VEKTOR - Terminal Redux
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2016
Mehr über Vektor
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Earache
- Release:
- 06.05.2016
- Charging The Void
- Cygnus Terminal
- LCD (Liquid Crystal Disease)
- Mountains Above The Sun
- Ultimate Artificer
- Pteropticon
- Psychotropia
- Pillars Of Sand
- Collapse
- Recharging The Void
Besser geht nicht!
Es gibt sie noch, diese Alben, die eine Vorfreude auslösen, die man kaum in Worte kleiden kann. Dieses ungemein angenehme Gefühl, welches ich in den 80ern und 90ern alle Nase lang hatte, weil irgendeine superheiße neue Scheibe anstand und welches sich bei mir heute leider nicht mehr allzu häufig einstellt. Es liegt an Übersättigung, aber auch an der hohen Anzahl der Enttäuschungen. Umso erfreulicher ist es, wenn man neue Musik eines Favoriten anschmeißt und komplett aus den Latschen gekegelt wird. Natürlich entfällt heute das in romantisch-verklärter Erinnerung gehaltene Entjungfern eines Vinyls oder einer CD und man wirft stattdessen einfach eine vom Label zur Verfügung gestellte Musikdatei an, aber wenn es dann trotzdem so richtig kribbelt im Gemüt, hat die Band irgendwas richtig gemacht.
Die vier Burschen aus Pennsylvania haben in diesem Fall aber die Appetit-Latte sehr hoch gelegt und für maximale Reizerwartung gesorgt. Es gab ein paar Songs vorab im Netz zu hören und auf der Tour im Dezember gab es den einen oder anderen neuen Song zu hören. Die haben mich schon beim ersten Anhören während des Gigs komplett begeistern können. Ein sehr gutes Zeichen, denn die Musik von VEKTOR ist ja bekanntlich nicht gerade easy listening.
Aber nun mal Butteraufdiemakrelen und konkret ein paar Worte zum Album:
Erstmal die nackten Fakten: Wir bekommen zehn Songs serviert, von denen das instrumentale 'Mountains Above The Sun' mit einer Spielzeit von 82 Sekunden das kürzeste Stück und das abschließende 'Recharging The Void' mit 816 Sekunden der längste Titel ist. Der Sound ist ausgesprochen transparent mit Fokus auf den aus allen Ecken auf den Hörer zu rasenden Gitarrenangriffen. Wenn Bienen Gitarre spielen würden und der rockende Bär auf der Suche nach neuer Musik seine Pranke gierig in den Gitarrenhonig stecken würde, in der Hoffnung dort neuen Notensirup abgreifen zu können, dürfte sein Gefühl dem des Hörers unter dem Kopfhörer beim Genuss dieses Albums sehr ähnlich sein.
Wer völlig unvorbereitet an dieses Album herangeht oder wer sich im Vorfeld schlau hören möchte, dem lege ich als flinke Ohrenschmeichler die beiden Fünf-Minuten-Longtracks 'Pillar Of Sand', sowie das zuvor digital ausgekoppelte 'Ultimate Artificer' ans Ohr. In diesen Songs bekommt man schon ein Gefühl für die VEKTORsche Klangwelt. Der heisere Gesang von Gitarrist David DiSanto könnte ein Stolperstein sein, den man kurz überwinden muss und auch die oben genannten, überfallartigen Gitarrenangriffe muss man erstmal verdauen. Dazu ist 'Pillar Of Sand' mit seinen pfeilschnellen Melodien ganz ausgezeichnet geeignet. Hat man sich an dieses Klangbild gewöhnt, kann man sich frohen Mutes an die restlichen, weitaus vetrackteren Nummern heran machen und wird seine helle Freude daran haben.
Wer sich sofort den kompletten "Terminal Redux" vornimmt, bekommt mit dem über neun Minuten langen 'Charging The Void' gleich zu Beginn eine rhythmisch hektisch-verzickzackte Achterbahnfahrt serviert, die jeden Freund der Band unwillkürlich in Ekstase versetzen wird. Die Ideenvielfalt in dieser einen Nummer würde bei anderen Bands gesamte Alben füllen. Neben diversen 180°-Wendungen sind es hier für mich in erster Linie die total grandiosen Chöre am Ende der Nummer. Das muss man gehört haben!
Wer auf einen etwas gradlinigeren Slalom-Parcours steht, darf sich auf das irrwitzige 'LCD (Liquid Crystal Disease)' freuen. Ohren angelegt, Sturzhelm aufgesetzt und ab geht die Fahrt. Das komplette Gegenteil ist das behutsame 'Collapse', in welchem David beweist, dass er auch die leisen Töne ausgezeichnet beherrscht. Die erzeugte Atmosphäre zu Beginn der Nummer kann man nur mit einem Wort beschreiben: Entenparka. Diesen zieht man im ultramelodischen Zwischenpart dann auch noch nicht aus und wenn die Band im letzten Drittel des Titels dann doch noch zaghaft die Thrashkeule schwingt ist erneut Ekstase-Phase.
Den schwersten Knaller hat die Band sich aber bis zum Finale aufgehoben. Das 13 Minuten lange 'Recharging The Void'. Hier zaubert das Quartett eine musikalische Wunderei aufs digitale Parkett, dass einem die Kinnlade runter klappt. Alle Vorzüge ihrer Musik in einem Song vereint. Akustische Passagen mit formidablem Klargesang wechseln mit extrem harschen Thrashpassagen ab. Dazwischen gibt es immer wieder wahnwitzige Melodieeinschübe, die man so nicht erwarten durfte. Auch die Chöre kommen hier noch einmal zum Einsatz und sorgen erneut für weit aufgerissene Augen und Ohren. So geht Musik!
Gäbe es einen Makel, dann wäre es für mich das zu weit im Hintergrund agierende Schlagzeug. Ein Umstand, den aufgrund einer digitalen Vorabkopie aber nicht zu sehr kritisieren möchte. Da ich die Band live gesehen habe, weiß ich, was der gute Mann hier zelebriert und würde dies manchmal gern etwas deutlicher hören. So liegt das klangliche Augenmerk aber erneut auf der sensationellen Gitarrenarbeit, die wirklich einzigartig ist. Habe ich jetzt gar nichts über die exzellenten Basslinien geschrieben? Excusez-moi. Das ist im Eifer des Wahnsinns wohl etwas untergegangen. Frank Chin löst sich immer wieder von seinen beiden Kollegen und brummel-bratzt andauernd mit einem schönen Leadbass Akzente in die Titel. Wundervoll.
Ich weiß nicht, welche Scheibe aus diesem Segment "Terminal Redux" toppen soll. Es bleibt mir nichts anderes übrig als erneut die Höchstnote zu ziehen und zu hoffen, dass diese Ausnahmeband endlich einen höheren Bekanntheitsgrad erreichen wird.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Holger Andrae