VENOM - From The Very Depths
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2015
Mehr über Venom
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Spinefarm (Universal Music)
- Release:
- 23.01.2015
- Eruptus
- From The Very Depths
- The Death Of Rock N Roll
- Smoke
- Temptation
- Long Haired Punks
- Stigmata Satanas
- Crucified
- Evil Law
- Grinding Teeth
- Ouverture
- Mephistopheles
- Wings Of Valkyrie
- Rise
Wer seit Cronos' Rückkehr beharrlich an Bord ist, sollte sehr zufrieden sein.
Cronos und seine Mannen sind pünktlich zu Anfang des neuen Jahres wieder am Start und treten einmal mehr den Beweis für die Tatsache an, dass es für eine Band, die mit ihrem Frühwerk zwar ganze Genres prägte, die dabei aber vornehmlich mit Schockeffekten und unerhörtem Benehmen Eindruck hinterließ, nicht allzu leicht ist, mit ihrem neueren Schaffen nach 35 Jahren überhaupt noch beachtet oder gar ernst genommen zu werden. So mussten die verbliebenen Legionäre dieses Mal gute drei Jahre auf den Nachfolger des gelungenen 2011er-Werkes "Fallen Angels" warten, drei Jahre mit marginalen Liveaktivitäten und ohne nennenswerte Publicity für VENOM, doch nun ist das vierzehnte Studioalbum der Newcastle-Legende endlich in trockenen Tüchern, hört auf den hübschen, aus dem eigenen Live-Intro entlehnten Titel "From The Very Depths", und es hat ein arg grelles, buntes und am Computer generiertes Artwork mit vielen Teufeln, Skeletten und Dämonen abbekommen, das den einen oder anderen erst einmal abschrecken dürfte.
Doch das Artwork wollen wir nicht überbewerten, denn, wie es seit der Reunion Sitte ist, setzen Cronos und Co. wieder auf ein satt mit Musik vollgepacktes Scheibchen, und so sind es auch auf "From The Very Depths" wieder stattliche vierzehn neue Stücke (inkl. zweier Intros), die wir zu hören bekommen. Dass es sich hierbei nicht ausschließlich um neue Welthits des reanimierten Proto-Black-Metals handeln wird, das dürftet ihr euch bereits denken, und dass es anno 2015 noch allzu viele Leute geben soll, die mit solch einem großen Wurf überhaupt rechnen würden, halte ich für ein Gerücht. 33 Jahre nach dem Klassiker "Black Metal" kann man von VENOM nicht viel mehr erwarten, als man schon 1985 von "Possessed" erwarten durfte: Räudigen, schnörkellosen, bassbollernden, schwarzen Rock'n'Roll mit einer satten Schippe Groove und einer guten Handvoll feiner Hymnen, die sich zwar live gut machen würden, aber erfahrungsgemäß in der Realität auch auf der Bühne einen schweren Stand gegen die Klassiker der Jahre 1980-1985 haben werden.
Und Cronos natürlich, seines Zeichens Reibeisenstimme und Chefcharismatiker, der alleine schon viel von dem ausmacht, was dafür sorgt, dass VENOM eben trotz der Reduzierung auf ein verbliebenes Gründungsmitglied noch ein echtes Original mit Trademark-Sound ist. Wo wir gerade beim Sound sind, ist unbedingt zu erwähnen, dass "From The Very Depths" den positiven Trend fortsetzt, der auf "Fallen Angels" seinen Anfang nahm. Der Sound klingt wuchtig, aber er klingt lebendig und organisch. Sowohl die Saiten als auch vor allem das Schlagzeug klingen echt und nicht nach Plastik, Politur, Presslufthammer und Drumcomputer; vor allem wird nicht alles zugeballert und auch Industrial-Anklänge sind nicht mehr zu vernehmen. Dennoch sind wir natürlich weit von einem Retro-Album entfernt und haben es klar mit einem relativ typischen VENOM-Album des dritten Jahrtausends zu tun, mit seiner ausgeprägt rhythmischen Grundstruktur und dem groovenden Bass. Nur macht die Band eben auf "From The Very Depths" fast alles richtig und vor allem auch einiges besser als insbesondere bei "Hell", aber auch knapp besser als beim direkten Vorgänger.
Neben dem tollen Sound sind da vor allem Lieder wie das flotte - und für VENOM-Verhältnisse auch sehr melodisch beklampfte - Titelstück zum Einstieg, das direkt mit dem Gitarrensolo einsteigt und auch weitere auffällige Leads zu bieten hat. Oder aber das bissig und groovend losrockende 'The Death Of Rock'n'Roll', das etwas triumphaler arrangierte 'Mephistopheles', oder die wuchtige und zerstörerische Bassattacke, die gleich im Intro zu 'Wings Of Valkyrie' die Regenbogenbrücke zum Erzittern bringt und Yggdrasills Stumpf schleift. Immer wieder weiß auch Gitarrist John Stuart Dixon alias Rage mit einigen lässigen Leads und Licks zu überzeugen, was für eine hübsche Auflockerung sorgt, die aber auch nötig ist, denn mit allzu viel ungefilterter brachialer Härte wie beim stampfenden Shoutalong 'Rise', würden dann auf die gesamte Spielzeit von 50 Minuten früher oder später doch Ermüdungserscheinungen einsetzen. Doch hier beugt die Band mit ein wenig Abwechslung vor, wie etwa bei 'Smoke', das wie ein 'Manitou'-Spin-off aus der "Cast In Stone"-Ära klingt und programmatisch passend sogar ein paar Stoner-Rock-Riffs einflicht. Natürlich gibt es auch eher unspektakuläre Stückchen wie das groovige 'Temptation', das gute, dabei aber etwas eindimensionale 'Stigmata Satanas', oder das sehr zähe, fast doomige 'Evil Law', die alles andere als schlecht sind, aber eben nicht komplett zünden. Dafür kommt dann aber das launige, flotte 'Long Haired Punks' mit fetzigen Punk-Riffs und Bass-Geslappe um die Ecke, während das beschwörende 'Crucified' auf "Resurrection" eine gute Figur abgegeben hätte und 'Grinding Teeth' mit seinen lässigen Rock'n'Roll-Hooks und seinem Chorus punktet.
Unterm Strich bleibt eine sehr starke VENOM-Scheibe der Neuzeit, die in Sachen Songwriting und Produktion sogar etwas mehr hergibt, als ich der Band aktuell zugetraut hätte, damit die beiden Vorgänger hinter sich lässt und so ziemlich jeden Fan zufrieden stellen dürfte, der nach Cronos' Rückkehr beharrlich an Bord geblieben ist. Wer indes auf den wiederentdeckten NWoBHM-Spirit hofft, der sollte sich dagegen erst einmal vorsichtig heran tasten, denn bei aller Stiltreue ist "From The Very Depths" sicherlich keine Wurzelkur; und neue Fans wird die Band damit sicher auch nur wenige gewinnen.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle