Sinn und Zweck dieses Projekts dürfte mit einem Blick auf den Titel klar sein. Politisch engagierte, zum größten Teil – mit Ausnahme der INA DETER BAND - unbekannte Künstler demonstrieren akustisch gegen den Krieg. Dabei verzichten alle Künstler auf ihre Gagen und stiften sämtliche Erlöse an die Ärzte ohne Grenzen. Sehr lobenswert.
Grenzenlos ist dabei auch die stilistische Vielfalt, die auf "No War - Bittersüss" geboten wird. Egal, ob Hip Hop, Rock, Poesie, Pop, Punk oder Death Metal. Alles ist erlaubt. Es geht hier ja auch um einen gemeinsamen Nenner in der textlichen Aussage und nicht um musikalische Schubladen.
Los geht's mit der Hip-Hop-Nummer 'Nie wieder Krieg' vom GRENZGEBIET. Musikalisch ist das nicht mein Ding. Auch wenn ich es mir schmerzfrei anhören kann. Eine Textzeile wie 'Ich weiß ja, Herr Kanzler, es regiert sich offenbar schwerer ohne Panzer, trotzdem wäre ich dankbar für: Nie wieder Krieg' erscheint mir angesichts des Standpunkts von Herrn Schröder aber doch etwas überholt.
Straighten Alternative Rock bieten THE REARGUARD mit 'What The Hell'. Gefällt mir gut. Ebenso wie der Chorus mit dem charmanten 'What the hell is going on that we had to write this song, mama they're all crazy now, I don't believe my senses somehow'. Gelungen.
Zum französischen Beitrag von KEYA kann ich nicht allzu viel sagen. Ein Popchanson, den ich mir nicht häufiger anhören muss.
UNLOVED bieten Rock mit zierlicher Frauenstimme. Sehr nett, wenn auch textlich unspektakulär.
Erster echter Höhepunkt ist das feine, ebenfalls mit weiblichen Vocals versehene 'Unreproachful Giver' von BABY GRACE. Exzellenter Alternative Rock mit erstklassigen Vocals und gutem Gespür für Melodien.
Extrem mutig sind THE TITANIC DAYS, die Berthold Brechts 'Ballade von der Soldatenbraut' auf der Originalmusik von Kurt Weill wiedergeben. Von einer leisen Frauenstimme vorgetragen, gibt es bei einer Textzeile wie 'Und was bekam des Soldaten Braut aus dem fernen Russland? Aus Russland bekam sie den Witwenschleier. Zur Totenfeier den Witwenschleier, den bekam sie aus Russland.' gleich meterdicke Gänsehaut. Puh.
Keine Gänsehaut, aber zu Berge stehende Haare bekomme ich bei JÖRG LEHWALD und seiner unglaublich kitschigen Pop/Schlager-Nummer 'Stoppt die Gewalt'. 'Stoppt die Gewalt und reicht euch die Hände. Macht diesem Schwachsinn doch endlich ein Ende. Kämpft für 'ne Welt, in der Liebe regiert, wo das Gefühl nicht weiter einfriert'. Einen banaleren, natürlich von einem Kinderchor unterstützten, Chorus als hier habe ich selten gehört. Ganz schlimm.
Erfrischenden Punk zocken danach DÖDENS PILAR mit 'Not Our War'. Knackig und mit cleverem Text.
Sehr metaphorisch geht Ina Deter mit ihrer Band bei 'Spieglein, Spieglein' vor. Gute, deutsche Rockmusik mit Hirn. Ist man von der Frau ja gewohnt.
MANNI HOLLAENDER stellt mit der nur von Piano begleiteten Ballade 'Mittendrin' einen weiteren Höhepunkt vor. Eine an KONSTANTIN WECKER erinnernde Nummer mit intelligenten Lyrics.
Düster wird es mit FADE. Erinnern ein wenig an die DREADFUL SHADOWS. Insgesamt nett.
SOLICITUDE prügeln sich durch ihre Death-Metal-Nummer und sind so ein gelungener Kontrast zu den doch eher ruhigen Songs des restlichen Silberlings. Und auch textlich gibt es an Textzeilen wie 'War is senseless dying, something you should know' nix zu mäkeln.
REIPRICH & PÖTSCH rezitieren das Gedicht 'Der Schäfer im Tal' von Jean Arthur Rimbaud. Nur von akustischer Gitarre begleitet, kann man auch hier wieder Gänsehaut bei Zeilen wie 'Aus der zerschossenen Seite quillt es rot heraus, wie wenn die Hände, die verkrampften, einen Strauß taufrisch geschnittener Rosen halten.' bekommen.
Balladeske, alternativ rockende Töne geben die EXCELLENT FOOLS von sich. Guter Sänger und tiefgrüdiger Text. Sehr schön.
PRO-FAC machen Crossover. 'Boom!!!' erinnert noch am ehesten an Bands wie SUCH A SURGE. Ganz cool.
STAINLESS gehen wieder etwas düsterer zu Werke. Ebenfalls eine tiefsinnige, traurige Ballade. Auch gelungen.
Bei GRANT STEVENS (nicht besonders gelungener) Coverversion von 'Highway To Hell' sehe ich nicht unbedingt den Zusammenhang zum Konzept des Silberlings. Na ja, Erklärungen bitte per Mail an mich. ;-)
Den Abschluss bildet die polnische(? – ich kann mich da irren) Nummer von ADRIAN MARUSZCZYK 'Za Oknem'. Schräger Song. Natürlich vor allem wegen der Sprache.
Insgesamt ist "No War – Bittersüss" ein abwechslungsreicher und zu großen Teilen musikalisch auch gutklassiger Sampler, den aufgeschlossene, schubladenfreie Musikhörer sich durchaus anhören sollten. Und für den guten Zweck, kann man sicher auch mal über den einen Totalausfall hinwegsehen und ein paar Euro investieren.
Anspieltipps: BABY GRACE, THE TITANIC DAYS, INA DETER BAND, MANNI HOLLAENDER
- Redakteur:
- Peter Kubaschk