VARIOUS ARTISTS - NYIA/ANTIGAMA (Split-CD)
Mehr über Various Artists
- Genre:
- Grindcore/Fusion Metal
- Label:
- SelfmadeGod Records
- Release:
- 02.11.2007
- Of The Will (NYIA)
- Of Power (NYIA)
- Of Those (NYIA)
- Beyond Me (ANTIGAMA)
- Nature (ANTIGAMA)
- Only (ANTIGAMA)
- Torture (ANTIGAMA)
- ADV (ANTIGAMA)
- The Trio Infernal (ANTIGAMA)
Warum hat mich bloß niemand aus der Redaktion gewarnt? Da lege ich völlig unbedarft die Split-CD der polnischen Bands NYIA und ANTIGAMA in den Player und erwarte aufgrund der Herkunft ein Death-Metal-Gewitter (welch Klischee!) oder aufgrund des Covers progressive Rockmusik (wie man sich doch täuschen kann). Verpackt in 16 Minuten bricht das absolute Soundinferno über den Ahnungslosen ein. Der Weg zur Hölle ist mit diesem schrägen Soundtrack gepflastert. Ein musikalisches Massaker, das allen Rhythmuslegasthenikern den Todesstoß versetzen wird. Hier herrscht Anschnallpflicht!
Zunächst beginnen NYIA, die seit 1999 ihr Unwesen treiben und unter anderem mit Musikern von VADER bestückt sind. Die Jungs um Bandkopf und Schlagzeuger Wojtek Szymanski starten mit 'Of The Will' recht bedächtig und lassen leicht moderne Stilrichtungen durchblicken. Das liegt vor allem an Sänger Jakub Leonowicz, der mit klaren, lang gezogen Melodielinien dem Ganzen eine Metalcore-Schlagseite verpasst. Lange währt diese trügerische Ruhe aber nicht, denn urplötzlich verwandelt sich die Musik in eine entfesselte Bestie. Alle Instrumente scheinen gleichzeitig ein eigenes, nicht aufeinander abgestimmtes Solo zu spielen. Dazu kommen in den folgenden zwei "Shocking Shorts" auch Grindcore-Elemente, die jeglichen Anflug von Songstruktur (was für ein abstruses Wort in diesem Zusammenhang) und Erholungsphasen im Keim ersticken. NYIA schaffen es aber irgendwie trotzdem, Emotionen zu vermitteln, auch wenn diese meist in einem kollektiven Wutausbruch enden.
Im Anschluss haben die Kollegen von ANTIGAMA sechs Songs lang Zeit, die noch verblieben Nervenstränge zu zerfetzen. Dabei setzen sie überwiegend auf Grindcore-Attacken, packen hypnotische Riffs aus, hinter denen sich der Rest der Musiker gnadenlose Soloduelle liefern. Hier werden beängstigende Stimmungen produziert und disharmonische Klänge verursacht. Jeder Gehörbildungstrainer hätte hier seine wahre Freude. Unterbrochen werden diese akustischen Prügeleinheiten nur durch zwei kurze Instrumentals ('Torture', 'The Trio Infernal'), die aber ausschließlich dazu dienen, die Angst vor dem nächsten Massaker zu steigern.
Mir persönlich gefallen, wenn überhaupt, NYIA einen Tick besser, da sie es durch ihre gesanglichen Melodiebögen, dem Einsatz von Samples und kurzen Breaks zumindest ansatzweise schaffen, eine Dynamik in das Chaos zu bringen. Produktionstechnisch ist alles im grünen Bereich, also kein Rumpelrotz, sondern ganz klar Bundesliga. Die arg kurze Gesamtspielzeit ist in diesem Falle sogar mal wirklich gut - und das ist nicht negativ gemeint. Nach einer kurzen Erholungsphase ertappe ich mich nämlich dabei, wie ich Lust bekomme, die Scheibe noch einmal unter Kopfhörer zu hören. Muss ich mir jetzt Sorgen machen? Bin ich irgendwie infiziert?
Ich kann nur noch einmal alle ausdrücklich davor warnen, diese Scheibe ohne Vorkenntnisse in den Player zu schieben. THE DILLINGER ESCAPE PLAN sind absoluter Kindergarten dagegen. Alle, die eine perfekte Untermalung zu ihren täglichen fünfzehn "Schrei-die-Wand-an"-Minuten brauchen, könnten hier ja mal vorsichtig antesten. Allen Musiktheoretikern unter euch sei diese Platte aber wärmstens empfohlen. Viel Spaß beim Herausschreiben der Takte und Noten. Ich gehe jetzt erst einmal wieder meine Katze einfangen ...
Anspieltipps: Of The Will, Nature
- Redakteur:
- Chris Staubach