VARIOUS ARTISTS - BORIS SAVOLDELLI / ELLIOT SHARP - Protoplasmic
Mehr über Various Artists - BORIS SAVOLDELLI / ELLIOT SHARP
- Genre:
- Avantgarde / Experimentalmusik / Fusion: Jazz/Drone/Psychedelic/Electro
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Moonjune Records
- Release:
- 10.04.2009
- A-Quantic
- Noises In My Head
- Prelude To Biocosmo Pt. One
- Black Floyd
- Reflective Mind
- Nostalghia
- A Meeting In A Park
- Khaotic Life
- Prelude To Biocosmo Pt. Two
- Dig It
Führen Sie diese Serie logisch konsequent fort: MILES DAVIS, FRANK ZAPPA, CAN, SQUAREPUSHER, KAYO DOT, ... <br />
Mit BORIS SAVOLDELLI und ELLIOTT SHARP hat sich Moonjune, das Label für Freakjazz und allerlei progressive Crossoverprojekte, ein Schrägie-Duo der besonderen Art an Land gezogen. SHARPs Gitarrenfizzel werden auf dessen ersten gemeinsamen Album durch allerlei Effektgeräte gejagt, fragmentiert, defragmentiert und mit zusätzlicher Elektronik angereichert, bis jene kritische Masse erreicht ist, die das Fusionsprodukt aus SHARPs Instrumentalsound und SAVOLDELLIs wiederum teilverfremdeten, wortlosen Vokalsperenzchen wie einen futuristischen Trip durch Krautrockkosmen und Gigabytegalaxien zum Livestream eines spontanen Jams von CAN und SQUAREPUSHER auf einem interplanetarischen ZAPPAfestival klingen lässt.
Doch nicht nur ums mittlere Tempo bisweilen wild oszillierenden Klangexperimenten, sondern auch gemäßigteren, atmosphärisch dichten Tongebilden wie der aus an Walgesang erinnernden Vokalglissandos und fast schon BOHRENsisch langsamem Jazzgitarrendrone sowie einer Prise Elektroeffekte erwachsenden 'Nostalghia', dem electrojazzig-ätherischen 'A Meeting In A Park' und dem schwelgerischen, zweiteiligen Freeform-Psychedelic-Opus 'Prelude To Biocosmo', bietet das vom kongenialen Duo ebenso verheißungsvoll wie passend betitelte, geistreiche "Protoplasmic"-Album Raum. Milde und meditativ beginnend durchstreifen die Parts des Preludes waberige, KAYO DOTsch anmutende "Blue Lambency Downward"-Spären, um schließlich in ein polymorphes Drone-Finale geradezu bewusstseinserweiternder Klangspektren zu münden.
Ganz anders 'Khaotic Life': Da zirpt, zwirbelt, zerrt, zappt, zischt und zwuckelt es an allen gekrümmten Ecken und losen Enden, man wähnt sich beim Zuhören mittenmang in ein von lauter winzigen Wuselwesen bevölkertes akustisches Zerrspiegelkabinett versetzt. Auch die 'Noises In My Head', die noch am ehesten an den eingangs erwähnten SQUAREPUSHER erinnern, setzen ganz auf diese weirdness, die sich erst aus jener spezifischen Spannung ergibt, welche immer nur dann entsteht, wenn elektronische Effekte mit handgespielten Saiten und mundgemachten Lauten in Korrespondenz treten.
Dann gibt es auf "Protoplasmic" noch jene Wunderwerke zu bestaunen, die ihren Reiz aus Stimmungsambivalenzen beziehen: 'A-Quantic' etwa, dessen flüssiges Wabern, hohl-tiefes Basspochen und blubberndes Gitarrenglucksen an Tieftauchgänge in einem riesigen Aquarium erinnern, während das irgendwie maschinell wirkende Gezischel im Hintergrund eher an physikalische Versuchslaboraufbauten denken lassen; 'Black Floyd', das vor dem geistigen Auge des Zuhörers in meinem Falle die phantasmagorische Gestalt einer sich selbst viskos verflüssigenden, fortwährend ins Gigantische wachsenden, beständig mutierenden Vinylplatte heraufbeschwört, die noch während des Abspielvorgangs die totale Kontrolle zunächst nur über das Stereosystem übernimmt, schon bald aber die absolute pangalaktische Weltherrschaft anstrebt; und freilich auch das faszinierend unentschlossen zwischen spanischer Siestastimmung, SANTANAesker Psychedelik, opereskem Divengesang und von Funkstörungen durchsetztem Radio Revolución-Gewisper herumflimmernde 'Reflective Mind'.
So richtig abgedreht indes wird es erst im finalen Schrägie-Opus magnum 'Dig It', einem wilden Gemenge aus psychedelisch DAVIS'schen "Bitches Brew"-Zutaten, assonantem Knöpfchengedrehe, quiekenden Feedbacks und einer verstrahlten, nachgerade FLOYD'schen Stimmungs- und Stimmen-Orgie inklusive Saxophoneinsatz.
Es ist fast schon unglaublich, dass ein Duo allein derart vielschichtige, komplexe und tiefe Musik zu kreieren imstande ist - und das auch noch ganz ohne Overdubs. Bravo!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Eike Schmitz