VARIOUS ARTISTS - Enslaved - Önd - A Tribute
Mehr über Various Artists
- Genre:
- Black Metal / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Pictonian Records
- Release:
- 11.10.2012
- ODEM ARCARUM - Convoys To Nothingness
- ISLAND - The Sleep
- BELENOS - Hordalendingen
- WODENSTHRONE - Slaget I Skogen Bortenfor
- FEN - Resound Of Gjallarhorn
- THE WOLVES OF AVALON - Essence
- DARKENHÖLD - Allfadr Odin
- ANGANTYR - Eit Auga Til Mimir
- RIBOZYME - To The Coast
- AS LIGHT DIES - As Fire Swept Clean The Earth
- DORDEDUH - Ruun
- KRAKOW - Center
- FOSCOR - Return To Yggdrasill
- REVERENCE - Path To Vanir
- LUX DIVINA - Loke
- STAGNANT WATERS - Større Enn Tid - Tyngre Enn Natt
- VREID - Lunar Force
- ASMODÉE - Hollow Inside
- ANGMAR - Midgards Eldar
- JANVS - 793 (Slaget Om Lindisfarne)
Ein würdiger Tribut an eine einflussreiche und vielgesichtige Band.
Dass eine Band großen Einfluss auf die sie umgebende Musiklandschaft hat, erkennt man nicht in erster Linie daran, dass sie viele Alben verkauft oder große Hallen füllt, sondern viel eher daran, ob andere Musiker und andere Bands ihren Stil aufgreifen, neu kombinieren oder weiter entwickeln. Ein sicheres Indiz für großen künstlerischen Einfluss einer Band ist es, wenn diese Band nicht gerade zu den kommerziell erfolgreichsten Bands der Szene gehört, sich aber dennoch die stattliche Anzahl von zwanzig Bands aus ganz verschiedenen stilistischen Lagern versammelt, um den Vorbildern mit einem Tribut-Album zu huldigen.
Durch das eben auf dem französischen Label Pictonian Records erschienene Album "Önd - A Tribute" gehören auch die Norweger von ENSLAVED zum Kreis der Bands, die durch eine solche Scheibe geadelt werden. Darauf ist nun nicht nur eine stilistisch eng gefasste Horde von Anbetern vertreten. Vielmehr finden sich einige namhafte und auch etliche eher unbekannte Bands, die eine Bandbreite von grimmigem Black Metal über folkloristischen und epischen Pagan Metal bis hin zum entrückten und angeschwärzten Prog abdecken. Darin zeigt sich, dass nicht nur die Anzahl der von ENSLAVED beeinflussten Bands groß ist, sondern dass die Wirkung, die Grutle, Ivar und Co. entfachen konnten, ein breites stilistsiches Feld erfasst hat.
Auch ist es nicht nur eine bestimmte Phase der Norweger, welche solch große Wirkung entfachen konnte, sondern es finden sich auf dem Tribute Stücke aus allen Phasen der Band. So widmen sich zunächst die bayerischen Black-Metaller von ODEM ARCARUM in einer sich relativ nah am Original bewegenden zehnminütigen Version des "Monumension"-Tracks 'Convoys To Nothingness', bevor sich die Zeitgeister-Band ISLAND an eine tolle akustisch dominierte Version zu 'The Sleep' vom selben Album wagt. Danach geht es erst einmal weit zurück in der Bandgeschichte, was wohl auch den Haupteinflüssen der Tribut zollenden Bands entsprechen wird: Die französische Pagan/Black-Institution BELENOS setzt den Klassiker 'Hordalendingen' von der "Eld" ebenso gelungen wie rasend in Szene und die britischen Kollegen von WODENSTHRONE verpassen dem Debüt-Hammer 'Slaget I Skogen Bortenfor' noch einen guten Schuss mehr Epik als er eh schon immer hatte. Deren Landsleute von FEN haben sich den ältesten ENSLAVED-Track dieses Samplers heraus gesucht und spielen eine schöne, eiskalte, als Keyboard/Piano-Stück startende, sich dann jedoch mächtig post-rockig auswachsende Version des Instrumentals 'Resound Of Gjallarhorn' vom 1992er-Demotape. Dass die "alten" Norweger aus Haugesund offenbar in England besonderen Eindruck geschunden haben, zeigt die nächste Interpretation, namentlich das von THE WOLVES OF AVALON herrlich garstig und doch so episch und anmutig umgesetzte 'Essence' vom 2006er-Album "Ruun", das in dieser Version deutlich schwarzmetallischer geraten ist als im Original. Die Franzosen von DARKENHÖLD spielen den Überklassiker 'Allfaðr Oðinn' überraschend rockig und etwas rumpelig nach, die dänischen Finsterlinge von ANGANTYR knüppeln das "Blodhemn"-Meisterwerk 'Eit Auga Til Mimir' herrlich fies, und dann schlägt die Stimmung urplötzlich komplett um: Wenn sich nämlich mit RIBOZYME eine norwegische Hardrock-Band an eine sehr psychedelische Version des 2008er-"Vertebrae"-Songs 'To The Coast' wagt, oder wenn die spanischen Gothic-Deather von AS LIGHT DIES 'As Fire Swept Clean The Earth' auf kalte, fast industrielle Weise covern, dann wird klar, wie weit die stilistische Reise war, die ENSLAVED bis heute zurück gelegt hat.
Und sie ist noch nicht zu Ende, denn es gibt ja auch noch eine zweite CD zu besprechen: Der ENSLAVEDsche Psychedelik-Hit 'Ruun' wird von den rumänischen Mitpsychedelikern von DORDEDUH melodisch ein wenig balkanisiert und von Sänger Hupogrammos richtig stark interpretiert. Die psychedelische Auslegung favorisieren auch die Hordaland-Stoner von KRAKOW mit 'Center' (2008), während es bei den Katalanen FOSCOR mit 'Return To Yggdrasill' (2004) und bei REVERENCE mit einer wirklich tollen Version zu 'Path To Vanir' (2006) wieder deutlich schwärzer zugeht. Eine weitere mir bisher völlig unbekannte katalanische Band namens LUX DIVINA wagt sich sodann an meinen absoluten ENSLAVED-Lieblingssong 'Loke' ("Frost", 1994) und ich muss sagen, die klirrende, infernalische Raserei ist gut eingefangen. 'Større Enn Tid - Tyngre Enn Natt' vom sperringen "Mardraum" (2000) erfordert dann auch in der Coverversion verstörende Experimente, wie elektronische Sounds und allerlei bizarre Marter mehr. Urheber ist das norwegisch-französische Projekt STAGNANT WATERS, dessen Abgedrehtheit sich sofort erschließt, wenn man weiß, dass Svein Egil Hatlevik (bekannt von FLEURETY und DHG) mit an Bord ist. Krass und krank, aber nicht verkehrt! Mit VREID widmet sich dann mal wieder eine relativ bekannte Band 'Lunar Force' in einer ordentlichen Version, die dem Sound der Tribut Zollenden stark angenähert ist. Mit den Black-Metal-Romantikern von ASMODÉE sind dann wieder Franzosen an der Reihe, die eine gewöhnungsbedürftige, teilweise verjazzte Version von 'Hollow Inside' abliefern. Ihre Landsleute von ANGMAR überzeugen mich da ein gutes Stück mehr mit einer wirklich fantastisch erhabenen Verneigung vor dem Klassiker 'Midgards Eldar' (1994), bevor die Genuesen von JANVS mit einer atmosphärischen, entrückten und leidenschaftlich gesungenen Auflage von '793 (Slaget Om Lindisfarne)' den Tribut beenden.
Das Album glänzt neben der musikalischen Darbietung auch mit einem sehr schönen Artwork, zweieinhalb Stunden Spielzeit, zahlreichen raren und witzigen Bandfotos und ausführlichen Linernotes von Grutle und Ivar zu jedem einzelnen Song. Für ENSLAVED-Fans - und selbstredend nur für solche - ist "Önd - A Tribute" daher fast ein muss, denn es ist doch immer wieder schön zu sehen, wie viele völlig unterschiedliche Musiker die selben Favoriten haben, wie man selbst. Wenn das Album dann auch noch mit so viel Liebe zum Detail aufgemacht ist, dann lohnt sich der Kauf auf jeden Fall.
(Hinweis: Die Note ist im Kontext dessen zu sehen, was ein Tribute-Album leisten kann und soll, und daher nicht im Sinne unserer normalen Notengebung zu verstehen.)
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle