VARIOUS ARTISTS - Guitars That Ate My Brain
Mehr über Various Artists
- Genre:
- Instrumental Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Magna Carta
- Release:
- 06.02.2009
- Paul Waggoner - Boot Dagger Boogie
- Kris Norris - The Life and Times of Sir Walter Sickert
- Dave Martone - Hybrid Angels
- Ron Thal (aka "Bumblefoot") - Disengaged
- Eyal Levi and Emil Werstler - The Unwavering Collapse
- Shane Gibson - Artichoke Samurai
- Devin Townsend - Nerd Alert
- Chris Poland - L.D.E.
- Ola Frenning and Christofer Malmström - Hydra
- Mike Orlando - Stomped
- James Murphy - Six Shooter
- Hugues Lefebvre and Yann Mouhad - Schrödinger's Cat Paradox
Klingt wie das Klassentreffen der Shred-Abiturienten von 1995, die zeigen, dass sie es immer noch können, aber reifer geworden sind.<br />
Anfang der Achziger hat Mike Varney mit seinem berühmten Shrapnel Label gefühltermaßen jeden Buben in Kalifornien, der haraviefrei eine Sechssaitige halten konnte, ins Studio genötigt und eine Solo-Scheibe produziert, so viele erschienen damals. Dabei war das Qualitätslevel sehr hoch, aber auf die Dauer waren Abnutzungserscheinungen nicht zu verdecken. 2009, viele Jahre danach und zwei Dekaden später, in denen sporadisch Instrumentalalben zwischen Größenwahn wie Malmsteen oder Friedman, Größe wie Sherinian oder Petrucci und reinem Wahn wie Jarzombek erschienen, bringt das Proglabel Magna Carta einen rein instrumentalen Sampler auf den Markt, der die alte Zeit wieder aufleben lässt: Ein Shredfest.
Beeindruckend ist dabei die stilistische Vielfalt der Scheibe. So verschieden wie die Musiker sind auch die Stücke, beinahe so sehr, dass man dem Album das Prädikat "Stückwerk" verleihen muss. Nur: Für ein solches Album ist das genau das Richtige! Da die Gesangsmelodien fehlen, muss es nämlich über die Langstrecke instrumental Aufmerksamkeit erregen und Spannung erzeugen, was eben aufgrund der Gegensätze der Stücke funktioniert.
Das Album kann ein beeindruckendes Namedropping vollführen, um das wir bei einem solchen Album einfach nicht herumkommen: Paul Waggoner von BETWEEN THE BURIED AND ME bietet genau das schnelle Gitarrengedudel, das man von einem echten Shredwerk erwarten darf. Mit irrem Gedudel an der Grenze zur Dissonanz gewürzt, bevor er beweist, dass ein Song mehr ist als nur Geschwindigkeit, ist das ein toller Opener, der nach einigen Durchläufen allerdings bei weitem nicht das beste Stück auf dem Album ist. Der Kontrast zu Kris Norris' von DARKEST HOUR Stück mit seinen vielschichtigen Percussions könnte kaum größer sein, bevor Dave Martone das Ganze wieder etwas härter werden lässt und schon fast Industrial-Klänge integriert. Ron Thal mit GUNS 'N' ROSES Ehren besticht durch sein gefühlvolles, aber verschrobenes Stück, das viel weniger Shredding als Emotion ist. Die beiden DAATH Musiker Eyal Levi und Emil Werstler können danach das Niveau nicht ganz halten, obwohl die leicht orientalischen Töne und poppigen Zwischenspiele sich ebenfalls auf hohem Niveau bewegen. Wer bislang dachte, Shane Gibson von KORN könnte eh nur drei Noten, und selbst die werden verfremdet, sieht sich eines Besseren belehrt durch den 'Artichoke Samurai'. Anschließend präsentiert Devin Townsend von STRAPPING YOUNG LAD und, äh, sich selbst ein Stück, dass ebenso abgefahren ist wie seine sonstigen Songeskapaden. Ein mit 'Nerd Alert' zutreffend betitelter technischer Wahnwitz, bei dem leider der Song verloren geht. Ganz das Gegenteil ist der Fall bei Chris Poland (OHM, DAMN THE MACHINE, MEGADETH), der einen Old School Doomgroove nimmt und darüber einige phantastische Improvisationen legt. Das Highlight des ganzen Albums! In eine ähnlich geniale, wenn auch rhythmisch viel vertracktere Kerbe hauen die beiden DARKANE und SOILWORK Gitarristen Christofer Malmström und Ola Frenning, die tatsächlich für ihr Duett einen Song geschrieben haben, bei dem man ständig den Einsatz des Sängers erwartet und ihn am Ende doch nicht vermisst hat. Und natürlich darf es hier auch mal etwas heftiger sein. Aber auch Mike Orlando von der mir unbekannten Gruppe SONIC STOMP und James Murphy von TESTAMENT zeigen, wie man packende Songs ohne Sänger schreiben kann. Und als Rausschmeißer noch ein jazziges, metallisches Progfeuerwerk der beiden Saitenhexer von ANTHROPIA, das so viele musikalische Ideen verwurstet, dass es für zwei ganze Alben gereicht hätte.
Nach mehr als einer Stunde hinterlässt "Guitars That Ate My Brains" ein uneingeschränkt positives Gefühl, bei dem nur Devin Townsends Irrsinn negativ auffällt. Dieser Track hätte sich am Ende des Album besser gemacht, dann hätten die Townsend Fans ihn hören und der Rest einfach auf Stop drücken können. Irgendwie überschreitet er nämlich langsam den Grat, der Genie von unnachvollziehbarem Blödsinn trennt. Alle anderen elf Kompositionen sind schwindelerregend und genial. Wer auch nur ein kleines Faible für instrumentalen Metal und gute Gitarren hat, sollte schleunigst in "Guitars That Ate My Brains" reinhorchen. Lasst euch von dem ausgesprochen scheußlichen Cover nicht abhalten, und auch nicht durch das Label verwirren, denn Magna Carta waren noch nie so hart wie auf dieser Langrille. Nur progressive, das sind sie immer noch, und kredenzen ganz beiläufig mal das beste Instrumentalalbum, das ich seit langem gehört habe.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger